Geheimauftrag: Liebe
hatte er nicht so für sie empfunden, wie sie gedacht hatte – nicht wie sie für ihn. Sie waren enge Freunde, unbestreitbar, Liebende auf körperlicher Ebene, zweifellos, aber mehr eben nicht.
Dieses Mal akzeptierte sie, dass es darüber nicht hinausging, war die Affäre mit offenen Augen eingegangen. Sie wollte die Lust genießen, bis ihre Leidenschaft erlosch und sie einander müde wurden. Und am Ende würden sie weiterhin gute Freunde sein, daran hegte sie keinerlei Zweifel – was auch immer geschehen mochte.
Ihr Blick glitt zu seinem Gesicht, soweit es zu sehen war. Sein dunkles Haar hing ihm in schweren Locken in die Stirn; sein Bart bildete einen Schatten auf seinen Wangen.
Wieder kam ihr dieser seltsame, eindringlich sehnsüchtige Ausdruck in den Sinn …
Er hatte hinsichtlich der Verratsgeschichte von einem Puzzle gesprochen, bei dem ein Teil nicht passte. Ähnlich verglich sie ihre merkwürdige Beziehung mit einem falschen Muster oder einer falschen Farbe, die man in einen Teppich webte. Irgendetwas war da, das nicht zu dem Bild passte, das sie sich von ihnen beiden gemacht hatte.
War das der Grund, weswegen sie diesen Ausdruck auf seinem Gesicht nicht vergessen konnte?
Charles wachte mit einem Ruck auf, als er das Klicken des Türschlosses hörte. Er setzte sich auf, schaute durch das Zimmer zur Tür, merkte, dass auch sie wach war.
Die Klinke senkte sich, und die Tür schwang geräuschlos auf – sperrangelweit.
Das Mondlicht, das durchs Fenster fiel, war hell, der unbeleuchtete Korridor im Gegensatz dazu pechschwarz. Alles, was er erkennen konnte, waren die vagen Umrisse eines Mannes.
Er fluchte und sprang aus dem Bett.
Der Mann lief fort.
Er griff sich seine Hosen und zerrte sie sich über, schlüpfte rasch in seine Stiefel. Penny hatte sich aufgesetzt, die Decke vor die Brust gezogen, und starrte auf die offene Tür. Das Geräusch sich entfernender Schritte drang zu ihnen.
»Bleib hier!« Bei diesen Worten war er bereits an der Tür, blieb lange genug dort stehen, um den Schlüssel abzuziehen und ihn von außen wieder ins Schloss zu stecken, die Tür abzusperren. Dann rannte er, den Schlüssel in der Hand, der schemenhaften Gestalt nach.
Der Mann lief die Stufen hinunter, nahm mehrere Stufen auf einmal und sprang über das Geländer auf den Absatz darunter. Charles erreichte das obere Ende der Treppe und folgte ihm. Der Mann hielt auf die Eingangstür zu, wo die Riegel seine Flucht verlangsamen würden.
Aber die Haustür stand weit offen.
Charles wurde unwillkürlich langsamer, als er auf den breiten, hellen Fleck zulief. Er erkannte die Gefahr und hielt sich seitlich des Lichtscheins. Er hörte das Knirschen von Stiefeln auf Kies, dann nichts mehr.
Er trat aus der Tür auf den Treppenabsatz und schaute in die
Richtung, aus der er zuletzt ein Geräusch gehört hatte, doch die Büsche bildeten eine undurchdringliche Wand aus Schatten. Der Mann konnte dort stehen oder noch ein Stück weiter geflohen sein – unmöglich, das zu sagen.
Die Hände auf den Hüften stand Charles da, wartete, dass sein Atem sich beruhigte und fluchte leise. Er war viel zu klug, den Eindringling zu verfolgen. Der Mann war in Pennys Zimmer gekommen, und es bestand durchaus die Gefahr, dass er es erneut versuchen würde. Er durfte sie keinesfalls unbewacht lassen, im Leben nicht.
Aber warum, zur Hölle, war die Haustür unverschlossen gewesen? Selbst der beste Einbrecher konnte nicht so einfach an den schweren Doppelriegeln vorbeikommen.
Er wollte sich gerade umdrehen, um die Sache näher zu untersuchen, als ein näher kommender Schatten ihn erstarren ließ. Die Hände in den Taschen schlenderte Nicholas einen der Wege durch den Garten entlang, die hinter den Büschen verliefen.
Charles blieb stehen, gut sichtbar vor der geöffneten Eingangstür.
Nicholas entdeckte ihn schon aus einiger Entfernung. »Was tun Sie hier?«, fragte er.
Charles wartete, damit Nicholas das ganze Ausmaß begreifen konnte, und antwortete dann: »Jemand – ein Mann – ist in Pennys Schlafzimmer eingedrungen.«
Nicholas blieb der Mund offen stehen. »Was?«
Sein Erstaunen sah zwar überzeugend aus, doch wusste Charles nicht so recht, was er davon halten sollte. Er deutete hinter sich. »Die Haustür war nicht verriegelt.«
Nicholas schaute auf die Tür, deren Flügel weit offen standen. »Ich … ich habe sie geschlossen, als ich nach draußen gegangen bin.«
»Geschlossen, aber nicht verriegelt?«
»Nun, nein … Ich
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