Geheimnis einer Wuestennacht
Fall!â, stellte Annalisa eindeutig klar und erwiderte sein Lächeln.
Tahir lachte leise und rückte ein winziges Stück von ihr ab. âWie Sie wünschen, Miss Hansen. Aber mit den Hochzeitsvorbereitungen darf ich doch jetzt endlich beginnen, oder?â
Annalisa fühlte sich durch seine veränderte, lockere Art so verunsichert, dass sie automatisch nickte.
âPrima! Das Einzige, was du zu tun hast, ist, dich zu schonen.â
âAber ich â¦â
âBitte, Annalisa ⦠um unseres Kindes willen.â
Unser Kind!
Ihre Schultern sanken herab. Auf keinen Fall durfte sie vergessen, dass es Tahir einzig und allein um das Wohlergehen des künftigen Thronfolgers ging. Doch wenn er so zärtlich zu ihr war, wie gerade eben, wurde sie immer wieder dazu verführt, ihre dummen Mädchenträume wiederzubeleben und â¦
âAnnalisa? Ich habe dich gefragt, ob du Verwandte von dir zur Hochzeit einladen möchtest.â Ohne zu überlegen schüttelte sie den Kopf. âWirklich niemand?â
âNein, lieber nicht. Meine Eltern und mein GroÃvater sind tot, und alle anderen Verwandten leben auf der anderen Seite von Qusay ⦠auÃer meinem Onkel, den du bereits kennengelernt hast, und seiner Frau.â
âVerstehe â¦â
âEs gäbe vielleicht noch ein paar Bekannte aus dem Dorf, in dem ich mit meinem Vater gewohnt habe, aber ein wirklich enges Verhältnis hatte ich zu niemandem auÃer ihm. Ich war immer anders â¦â Annalisa seufzte leise auf. âIch sprach anders als sie, war anders gekleidet und durfte mir Freiheiten herausnehmen, von denen die anderen Mädchen nur träumen konnten. Das hat uns voneinander getrennt.â
âDu bist also ganz allein.â Es war eine sachliche Feststellung, die weder Betroffenheit noch falsches Mitleid signalisierte, nur eine gewisse Neugier und Verständnis. Und das tat ihr gut.
âNicht wirklich, wenn man bedenkt, wie erpicht meine zahlreichen Cousins seit dem Tod meines Vaters sind, mich mit einem anständigen, einheimischen Ehemann zu verkuppeln!â
âNa, den bekommst du ja jetztâ, scherzte Tahir schwach.
âUnd was ist mit dir?â, fragte Annalisa, um von sich abzulenken. âWird deine Familie zur Hochzeit kommen?â
âUnwahrscheinlich.â
Dieses eine Wort enthielt so viel Bitterkeit, dass es Annalisa einen Stich versetzte. âAber du bist der König!â, empörte sie sich.
âEher ein AuÃenseiter, der missratene Sohnâ, murmelte er gepresst. âIch habe Qusay vor elf Jahren verlassen, nachdem mein Vater mich aus dem Haus warf, und ich habe nie zurückgeschaut. Wusstest du das denn nicht?â
âNein.â Annalisa konnte sich gar nicht vorstellen, wie es sein musste, so lange von den Menschen getrennt zu sein, die man liebte. âAber du hast doch sicher Kontakt zu deiner Familie gehalten? Selbst wenn dein Vater â¦â
Ein Blick auf sein hartes Profil lieà sie verstummen.
âEs gab keinen Kontakt. Meine Brüder wussten gar nicht, wo ich bin, und ich war viel zu sehr damit beschäftigt, am Leben zu bleiben und den Kopf über Wasser zu halten, um mir darüber Gedanken zu machen.â
Hinter Annalisas Stirn arbeitete es. Wenn Tahir seit elf Jahren ⦠dann war er gerade achtzehn gewesen, als â¦
âAber laut den Medien bist du mehr als nur gut situiertâ, führte sie an. âSteinreich, wenn man der Presse glauben kann.â
âAls ich Qusay verlieÃ, hatte ich keinen Heller. Mein Vermögen verdanke ich einer glücklichen Hand an Spieltischen, dem Gespür für lukrative Finanzgeschäfte und jahrelanger, harter Arbeit. Ich wette, niemand war bestürzter darüber als mein Vater, dass ich nicht untergegangen bin, sondern sogar wohlhabender wurde als er.â
Gegen so viel kalten Zynismus wollte Annalisa schon automatisch protestieren, da fielen ihr Tahirs Angstträume in der Wüste ein. Was mochte das für ein Mann gewesen sein, der seinen Sohn von Zuhause wegjagte und ihn sogar noch elf Jahre später bis in seine Albträume verfolgte?
âAber deine Mutter wird doch sicher zur Hochzeit kommen?â, fragte sie leise.
Wenn überhaupt möglich, wurde Tahirs Miene noch starrer. âIch werde sie auf jeden Fall fragen. Ob sie die Einladung annimmt oder nicht, ist allein ihre Sache.â
Annalisa überlegte noch, ob sie
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