Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
wie er dann in den Garten gelangt ist?«
Als er sich erinnerte, wie elegant und anschmiegsam das korinthische Leder seine Unterschenkel umschlossen hatte, konnte Gabriel ein Aufstöhnen kaum unterdrücken.
Als er schließlich wieder Gewalt über seine Stimme hatte, war sie leise und mühsam beherrscht. »Ich werde es Ihnen ganz leicht machen, Miss Wickersham. Entweder geht der Hund« – er lehnte sich weit genug vor, um ihren nach Minze duftenden Atem zu riechen – »oder Sie.«
Sie rümpfte die Nase. »Nun gut, wenn Sie unbedingt wollen. Phillip, würdest du Sam bitte nach draußen bringen?«
»Gewiss, Miss. Aber was soll ich hiermit tun?«
»Es seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben.«
Ehe Gabriel begriff, was sie vorhatte, traf ihn der lehmverkrustete Stiefel an der Brust.
»Danke«, sagte er steif und hielt ihn auf Armeslänge von sich weg.
Den Gehstock vor sich schwingend, drehte er sich um und schritt zur Treppe zurück. Doch sein würdevoller Abgang wurde verdorben, als er die erste Stufe einen Schritt eher erreichte als gedacht. Er erstarrte, als ihm klar wurde, dass sein rechter Strumpf nun genauso nass war wie sein linker.
Miss Wickershams belustigten Blick in seinem Rücken fühlend, stieg er die Treppe hinauf, jeder Schritt von einem leisen Schmatzen begleitet.
Gabriel zog sich sein Kissen über die Ohren, aber noch nicht einmal die üppige Daunenfüllung vermochte das jämmerliche Jaulen zu dämpfen, das da durch das Schlafzimmerfenster zu ihm drang. Es hatte just in dem Augenblick begonnen, da sein Kopf das Kopfkissen berührt hatte, und bis zum Morgengrauen war kein Anzeichen zu erkennen, dass es nachlassen wollte. Der Hund hörte sich an, als hätte man ihm das Herz gebrochen.
Gabriel drehte sich auf den Rücken und warf sein Kissen in Richtung Fenster. Missbilligende Stille hing über dem Rest des Hauses. Miss Wickersham lag bestimmt gemütlich unter ihren Decken und schlief den gesegneten Schlaf der Tugendhaften. Er konnte sie fast vor sich sehen, die seidenweichen Strähnen ihres losen Haares fächerförmig über das Kissen gebreitet, die blütenzarten Lippen mit jedem Atemzug öffnend. Aber selbst in seiner Phantasie verhüllten Schatten ihre zarten Züge.
Sie hatte sich vermutlich das Zitronenparfum von der Haut gewaschen, als sie sich fürs Bett zurechtmachte, sodass ihr nur der ihr eigene süße Duft anhaftete. Er war satter und betörender, als irgendein käufliches Parfum je sein könnte, versprach einen Garten irdischer Gelüste, denen kein Mann widerstehen konnte.
Gabriel seufzte. Sein Körper spannte sich ob Frustration und Sehnsucht. Wenn der Hund nicht bald Ruhe gab, würde er selbst mitjaulen.
Er schlug die Decke zurück, stand auf und trat ans Fenster. Als er nach dem Riegel suchte, jagte er sich einen Splitter in den Daumen.
»Psst! Sei ruhig!«, zischte er in die Leere unter seinem Fenster, nachdem es ihm gelungen war, es zu öffnen. » Um Himmels willen, sei jetzt bitte endlich still!«
Das Jaulen des Hundes brach jäh ab. Ein hoffnungsvolles Winseln war zu hören, dann war es ruhig.
Erleichtert aufatmend kehrte Gabriel zum Bett zurück.
Das Jaulen setzte von neuem ein, diesmal allerdings doppelt so herzerweichend wie vorher.
Gabriel schloss das Fenster, schritt erneut zum Bett zurück und tastete nach seinem Morgenrock, den er über den Bettpfosten gehängt hatte. Er verließ sein Schlafzimmer, ohne sich die Mühe zu machen, seinen Stock mitzunehmen.
»Geschieht ihnen allen recht, wenn ich die Treppe hinunterfalle und mir den Hals breche«, murmelte er erbost vor sich hin, während er sich vorsichtig Stufe um Stufe seinen Weg nach unten tastete. »Anstatt an meinem Grab zu jaulen, würde der Hund vermutlich nur draufpinkeln. Ich sollte dem Wildhüter auftragen, das verfluchte Vieh einfach zu erschießen.«
Nachdem er über eine Ottomane gestolpert war und sich das Schienbein an den klauenförmigen Füßen einer Kommode gestoßen hatte, gelang es ihm schließlich, den Riegel einer der Terrassentüren in der Bibliothek zu finden.
Als er die Tür öffnete, strich ihm die kühle Nachtluft zärtlich über die Haut. Er zögerte, schreckte davor zurück, sein zerstörtes Gesicht dem gnadenlosen Mondlicht auszusetzen.
Aber das jämmerliche Jaulen wollte nicht aufhören, ließ ihm keine Ruhe. Und woher wollte er wissen, dass heute überhaupt der Mond schien?
Langsam überquerte er die Terrasse; die Kiesel zwischen den losen Steinplatten bohrten sich in
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