Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
im Kreis um ihn herumzuspringen, ihm zwischen den Beinen hindurchzurennen und den Stock aus der Hand zu reißen. Hätte seine Pflegerin Grund für ernstlichen Groll gegen ihn gehabt, Gabriel hätte glauben können, sie versuche, einen tödlichen Sturz für ihn zu arrangieren.
Wenigstens konnte ihr niemand den Vorwurf des Übertreibens machen. Der Hund war zweifellos ein ständiger Begleiter. Egal, wohin Gabriel seine Schritte auch lenkte, das eifrige Hecheln und das Klicken der kleinen Krallen auf Parkett oder Marmorboden folgten ihm stets. Die La kaien mussten den Speisesalon nach Gabriels Mahlzeiten nicht mehr fegen. Sam saß direkt unter dem Stuhl seines Herrn und fing jeden herunterfallenden Bissen noch in der Luft auf. Wenn Gabriel sich des Nachts in sein Bett legte, fand er es gewöhnlich schon von einem warmen Fellknäuel belegt.
Saß ihm der Hund nicht im Nacken, schnarchte er ihm ins Ohr. Weil Gabriel das Hecheln und Schnaufen nicht mehr ertrug, packte er seine Decke und verzog sich zum Schlafen in den Salon.
Er wachte am Morgen auf, um zu entdecken, dass der Hund verschwunden war. Zu seinem Leidwesen galt das auch für die Hälfte seines besten Paares Stulpenstiefel.
Gabriel stieg die Treppe hinab und benutzte seinen Gehstock, um die Stufen zu finden. In Wahrheit war er ziemlich stolz auf die Fortschritte, die er machte, und wollte Samantha mit seinem zunehmenden Geschick beeindrucken. Doch der elegante Stock vermochte nicht zu verhindern, dass er in die warme Pfütze am Fuß der Treppe trat.
Er hob seinen bestrumpften Fuß an und bemühte sich zu begreifen, was geschehen war. Den Kopf in den Nacken werfend, brüllte er aus Leibeskräften: »Sam!«
Beide, der Hund und seine Pflegerin, erschienen auf seinen Ruf hin. Der Hund sprang dreimal um ihn herum, ehe er sich auf seinem trockenen Fuß niederließ, wobei Samantha rief: »Ach du meine Güte! Das tut mir aber Leid! Phillip sollte heute Morgen mit ihm in den Gärten spazieren gehen. Oder war es Peter?«
Den Hund von seinem Fuß schubsend, wandte sich Gabriel in die Richtung ihrer Stimme; sein nasser Strumpf gab bei jedem Schritt ein schmatzendes Geräusch von sich.
»Es kümmert mich nicht, ob der Erzbischof höchstpersönlich aus London hätte kommen sollen, um das kleine Biest Gassi zu führen. Ich will ihn keine Minute länger um die Füße haben. Und besonders nicht um meine Füße!« Er deutete mit einem Finger, wie er hoffte, auf die Tür, obwohl er befürchtete, dass es nur die Topfpflanze war. »Ich will ihn nicht mehr im Haus haben!«
»Ach, kommen Sie. Es ist nicht wirklich die Schuld des kleinen Kerls. Außerdem sollten Sie es eigentlich besser wissen, als in Strümpfen durchs Haus zu wandern.«
»Darf ich Sie informieren, dass ich gerne meine Stiefel angezogen hätte, die mir Beckwith herausgestellt hat«, erklärte er mit übertriebener Geduld, »wenn ich beide hätte auffinden können. Aber als ich aufwachte, war der rechte geheimnisvollerweise verschwunden.«
Eine Männerstimme, die sich vor Aufregung beinahe überschlug, ertönte aus der Richtung der Tür. »Das werden Sie nicht glauben, Miss. Sehen Sie nur, was der Gärtner gerade ausgegraben hat!«
11
Meine liebste Cecily,
vielleicht hat meine Schüchternheit mich daran
gehindert, so kühn zu sprechen, wie ich es hätte tun
sollen – ich möchte dich für mich haben …
»Was ist es?«, verlangte Gabriel zu erfahren, den eine ungute Ahnung beschlich.
»Ach, nichts«, erwiderte Samantha hastig. »Peter macht nur gerade Unsinn.«
»Es ist nicht Peter, sondern Phillip«, verbesserte Gabriel sie.
»Wie können Sie das denn wissen?« Sie klang aufrichtig verwundert, dass er den einen Zwilling von dem anderen unterscheiden konnte.
»Peter bevorzugt nur einen Tropfen Rosenwasser bei seiner Toilette, während Phillip sich damit in der Hoffnung überschüttet, von Elsie bemerkt zu werden. Und ich benötige nicht mein Augenlicht, um zu wissen, dass er im Moment im Gesicht vermutlich rot wie eine Pfingstrose ist. Was hast du da, mein Junge?«, fragte er, sich direkt an den jungen Lakai wendend.
»Nichts von Bedeutung, Mylord«, versicherte ihm Samantha an dessen Stelle. »Nur eine besonders große … Mohrrübe. Warum bringst du sie nicht zu Étienne in die Küche, damit er sie für das Mittagessen verwendet?«
Die Verwirrung des Dieners war deutlich seiner Stimme zu entnehmen. »Sieht mir mehr wie ein alter Stiefel aus. Ich frage mich nur, wer ihn so angeknabbert hat und
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