Geheimnis um Schloss Krähenstein - ein Bodensee-Krimi für Kinder
den Boden fallen. Blitzschnell war auch sie wieder auf ihrem Sitz und schnappte sich ein Buch aus ihrer Tasche. Genau in diesem Augenblick kam der unheimliche Mann in das Abteil zurück. Lara beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Er bemerkte sofort das Papier auf dem Boden und hob es in Windeseile auf. Misstrauisch sah er zu Lara und Flo hinüber, die sich jedoch nichts anmerken ließen. Dann stopfte er es eilig in die Aktentasche.
„Häschen und ich haben Hunger“, sagte Flo mit einer Unschuldsstimme, die jeglichen Verdacht des Mannes ausräumen musste. Lara tat so, als wäre sie so ins Lesen vertieft, dass sie nichts um sich herum wahrnahm.
„Lara!“, rief Flo. „Ich und mein Häschen haben Hunger!“
Lara sah auf. „Wie bitte? Was hast du gesagt, Flo?“
„Hunger!“, antwortete Flo kurz.
„Dann nimm dir doch etwas aus deiner Tasche. Mama hat uns belegte Brötchen und etwas zum Trinken eingepackt.“ Lara konnte sehen, wie der Mann erleichtert aufatmete. Seine Befürchtungen, Lara und Flo könnten etwas von dem Papier bemerkt haben, waren jetzt wohl beseitigt. Dann packte auch Lara ihr Frühstückspaket aus. Sie hatten jetzt wirklich beide Hunger. Ihre Mutter hatte ihnen Brötchen, Saft und Kakao mitgegeben. Das tat jetzt gut.
Während die beiden aßen, blickten sie aus dem Fenster, wo sie jede Menge Wiesen, Wälder, Kühe und Schwarzwaldhäuser sehen konnten. Schließlich kam der Schaffner zu ihnen und teilte ihnen mit, dass sie in zehn Minuten umsteigen müssten. Lara und Flo packten ihre Sachen zusammen. Diese Stunde war ihnen unheimlich lang vorgekommen. Sie waren froh, endlich aus dem Abteil herauszukommen. Der Mann hatte ihnen beiden Angst gemacht. Er hatte sie die ganze Zeit über beobachtet.
Der Schaffner begleitete Lara und Flo zum anderen Zug und brachte sie noch zu ihren Plätzen. Der unheimliche Mann war nirgends mehr zu sehen.
„Was stand denn auf dem Zettel?“, konnte Flo endlich fragen. Die ganze Zeit über hatte diese Frage ihr auf den Lippen gebrannt.
„Das war mir klar, dass du vor Neugierde fast geplatzt bist“, lachte Lara. Doch dann machte sie ein ernstes Gesicht. „Nun, ich konnte ja nicht so viel lesen. Dazu war die Zeit einfach zu knapp. Aber die Überschrift lautete auf jeden Fall: Mein Letzter Wille.“
„Mein Letzter Wille?“, wiederholte Flo enttäuscht. „Was soll das denn sein?“
„Ich weiß auch nicht genau“, räumte Lara ein. „Aber dann stand da noch etwas von einem
Schloss Krähenstein
und
Viktor soll mein Alleinerbe sein
oder so“, fügte sie hinzu. Schloss? Krähenstein? Das klang irgendwie gruselig. Aber was hatte das alles zu bedeuten?
„Ich habe nicht die geringste Ahnung, was das bedeuten soll“, sagte Lara, bevor Flo überhaupt fragen konnte. „Aber eins ist klar. Mit dem Mann stimmt irgendetwas nicht. Er hat etwas zu verbergen. Die Frage ist nur: Was?“
Markus, Sibylle, Max und Tim
Markus, Sibylle, Max und Tim – alle waren gekommen, um Lara und Flo vom Bahnhof abzuholen.
„Hallo, ihr zwei Süßen, na, habt ihr eine gute Fahrt gehabt?“, fragte sie Markus.
Sibylle nahm beide Mädchen in ihre Arme und küsste sie mehrmals auf beide Wangen ab. Während Flo es sichtlich genoss, verzog Lara das Gesicht. Es war ihr peinlich, vor Max und Tim wie ein kleines Baby abgeknutscht zu werden.
„Ich geh so lange mal die Koffer abholen“, meinte Markus, als er sah, dass es wohl noch etwas länger dauern würde.
Endlich war Sibylle mit dem Küsschenverteilen fertig. „Mensch, gut seht ihr aus, oder? Was meint ihr, Max und Tim?“ Jetzt waren Max und Tim an der Reihe, rot zu werden. Klar sahen die beiden gut aus. Aber man konnte doch nicht einfach so sagen, dass ein Mädchen gut aussah. Dann war man doch gleich verliebt.
Max und Tim sah man gleich an, dass sie Brüder waren. Sie hatten beide kurze blonde Haare und freche braune Augen. Wäre Max nicht drei Jahre älter als Tim gewesen, hätte man die beiden für Zwillinge halten können. Max kam jetzt nach den Sommerferien schon in die sechste Klasse, Tim in die dritte.
„Wie war denn eure Zugfahrt?“, fragte nun Sibylle.
Flo wollte gerade von dem unheimlichen schwarzen Mann und diesem seltsamen Papier erzählen, als sie von Lara einen leichten Rippenstoß bekam. „Oh, danke, prima. Es hat alles gut geklappt. Und der Schaffner war auch ganz nett“, sagte Lara schnell und wies Flo mit ihren Augen in eine bestimmte Richtung.
Dieser wäre fast das Herz vor Schreck in die Hose gerutscht.
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