Geheimnis um eine Efeuvilla
Tassen in Ruhe! In der nächsten Stunde wünsche ich nicht gestört zu werden. Ich habe Wichtiges zu tun.”
„Ich auch. Ihr Herd muß einmal gründlich sauber gemacht werden, und …”
„Dann machen Sie ihn gefälligst sauber!” schrie Herr Grimm.
Nachdem Frau Mickel verschwunden war, atmete er erleichtert auf und studierte wieder die drei merkwürdigen Briefe. Aus welcher Zeitung mochten die aufgeklebten Wörter ausgeschnitten sein? Und wer hatte die Briefe geschickt? In Peterswalde gab es keine Efeuvilla, soviel der Polizist wußte.
Er nahm einen Stadtplan zur Hand und blätterte ihn durch. Dann rief er den Postdirektor an.
„Hier Polizeirevier – Grimm”, meldete er sich. „Ich hätte gern eine Auskunft von Ihnen. Gibt es in Peterswalde eine Efeuvilla?”
„Efeuvilla?” wiederholte der Postdirektor. „Nein, eine Efeuvilla gibt es hier nicht. Meinen Sie vielleicht das Pappelhaus?”
„Nein, ich meine nicht das Pappelhaus! Und dann suche ich einen gewissen Schmidt.”
„Schmidt? In Peterswalde wohnen mindestens fünfzehn Schmidts. Wollen Sie ihre Adressen haben?”
„Nein, danke.” Herr Grimm warf den Hörer auf die Gabel und starrte wieder die Briefe an. Hatten sie eine Bedeutung, oder wollte sich nur jemand über ihn lustig machen?
Aber wer würde es wagen, sich über ihn, Theophil Grimm, den Vertreter von Recht und Ordnung, lustig zu machen? Auf einmal fiel dem Polizisten ein dicker Junge mit einem unverschämten Grinsen ein, und ihn beschlich ein unbehagliches Gefühl.
„Dietrich Kronstein!” murmelte er. „Dem frechen Bengel ist alles zuzutrauen. Aber das ist doch die Höhe. Mir diese frechen Briefe zu schicken, mich derartig zu täuschen und nach einer Efeuvilla suchen zu lassen, die es gar nicht gibt! Wahrscheinlich kommt er sich noch wer weiß wie witzig dabei vor.”
Der Polizist begann einen Bericht zu schreiben, kam aber nicht recht mit der Arbeit voran. Immerfort beunruhigte ihn der Gedanke, daß Dietrich Kronstein gewiß der Absender der rätselhaften Briefe war. Nach einer Weile kam Frau Mickel keuchend ins Zimmer.
„Herr Grimm, hier ist schon wieder einer gekommen!” stieß sie hervor und gab ihm einen Brief, der genauso wie die früheren Briefe aussah. Wieder war die Adresse aus einer Zeitung ausgeschnitten und aufgeklebt. Wieder war der Name des Polizisten mit einem ,m’ geschrieben.
Während Herr Grimm ihn aufschnitt, fragte er: „Wo haben Sie ihn gefunden, Frau Mickel?”
„Ich hängte gerade mein Geschirrtuch auf die Leine”, berichtete Frau Mickel. „Es ist schon sehr zerrissen. Und als ich in den Klammerbeutel griff, um eine Klammer ’rauszunehmen, fand ich den Brief im Beutel.”
„War vorher jemand an der Hintertür?”
„Nein. Heute ist nur der Schlächterjunge dagewesen, der Ihre Hammelkoteletts brachte.”
„Ein Schlächterjunge?” rief Herr Grimm aufspringend.
„Jetzt ist mir alles klar. Haben Sie den Jungen gesehen?”
„Nein”, antwortete Frau Mickel verwundert. „Ich war gerade oben und machte Ihr Bett. Aber ich hörte ihn kommen und rief ihm zu, er solle das Fleisch auf den Küchentisch legen. Und das hat er auch gemacht, denn nachher fand ich es dort. Ich hörte ihn noch pfeifen, als er fortging, und …”
„Das genügt! Jetzt weiß ich alles. Ich muß fort. Gehen Sie bitte ans Telefon, wenn es läutet. Nun werden Sie keine Briefe mehr finden. Schlächterjunge! Dem Bengel werde ich’s zeigen!”
„Aber Karl ist ein braver Junge”, entgegnete Frau Mickel ganz erstaunt. „Der Schlächter hat noch nie einen so netten und anständigen Lehrling gehabt.”
„Ich spreche nicht von Karl.” Herr Grimm setzte seinen Helm auf und zog den Riemen fest. „Nein, ich spreche von jemand anders. Und dieser Jemand wird bald einen tüchtigen Schreck kriegen.”
Der Polizist verließ das Haus, holte sein Rad und fuhr davon. In seiner Tasche steckten die vier rätselhaften Botschaften, die er bekommen hatte. Der letzte Brief lautete: „Es wird Ihnen leid tun, wenn Sie nicht zu Schmidt gehen.”
„Dahinter steckt bestimmt Dietrich Kronstein”, dachte Herr Grimm, während er eifrig die Pedale trat. „Er muß sich wieder als Schlächterjunge verkleidet haben. Das hat er schon einmal gemacht. Warte nur, Bürschchen, du bist erkannt! Eine Frechheit, meine Zeit mit albernen Briefen zu vergeuden! Das soll dir schlecht bekommen.”
Als er durch das Gartentor der Kronsteins fuhr, kam ein schwarzer Scotchterrier aus einem Gebüsch und
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