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Geheimakte: Das Vermächtnis von Nummer Sechs - das Erbe von Lorien

Geheimakte: Das Vermächtnis von Nummer Sechs - das Erbe von Lorien

Titel: Geheimakte: Das Vermächtnis von Nummer Sechs - das Erbe von Lorien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Polizeiaktivitäten in unserer Gegend recherchierte. Bevor ich auch nur ein Wort sagte, wusste er Bescheid; er zog dennoch kurz meine nasse Hose hoch, um die Narben zu sehen.
    ***
    Neun von uns sind entkommen.
    Drei sind schon tot.
    Sechs von uns sind noch übrig.
    Sie verfolgen uns, bis sie alle getötet haben.
    Ich bin Nummer Vier.
    Ich weiß, dass ich der Nächste bin.

|87| 2
    Ich stehe mitten in der Auffahrt und starre zu dem Haus hinauf. Es ist in einem hellen Zuckerguss-Pink angemalt und steht auf Holzpfählen ungefähr dreißig Zentimeter über dem Boden. Davor wiegt sich eine Palme im Wind. Hinter dem Haus erstreckt sich ein Pier achtzehn Meter weit in den Golf von Mexiko. Wenn das Haus eine Meile weiter südlich stünde, wäre der Pier mitten im Atlantik.
    Henri kommt aus dem Haus. Er trägt die letzte der Kisten, von denen einige nach unserem letzten Umzug gar nicht ausgepackt worden waren. Er schließt die Tür ab und wirft die Schlüssel in den Briefkasten daneben. Es ist zwei Uhr früh. Henri trägt Khakishorts und ein schwarzes Polohemd. Er ist braun gebrannt, sein unrasiertes Gesicht sieht niedergeschlagen aus. Auch ihm fällt der Abschied schwer. Er stellt die letzten Kisten hinten in den Truck zu unseren anderen Sachen.
    »Das wär’s«, sagt er.
    Ich nicke. Wir stehen da, schauen zum Haus hinauf und lauschen dem Wind in den Palmwedeln. Ich habe eine Tüte Sellerie in der Hand. »Dieses Haus wird mir fehlen, die Umgebung auch«, sage ich. »Noch mehr als die Orte davor.«
    »Mir auch.«
    »Zeit fürs Feuer?«
    »Ja. Willst du oder soll ich?«
    »Ich mache es.«
    Henri wirft seine Brieftasche auf den Boden. Ich tue es ihm nach. Er geht zum Wagen, kommt zurück mit Pässen, Geburtsurkunden, Versicherungskarten, Scheckbüchern, Kredit- und |88| Bankkarten und schmeißt alles auf den Boden. Alle Dokumente, alles, was mit unserer Identität hier zusammenhängt, ist gefälscht und nachgemacht. Ich hole aus dem Wagen einen kleinen Benzinkanister, den wir für Notfälle mitführen, und schütte das Benzin über den kleinen Haufen. Mein gegenwärtiger Name ist Daniel Jones, ich bin in Kalifornien aufgewachsen, der Job meines Vaters als Computerprogrammierer hat uns hierhergebracht. Daniel Jones verschwindet genau in diesem Augenblick. Ich zünde ein Streichholz an, lasse es fallen, das Häuflein brennt. Wieder wird eins meiner Leben ausgelöscht. Wie immer bleiben Henri und ich stehen und blicken ins Feuer. Tschüss, Daniel, war nett, dich zu kennen.
    Als das Feuer erlischt, blickt Henri mich an. »Wir müssen gehen.«
    »Ich weiß.«
    »Diese Inseln waren nie sicher. Es ist zu schwierig, schnell wegzukommen, zu fliehen. Es war dumm von uns, hierherzukommen.«
    Ich nicke. Er hat recht, ich weiß es. Aber es fällt mir immer noch schwer, zu gehen. Wir waren hergekommen, weil ich es mir gewünscht hatte; zum ersten Mal hatte Henri mich entscheiden lassen, wohin wir zogen. Neun Monate haben wir hier gelebt – die längste Zeit an einem Ort, seit wir Lorien verlassen haben. Die Sonne, die Wärme wird mir fehlen. Der Gecko, der mich jeden Morgen von der Wand aus beim Frühstück beobachtete. Obwohl es buchstäblich Millionen Geckos in Südflorida gibt, schwöre ich, dass dieser mir zur Schule folgte und überall zu sein schien, wo ich war. Ich werde die Gewitter vermissen, die aus dem Nichts kommen, die Stille in den frühen Morgenstunden, bevor die Seeschwalben fliegen. Die Delphine, die manchmal zum Fressen in Strandnähe kommen, wenn die Sonne untergeht. Sogar der Schwefelgeruch von den modernden Seealgen unten am Ufer, wie er ins Haus kriecht und nachts in unsere Träume dringt.
    »Werde deinen Sellerie los, ich warte im Truck«, sagt Henri. |89| »Es wird Zeit.«
    In einem Baumdickicht rechts vom Truck warten schon drei Key-West-Rehe. Ich leere die Sellerietüte vor ihren Hufen aus, krieche vorsichtig an sie heran und streichle eins nach dem anderen. Das erlauben sie mir, sie sind längst nicht mehr so ängstlich. Eins hebt den Kopf und sieht mich mit seinen dunklen, glänzenden Augen an. Es ist fast, als würde sein Blick mich durchdringen, ein Schauder läuft mir über den Rücken. Dann senkt es den Kopf und frisst weiter.
    »Macht’s gut, ihr kleinen Freunde«, verabschiede ich mich, dann gehe ich zum Wagen und klettere auf den Beifahrersitz.
    Wir beobachten in den Seitenspiegeln, wie das Haus kleiner wird, bis Henri auf die Hauptstraße biegt und es ganz aus unserem Blickfeld verschwindet. Es ist

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