Geheime Versuchung
Haupthöhle.«
Zehn Minuten später warf sie ihre Tasche in einen Truck und schickte Cooper eine SMS.
Muss zum Wasserwerk. Bleibe über Nacht.
12
Zwanzig Minuten später rief er sie im Wagen an.
»Fährst du allein?«
Sein Beschützerverhalten gefiel ihr. »Ja, aber ich werde mit dem Wind schon zurechtkommen.« Obwohl es heftig an dem schweren Allradfahrzeug rüttelte. »Bevor der Sturm richtig losbricht, bin ich in Sicherheit.«
»Ruf mich an, wenn du dort bist.«
»Pass auch auf dich auf.« Sicher war er wieder der Erste, der sich sofort auf den Weg nach draußen machte, wenn etwas passierte. »Hast du ein Satellitentelefon?« Da es ja immer gleich knüppeldick kam, war der Hauptkommunikationsmast vor vierzig Minuten zusammengebrochen, sodass in weiten Teilen des Reviers die Mobilgeräte tot waren. Zum Glück gab es noch das unterirdische Kabel, und die angeschlossenen Leitungen funktionierten.
»Ja, du auch?«
»Nein, aber Elizabeth und Diego haben jeder eines.« Wer regelmäßig in abgelegenen Regionen arbeitete, bekam die Geräte gestellt.
»Pass auf dich auf, Grace. Sonst werde ich sauer.«
Aus irgendeinem Grund musste sie darüber lächeln. »Geht mir nicht anders.«
Sie erreichte das Werk, als der Wind an Stärke zunahm. Die beiden Techniker waren noch draußen und versuchten, eine wilde Wölfin samt ihren Jungen aus einem hohlen Baum zu locken, der ihnen nicht genügend Schutz vor der Gewalt des Sturms bot. Da die Wölfin sicher eher ihr folgen würde, scheuchte Grace Elizabeth und Diego fort und streckte die Hand aus. Nach zehn Minuten im strömenden Regen packte die Wölfin eines ihrer Jungen im Nacken und überließ es Grace, die es an sich drückte und die Mutter mit dem zweiten Jungen im Maul zur Station führte.
»Kann ich mal eines eurer Satellitentelefone benutzen?«, fragte Grace, nachdem sich alle abgetrocknet hatten und die Wölfin mit ihren Jungen in einem Nest aus Decken lag. »Mein Handy hat keinen Empfang.« Sie hatte es mehrmals probiert.
Schuldbewusst sah Elizabeth aus einem Kranz roter Haare ihren Partner an. »Ich habe meines in der Hektik des Aufbruchs vergessen, aber Diego ist besser organisiert.«
Laute Flüche von Diego. »Hatte es in der Hosentasche, muss es draußen verloren haben.«
Da das Satellitentelefon die einzige Möglichkeit war, die Höhle zu erreichen, wollten sie noch einmal hinaus in die pechschwarze Nacht. Doch der Sturm verwandelte alle losen Gegenstände in gefährliche Wurfgeschosse und trieb sie auf der Stelle zurück. Ein schwerer Ast riss Elizabeth fast den Kopf ab, Grace konnte sie gerade noch zur Seite reißen.
»Himmel und Hölle!« Gemeinsam schlossen sie die Tür, und Diego schob den Riegel vor, der Ast war gegen die Wand geprallt und lag am Boden. »Das war’s. Wir sind eingeschlossen, bis der Sturm vorbei ist.«
Grace dachte daran, wie besorgt Cooper geklungen hatte. Hoffentlich beunruhigte es ihn nicht zu sehr, wenn sie sich nicht meldete, obwohl ihre Wölfin auch unruhig war, weil sie ihn nicht erreichen konnte. Sie hob ein Wolfsjunges hoch, das an ihrem Stiefel knabberte und trug es zu der erschöpften Mutter. »Ich sollte mich wohl lieber um die Lüftung kümmern. Sonst müssen wir noch ein Fenster öffnen.«
Die anderen beiden lachten, doch es klang eher gezwungen, denn der obere Teil des Wasserwerks war Teil des Berges und hatte nur eine Tür und kein Fenster. Aufgrund der Störungen der Anlage konnte man nicht genau wissen, wie viel Sauerstoff noch in den unteren Etagen vorhanden war, wo die ausgeklügelten Computeraggregate standen, die ihre Energie aus den Flüssen bezogen.
Cooper trug einen verletzten Soldaten in die Krankenstation – der Wolf hatte sich ein Bein gebrochen, als er im Schlamm ausgerutscht war. »Sind alle drin?«, fragte er Shamus und rieb sich trocken. Irgendetwas hatte sein Gesicht getroffen, das Handtuch färbte sich rot.
»Ja. Oder haben sich zumindest gemeldet. Ein paar sind in den Unterständen am Rande des Reviers, aber niemand ist allein.«
Doch der Knoten in Coopers Brust löste sich nicht. »Nachricht vom Wasserwerk?«
Shamus sah grimmig drein. »Nein, aber alles läuft gut, also …« Die Lichter flackerten. Dann zeigte ein Brummen an, dass die Generatoren angesprungen waren.
Cooper hatte einen bitteren Geschmack im Mund, und kalter Schweiß brach ihm aus. »Ich gehe hoch. Du übernimmst hier.« Der erfahrene Soldat konnte alles bewältigen, was in seiner Abwesenheit geschah.
»Mein Gott,
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