Geheimcode Makaze
Satellit in die oberste Stufe eingebaut und das ganze Launch Vehicle anschließend waagerecht und im Schneckentempo aufs Achterschiff der
Sea Launch Commander
gerollt.
»Nehmt sie an die Haken. Umladen, wenn ihr bereit seid«, antwortete Stamp mit einem leicht nach Mittelwesten klingenden Akzent über Funk. Er warf einen Blick auf den mächtigen Kran, der am Rand der hohen Startrampe stand. Zwei schräge M-förmige Ausleger, von denen etliche dicke Trossen hingen, ragten über die Plattform hinaus. Die schwimmende Startrampe, auf den Namen
Odyssey
getauft, lag dicht hinter der
Sea Launch Commander
, sodass sich die Kranarme genau über der Rakete befanden. Nahezu lautlos wurden die Zugseile herabgelassen und von etlichen Ingenieuren und Technikern an einer Reihe von Schlingen befestigt, die über die ganze Länge der Rakete verteilt waren.
»
Sea Launch Commander
, hier
Odyssey
«, meldete sich eine neue Stimme über Stamps Funkgerät. »Sind bereit zum Umladen.«
Stamp nickte einem kleinen, bärtigen Mann zu, der neben ihm stand. Er hieß Christiano und war der Kapitän der
Sea Launch Commander
. Christiano sprach in sein Funkgerät.
»Hier
Commander
. Ihr könnt sie jederzeit umladen. Viel Glück,
Odyssey
.«
Kurz darauf strafften sich die Zugseile, und die waagerecht liegende Rakete wurde langsam vom Tieflader gehoben. Stamp hielt die Luft an, als die Zenit hochgehievt wurde und über der
Commander
hing. Die noch nicht betankte Rakete wog nur einen Bruchteil ihres Startgewichts, daher ging das Ganze wie geschmiert, so als transportierte man eine leere Bierdose. Trotzdem war Stamp nervös, als er die über ihm hängende Rakete betrachtete.
Nachdem sie quälend langsam zu der Startrampe gehievt worden war, betätigten die Kranführer die Winden und zogen die Rakete waagerecht in einen klimatisierten Hangar auf dem hohen Deck der
Odyssey
. Sobald die Raketenspitze das Tor passiert hatte, wurde das Launch Vehicle vorsichtig auf einen vielrädrigen Tieflader abgelassen. Wenn die schwimmende Startrampe die Abschussstelle erreichte, wurde die Rakete auf dem Tieflader aus dem Hangar gerollt und am Startturm aufgerichtet.
»Launch Vehicle ist gesichert. Gut gemacht, meine Herren. Das Bier heute Abend geht auf mich.
Odyssey
Ende.«
Stamp entspannte sich sichtlich und grinste übers ganze Gesicht. »Ein Kinderspiel«, sagte er zu Christiano, als hätte er nie daran gezweifelt, dass es klappen würde.
»Sieht so aus, als ob wir doch noch den vorgesehenen Starttermin in siebzehn Tagen einhalten können«, erwiderte Christiano, während er zusah, wie der leere Tieflader, auf dem die Rakete gelegen hatte, wieder in die Montagehalle rollte. »Der Langzeitwetterbericht sieht immer noch günstig aus. Nach dem Betanken und ein paar letzten Checks kann die
Odyssey
in vier Tagen auslaufen, und wir folgen ihr mit der
Sea Launch Commander
achtundvierzig Stunden später, sobald wir weitere Ersatzteile und Proviant an Bord genommen haben. Wir holen sie locker ein, bevor sie die Abschussstelle erreicht.«
»Ist auch gut so«, sagte Stamp erleichtert. »Laut Vertrag wird eine mörderische Strafe fällig, wenn wir sie zu spät starten.«
»Niemand konnte vorhersehen, dass sich die Lieferung der Raketenbauteile durch den Hafenarbeiterstreik um fünfzehn Tage verzögert«, sagte Christiano kopfschüttelnd.
»Der Montagetrupp hat eine Höllenarbeit geleistet, um die verlorene Zeit wieder gutzumachen. An die Kosten für die Überstunden darf ich gar nicht denken, aber das Team muss einen neuen Rekord aufgestellt haben. Und das trotz der Heimlichtuerei unseres Kunden hinsichtlich der Nutzlast.«
»Was ist denn an einem Fernsehsatelliten so furchtbar geheimnisvoll?«
»Frag mich nicht«, sagte Stamp achselzuckend. »Die typisch asiatische Verschwiegenheit, nehme ich an. Für mich macht das ganze Unternehmen sowieso keinen Sinn. Die haben einen relativ leichten Satelliten, den sie jederzeit mit einer chinesischen Rakete hätten hochschießen können, was ein paar Millionen billiger gewesen wäre.«
»Angst vor den Chinesen ist im Fernen Osten nichts Ungewöhnliches.«
»Stimmt, aber wenn’s um Dollar und Cent geht, wird sie schnell überwunden. Vielleicht hat es was mit dem Chef der Telekommunikationsfirma zu tun. Anscheinend ist er ein richtiger Sonderling.«
»Ihm gehört das Unternehmen, nicht wahr?«, fragte Christiano, während er zum Himmel blickte und sich zu erinnern versuchte.
»Jawohl«, erwiderte Stamp. »Dae-jong Kang
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