Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
koordiniert und bündelt. Um die Zentrale für alle Militäroperationen der USA in Afrika. Zu ihren Aufgaben gehören Kriegseinsätze ebenso wie die Verhinderung von Krisen. In dem Kommando sind vor allem Strategen stationiert, Generäle und Einsatzplaner. Im Gegensatz zu einer Militärbasis heben von hier keine Flugzeuge ab, und keine Soldaten rücken von hier zu Einsätzen aus.
Achtzehn Monate lang waren hohe amerikanische Diplomaten zuvor in Afrika von Hauptstadt zu Hauptstadt geflogen, auf der Suche nach einem Standort für ihr neues Afrika-Kommando. Sie sprachen unter anderem in Südafrika, Angola, Simbabwe, Namibia, Botswana, der Demokratischen Republik Kongo und Algerien vor.
Aber die Verhandlungen mit den afrikanischen Ländern fielen in eine Zeit, in der die Zeitungen in aller Welt voll waren mit Berichten über das US -Foltergefängnis Abu Ghraib im Irak. Artikel erschienen über Verhörmethoden wie das Waterboarding, über Geheimgefängnisse und CIA -Entführungen. Präsident George W. Bush hatte das moralische Kapital der USA aufgebraucht. Das Ansehen des Landes war auf einen historischen Tiefpunkt gesunken.
Viele Staatschefs in Afrika fürchteten sich daher vor innenpolitischer Kritik, wenn die USA ihr Land als Standort für weitere schmutzige Methoden im «Krieg gegen den Terror» benutzen würden. Außerdem hatten sie Angst davor, die Präsenz der US -Strategen könne Terroristen erst anziehen.
Dabei hätte die Ansiedlung des Kommandos den gastgebenden afrikanischen Staat außenpolitisch aufgewertet und sehr viele US -Dollar ins Land gebracht. Die zehn ärmsten Länder der Welt liegen alle in Afrika. Gerade Staaten wie Äthiopien, Niger oder der Kongo hätten die amerikanischen Millionen gut gebrauchen können. Aber die Befürchtung der afrikanischen Staatschefs, womöglich mit Skandalen wie den Folterungen mit Elektroschocks in US -Gefängnissen im Irak in Zusammenhang gebracht zu werden, wog offenbar schwerer.
Manche der Länder deuteten an, dass sie einen kleinen Militärstützpunkt akzeptieren würden. Das ja, aber keine große Kriegszentrale. Am Ende lehnten alle zwölf afrikanischen Staaten, in denen sich die Diplomaten der USA umgehört hatten, es ab, das neue Kommando mit dem Namen USAFRICOM aufzunehmen.
Deswegen sind die Amerikaner nun in Berlin.
Staatsekretär Schmidt und sein General haben keine solchen Bedenken an diesem Januarmorgen, erinnert sich ein Teilnehmer des Treffens im deutschen Verteidigungsministerium später. Sie fragen freundlich nach dem einen oder anderen Detail, wollen wissen, wo die Soldaten für das neue Kommando herkommen und ob dafür anderswo in Deutschland Truppen abgezogen werden sollen. Dann wollen die Deutschen noch wissen, wo genau das Afrika-Kommando seinen Sitz haben soll.
«In Stuttgart», sagt Koenig.
Und natürlich würden die Amerikaner ihre afrikanische Basis in Dschibuti weiter nutzen für die Ausführung der militärischen Operationen auf dem Kontinent. Aber aus Stuttgart würden in Zukunft die Befehle kommen, hier solle die Kommandozentrale entstehen.
Der Staatssekretär verspricht, umgehend eine Rückmeldung der deutschen Regierung zur Ansiedlung von AFRICOM einzuholen. Auf Anfrage bestätigt uns die Bundesregierung später, «dass diese Maßnahme mit dem Einverständnis der Bundesregierung geschehen» ist.
Als der US -Gesandte Koenig wieder in seine schwarze Limousine gestiegen ist und der Chauffeur den Motor startet, kann der Diplomat sehr zufrieden sein. Denn im Gegensatz zu den Staatschefs von Äthiopien, Niger oder Kongo gibt es keinen deutschen Politiker, der sich getraut hätte, die Amerikaner mit einer Ablehnung zu düpieren, sagt uns ein hoher Beamter aus dem Verteidigungsministerium einige Zeit danach. Darum ist der Besuch des US -Gesandten im Bendlerblock ein Besuch unter Freunden, bei dem die US -Seite nicht erwarten muss, auf großen Widerstand zu stoßen – ganz anders als in Afrika.
Während der Orkan stärker wird, ist die Stimmung in der amerikanischen Botschaft in Berlins Mitte entspannt. Das sechsgeschossige Gebäude in der Neustädtischen Kirchstraße wurde im 19 . Jahrhundert im Stil der Frührenaissance erbaut, als Sitz eines preußischen Offiziersclubs. Die Straßen um das Haus herum sind gesperrt, das gesamte Gelände ist mit Sperren und Zäunen gesichert wie eine Festung. Ein Bollwerk. Um 12 : 43 Uhr schickt ein Mitarbeiter der US -Botschaft eine als geheim eingestufte, für diplomatische Verhältnisse
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