Geheimcode F
Kastanie und schaufelte alles wieder zu.
»Jetzt such!«
Das Schwein begann im Boden zu graben, fand die Kastanie und fraß sie auf. Das war auch nicht der Sinn der Übung. Obwohl es entschieden gegen Gerards Prinzipien war, sich zu ärgern, bemerkte er doch eine gelinde Verstimmung. Überdies störte ein großer, blonder Hund die idyllische Zweisamkeit dieser frühen Stunde. »He, wer bist denn du?« Der Hund strich um Gerards dünne Beine und schnüffelte an seiner unmöglichen schwarzen Hose. »Hund! Spazier sofort von dannen, siehst du nicht, daß du meine Marie-Antoinette bei der Arbeit störst? Lauf schon, lauf!«
Schwein und Hund begrüßten einander. Der Hund war Tarzan, der sich gleich wieder freiwillig trollte, weil Schweine nun mal nicht nach Hund riechen, und was sollte ein normal veranlagter Hund schon mit einem Schwein anfangen?
»Hat er dich erschreckt, meine Liebe?« Gerard sorgte sich ständig um das Wohl seiner Begleiterin. »Beruhige dich, es ist alles in Ordnung«, meinte er unnötigerweise, denn keiner vor Ort war gelassener als Marie-Antoinette. »Hoppla!« Gerard blickte zu Boden. Da lag doch glatt ein passabel aussehender Mantel auf dem Weg. Fast wäre er darübergestolpert . Oder noch schlimmer: Er wäre nicht darübergestolpert und hätte ihn übersehen! Seltsame Art, einen Mantel zu verlieren, dachte er. Er hob ihn auf und prüfte ihn eingehend. Der war noch gut zu gebrauchen, einwandfrei. »Da schau, die Menschen sind wirklich vergeßlich geworden. Irgendwann werden sie sich selbst vergessen. Glaub mir, auch der Tag ist nicht mehr fern...« Er warf sich den Mantel über die Schultern und stapfte kopfschüttelnd davon. Marie-Antoinette zuckelte an ihrer Leine langsam hintendrein.
Der Ausblick vom Balkon des Landhauses war fantastisch: Langsam löste sich der Morgentau in dunstige Schleier auf, die aus den umliegenden Feldern hochstiegen und sich schnell verflüchtigten. Opa Ruhland genoß diesen Anblick schon seit einiger Zeit, als Tobias sich an seine Seite gesellte.
» Morgenstund ’ hat Gold im Mund«, grüßte Tobias mit matter Stimme. »Was machst du da?« Er deutete dabei auf Opas Fernglas. »O mein Gott!« rief der und schoß wie vom Blitz getroffen ins Badezimmer. Was war denn mit dem los, Opa war doch sonst einer von der gefaßten Sorte! Da kam er auch schon breit grinsend zurück. »Apropos Morgenstund ’... Meine Dritten sind heute einfach nicht von selbst mitgegangen...« Und so ganz zahnlos fehlte einem eben der richtige Biß, das verstand auch Tobias und mußte grinsen.
»Und was willst du mit dem Glasauge?« Er hielt den Fernstecher hoch. »Ich sehe nichts Besonderes!«
»Ich auch nicht. Das heißt, ich konzentriere mich auf unseren Feldweg! Aber ich kann die Stelle nicht mehr finden, wo wir den Mantel hingelegt haben.« Dabei suchte er die Umgebung wieder und wieder mit dem Gerät ab. »Nichts. Aber ich weiß doch genau, wo ich ihn hingetan habe, ich bin doch nicht verrückt! Er ist nicht mehr da!«
»Wer soll so ein altes Ding klauen?« wunderte sich Tobias, der nun auch einen Blick durchs Fernglas riskierte. »Na, der Hund hat jedenfalls jetzt kein Stückchen Heimat mehr. Aber das sehe ich mir jetzt mal aus der Nähe an.« Mit diesen Worten hüpfte er schon im Gehen in seine Hosen, gleich über den Pyjama drüber, und stolperte vor dem ebenfalls halbbekleideten Tobias die Treppe zum Hof hinunter. Dort empfing sie der gefiederte Höllenhund von Madame, als ob er die ganze Nacht nur auf diese Gelegenheit gewartet hätte. »Und«, schrie Tobias, der das Untier noch vom Vortag in schlechtester Erinnerung hatte, »willst du den vielleicht auch mitnehmen?«
»Ich bin doch kein Selbstmörder«, konterte Opa. »Aber das weiß der noch nicht!« Er warf einen Stein in eine Ecke des Hofes. Mißtrauisch watschelte der Ganter zur Quelle dieses Geräuschs, während Opa und Tobias diesen Augenblick der Unaufmerksamkeit ausnützten und durch die Tür schlüpften. Blitzschnell schloß Opa den Riegel hinter sich. »Und du bleibst drinnen!« Der Ganter schnatterte wütend, konnte aber an seiner Lage nichts ändern.
»Weißt du, Opa, manchmal bist du nicht leicht zu durchschauen«, wunderte sich Tobias. »Da, hier war’s.« Die beiden hatten die Stelle erreicht, wo sie am Vortag den alten Mantel hingelegt hatten. »Siehst du die plattgedrückte Stelle? So eine Sauerei. Da muß ich etwas anderes auslegen, das nicht so leicht gestohlen werden kann...« Opa ärgerte sich
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