Geheimauftrag: Liebe
das Messer zu benutzen. Bislang hatte Fothergill noch nicht nach seinem eigenen gegriffen, aber seine Finger zuckten schon.
Hinter ihm glitt Dalziel lautlos aus den Schatten.
Charles hielt sein Messer gezückt, wartete, bis Fothergill ihn anschaute. »Wie lautet Ihr wirklicher Name?«
Fothergill runzelte die Stirn, dann antwortete er: »Jules Fothergill.« Er zögerte einen Moment, fragte schließlich: »Warum wollen Sie das wissen?«
Charles spürte, wie seine Miene zu Eis gefror. »Damit wir wissen, was wir auf den Grabstein schreiben sollen.«
Es geschah ganz überraschend, sauber und beinahe geräuschlos. Fothergill hörte nichts, ahnte nichts – spürte es kaum, wie der Dolch an seinen Rippen vorbei blitzschnell sein Herz fand. Dalziel ging lautlos und effizient vor. Einen kurzen Moment zuckte Begreifen in Fothergills Augen auf, doch dann erlosch schon sein Lebenslicht. Mit glasigem Blick sackte sein Körper zu Dalziels Füßen zusammen.
Mit energisch vorgeschobenem Kinn kam Charles um den
Teich herum und stellte sich zu Dalziel. Gemeinsam betrachteten sie den Leichnam. »Ein schneller, sauberer Tod – eigentlich mehr, als er verdient hat«, meinte Charles, der an den gefolterten Körper des jungen Gimby denken musste.
Nach einem Augenblick murmelte Dalziel: »Man sollte es mehr von unserer Warte aus bewerten, denn es besteht keine Notwendigkeit für uns, uns auf sein Niveau herabzulassen.«
Charles nickte. »Das stimmt natürlich.«
Dalziel trat zurück, nahm seinen Dolch wieder an sich, reinigte ihn mit einem Tuch. »Ich kümmere mich darum.« Mit dem Kinn zeigte er auf Fothergills leblosen Körper. »Es wäre besser, wenn Lady Penelope und Amberly der Anblick erspart werden könnte und sie nicht herkämen.«
Charles brummte etwas Unverständliches, hielt noch eine Weile den Blick auf die zusammengesunkene Gestalt gerichtet, dann sah er Dalziel an. »Er ist nicht derjenige, den Sie gesucht haben, nicht wahr?«
Dalziel hob den Kopf, schaute ihn an. Seine dunklen Augen blieben kalt, rasiermesserscharf und durchdringend. Nach einem Augenblick schüttelte er den Kopf. »Nein, aber er war sehr gefährlich, und ich bin froh, dass wir die Gelegenheit hatten, ihn auszuschalten. Wer weiß schon, was die Zukunft bringen wird.«
Charles murmelte eine vage Zustimmung, wandte sich um und verließ das Labyrinth in Richtung Haus.
Penny sah ihn von der Terrasse aus. Ihr Blick glitt hastig über ihn, sie raffte ihre Röcke und lief die Stufen hinunter und über den Rasen auf ihn zu.
Sie warf sich ihm an den Hals; er fing sie auf, schwankte ein wenig, so ungestüm fiel ihre Umarmung aus. »Dem Himmel sei Dank, dass du unversehrt bist.«
Einen Augenblick stand er unbeweglich, in Gedanken noch bei dem Geschehen im Labyrinth, dann schloss er seine Arme
fester um sie, presste sie an sich. Er legte seine Wange auf ihr Haar, schloss die Augen und atmete tief ein, ließ sich von ihrem zarten Duft einhüllen. Kostete es aus, sie in den Armen zu halten. Bei all seinen anderen Aufträgen hatte nie jemand anschließend auf ihn gewartet oder ihn sehen wollen, um ihn in der normalen Welt willkommen zu heißen – niemand, der ihm versicherte, dass er hierhergehörte.
Sie standen eng umschlungen, doch dann löste sie sich von ihm, nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und küsste ihn, bis sie sich ineinander zu verlieren drohten – um ihn schließlich einfach nur anzuschauen, seine Züge mit den Augen zu verschlingen.
Penny seufzte beruhigt und unendlich erleichtert. Sie machte einen Schritt zurück, blickte zum Labyrinth. »Er ist tot, nicht wahr?«
Charles nickte. Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich zum Haus. »Der Spuk ist vorbei.«
Sie blickte ihn an. »Also wird kein anderer mehr sterben müssen.«
Er fing ihren Blick auf, nickte, und gemeinsam gingen sie, um auch die anderen in Kenntnis zu setzen.
Amberly und die Dienerschaft waren sichtlich erleichtert, und zum ersten Mal setzte man sich in entspannter Stimmung später zum Essen.
Nach dem Dinner bereitete Amberly ihnen eine besondere Überraschung, indem er sie einlud, seine geheime Sammlung anzuschauen, die für so viel Wirbel und Unglück gesorgt hatte.
Das Priesterversteck ähnelte in jeder Hinsicht dem auf Wallingham Hall, war nur etwas größer. Und voller Schnupftabakdosen, wie sie sie noch nie zu Gesicht bekommen hatten. Während sie die kunstvollen Arbeiten bewunderten, die vielen verschiedenen Stilrichtungen, die sie repräsentierten,
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