Geheimcode F
Dann ging die alte Holztür auf.
»Mon Dieu ! Meine liebe kleine Françoise!« Überschwenglich umarmte und küßte Anastasia ihre »kleine« Patentochter, die sie ebenso herzlich begrüßte. »Komm doch rein, sei willkommen!« Françoise’ Blick glitt wie bei jedem Besuch wieder über die fremdartigen, beinahe unheimlichen Gegenstände, die sich in Anastasias Hütte an den Wänden und in den Regalen stapelten. Überall brannten Kerzen und kleine Öllichter, die aromatische Gerüche verbreiteten.
»Wir haben ein Problem mit unseren... Gästen«, erklärte Françoise. Anastasia sah sie forschend an. »Problem?«
»Nun, Alain traut ihnen nicht. Und ich bin mir auch nicht sicher...«
»Ich bin zwar kein mißtrauischer Typ, aber Zeit und Umstände ihres Besuches sind doch etwas verdächtig.« Die Alte überlegte kurz. »Sie sind nun mal genau im gleichen Moment aufgetaucht, als Alain und Jacques die Tiere gebracht haben. Wer verläuft sich schon >zufällig< in unsere Gegend?« Françoise hielt große Stücke auf Anastasias Lebenserfahrung und ihr feines Gefühl. Sie war es auch, die darauf bestanden hatte, sie in die Tierdiebstahlsache einzuweihen, in der sie jetzt bis zum Hals drinsteckten.
»Mars im Widder und Pluto in Quadratur. Nein, nein, ich kenne meine Sterne. Wer kann in Frankreich so einfach mitten auf der Strecke aus dem Zug aussteigen? Gibt es diesen Hund überhaupt? Hat ihn jemand gesehen? Sie haben eine Videokamera... Wer weiß, was sie damit filmen...«
»Zufall?«
»Nein, nein, mein Kind. Es gibt keine Zufälle, alles ist vorherbestimmt. Durch die Sterne da oben!« Anastasia blickte besonders dämonisch drein. »Sie sagten mir einmal, die brauchen Sie vor allem fürs Geschäft, die Sterne«, konterte Françoise. Über Anastasias Gesicht zog sich ein breites Grinsen. »Gut aufgepaßt , Mädchen, sehr gut aufgepaßt . Dir kann keiner was vormachen.«
»Hier war’s.« Gerard hatte die Stelle, an der er Tarzan das letzte Mal gesehen hatte, wiederentdeckt. Sie war nur wenige Meter von Opas Mantelniederlegung entfernt. Gut, jetzt soll das Schwein seine Chance bekommen, dachte Tobias und hielt ihm Tarzans Lieblingsknochen unter die feuchte Nase. Marie-Antoinette war wenig begeistert. Kastanien waren ihr eindeutig lieber.
»Riech mal! Und dann such unseren Hund!«
»Das reicht«, unterbrach Gerard, der sich schon wieder um Marie-Antoinettes Seelenleben sorgte. »Das reicht für ihre feine Nase. Jetzt wird sie schnüffeln, bis sie ihn gefunden hat.«
Opa konnte man die Zweifel an diesem Unternehmen deutlich ansehen. Aber er sagte nichts. Vielleicht, um die anderen nicht zu verunsichern. Motivation war schließlich alles! Dabei riß er sich selbst so stark am Riemen, daß sein Hosenknopf absprang. Und zwar der, der die ganze Chose, wie er zu sagen pflegte, zusammenhielt.
Die komische Gesellschaft setzte sich langsam in Bewegung. Das Schwein gab das Tempo vor. Die ungewohnte Anstrengung und die größer werdende Hitze setzten vor allem Opa ganz schön zu. Eine Weile marschierte er wortlos hinter den anderen her, dann blieb er plötzlich stehen. »So, jetzt reicht’s mir«, meinte er und sah störrisch drein wie ein Muli. Keinen Meter würde er sich von hier wegbewegen, jeder Schweißtropfen war in diesem Unternehmen vergeudet! »Ich bin absolut sicher, daß uns dieses famose Schwein seit einer halben Stunde im Kreis herumführt. Seht ihr diesen Knopf?« Er bückte sich und hielt das Fundstück triumphierend in die Höhe. »Der gehört zu dieser Hose. Und ich halte seit genau einer halben Stunde meine Beinkleider fest, weil ich sie sonst verliere.« Gerard blinzelte in die Sonne. Diese Ignoranz! Dieser Eigensinn! »Die Wahrheit gleicht dem Himmel und die Meinung den Wolken, Monsieur! Dieses Tier ist äußerst sensibel und kann sehr schnell beleidigt sein. Komm, meine Liebe, war nicht so gemeint.« Marie-Antoinette interessierte sich mäßig für seine Entschuldigungen und machte es sich lieber im Schatten eines Busches bequem. Tobias hegte zwar auch gewisse Zweifel an der Treffsicherheit ihrer Spürnase, aber es gab Fälle, entschied er, da war die Wahrheit nicht der Weisheit letzter Schluß... Herrje, er ertappte sich schon wieder dabei. Zitieren war scheinbar ansteckend... Opa hatte sich wieder beruhigt und versuchte, die Wogen etwas zu glätten: »Sagen wir mal so, ich möchte ja nicht unfreundlich sein, und Sie bekommen selbstverständlich Ihr Geld, aber unser Hund ist kein Typ, der so einfach im
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