Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
seine Fußsohlen. Dann ging er über das taufeuchte Gras, dem Jaulen folgend. Er war fast da, als es plötzlich verstummte. Die Nacht war so still, dass er das entfernte Quaken eines Frosches hören konnte und seinen eigenen Atem.
Sich auf die Knie niederlassend, tastete er den Boden vor sich mit den Händen ab. »Du kleiner Köter, wo, verdammt, steckst du nur? Wenn ich dich nicht finden wollte, würdest du bestimmt sabbernd um mich herumhüpfen.«
Ein Busch in der Nähe raschelte, und ein Fellknäuel kam herausgeschossen, sprang ihm geradewegs in die Arme, als sei es von einer Kanone abgefeuert worden. Freudig winselnd stand der kleine Collie auf seinen Hinterbeinen und leckte überglücklich Gabriels Gesicht.
»Ist ja gut, ist ja gut«, murmelte er und nahm das zitternde Tier auf den Arm. »Es gibt keinen Grund, jetzt sentimental zu werden. Alles, was ich möchte, ist eine Nacht anständigen Schlafes.«
Ohne den Hund abzusetzen, richtete Gabriel sich auf und machte sich auf den langen Weg zurück ins Haus in sein Zimmer. Eines musste er zugeben: Mit einem kleinen warmen Körper im Arm schien die Nacht wesentlich weniger dunkel und der Weg erheblich kürzer.
Noch nicht einmal Samantha wagte am nächsten Tag, etwas zu sagen, als Gabriel nach unten kam, den munteren Sam auf den Fersen. Obwohl er sich immer noch mürrisch beschwerte, der Hund sei ihm ständig im Weg, sah sie, wie er, wenn er sich unbeobachtet glaubte, dem Collie die seidenweichen Ohren kraulte oder einen besonderen Leckerbissen für ihn unter den Tisch fallen ließ.
Am Ende der Woche war Gabriel in der Lage, das Labyrinth aus Möbeln zu meistern, ohne gegen ein Tischbein zu stoßen oder eine Marmorgöttin oder Porzellanschäferin ins Verderben zu stürzen. Mit seinen Fortschritten mehr als zufrieden, beschloss Samantha, dass es Zeit für die nächste Lektion sei.
An diesem Abend schritt Gabriel vor den verschlossenen Türen zum Speisesalon auf und ab; wegen seines immer lauter knurrenden Magens kam er sich wie ein Tier im Käfig vor. Er war zur gewohnten Stunde nach unten gekommen, nur um von einem stammelnden Beckwith in Kenntnis gesetzt zu werden, dass sich das Dinner verzögere und er doch bitte vor der Tür warten solle, bis man ihn riefe.
Seinen Gehstock fester fassend, legte Gabriel ein Ohr an die Tür. Er war durch das gelegentliche Rascheln und Klappern neugierig geworden, die durch das Holz drangen. Seine ungute Vorahnung und seine Neugierde nahmen noch zu, als er die leise, aber energische Stimme seiner Pflegerin erkannte.
Gabriel war so darauf konzentriert, ihre Worte zu verstehen, dass es ihm völlig entging, als Beckwith zur Tür kam. Als der Butler sie aufzog, fiel er fast kopfüber ins Zimmer.
»Guten Abend, Mylord«, sagte Samantha irgendwo links von ihm, und die Belustigung war ihrer Stimme deutlich anzuhören. »Ich hoffe, Sie verzeihen die Verzögerung. Ihre Geduld ist in höchstem Maße löblich.«
Stirnrunzelnd setzte Gabriel die Stockspitze auf den Boden, rang darum, sowohl Halt als auch Würde zu bewahren. »Ich habe mich allmählich schon gefragt, ob das hier wohl ein Mitternachtsimbiss werden soll. Oder gar ein zeitiges Frühstück.« Er hielt den Kopf schief, konnte aber nicht das vertraute Hecheln vernehmen, das gewöhnlich jede seiner Mahlzeiten begleitete. »Und was haben Sie mit Sam angestellt? Ist es zu viel erwartet, wenn ich hoffe, dass er auf dem Tisch auf einem Silbertablett liegt, einen Apfel im Maul?«
»Sam speist heute Abend mit der Dienerschaft. Aber machen Sie sich seinetwegen keine Sorgen. Peter und Phillip haben versprochen, eine angemessene Menge Futter für ihn unter ihren Stuhl fallen zu lassen. Ich hoffe, Sie sehen es mir nach, dass ich ihn von hier verbannt habe, aber ich dachte, es sei an der Zeit, Sie wieder den Zwängen der Gesellschaft auszusetzen.« Ein Lächeln wärmte ihre Stimme. »Zu diesem Zweck ist der Tisch mit einem Tuch schneeweißen Leinens bedeckt. Es gibt drei silberne Kerzenleuchter, in jedem brennen vier schlanke Wachskerzen, die ihren gastfreundlichen Schein über Mrs. Philpots feinstes Porzellan, Gläser und Silberbesteck verströmen.«
Gabriel musste seine Phantasie nicht sonderlich anstrengen, um sich das Bild auszumalen, das Samantha beschrieb. Es gab nur ein Problem: Selbst mit seinem Stock in der Hand hatte er Angst, auch nur einen Schritt in Richtung Tisch zu machen – aus Sorge, über etwas Zerbrechliches zu stolpern oder sich selbst in Brand zu
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