GEHEIMNISSE DER NACHT
„Die ganzen Soldaten. Die durchsuchen hier jeden.“
„Ja, das sehe ich auch.“
„Bloß eine Ausrede, um die Frauen zu begrapschen“, gab Stormy zu bedenken. „Wenn die glauben, sie können mit ihren Händen meinen ganzen Körper antatschen, haben die sich aber geschnitten.“
Maxine beobachtete Lou, der nach Stormy Ausschau hielt, und wusste, ihre Freundin hatte die richtige Taktik gewählt. „Ich hab auch keine Lust, mir von denen an den Hintern gehen zu lassen, Stormy.“ Im selben Moment schleuderte ein Soldat einen Feuerwehrmann, der sich anscheinend verweigert hatte, gegen das Wachhaus. Lou sah es und zuckte zusammen.
„Ich habe Angst, Lou. Ich will einfach nur hier weg.“ Maxine sah ihn flehend an.
Lou Malone schürzte nachdenklich die Lippen, und dann, endlich, nickte er. „Es ist ja nicht so, als wäret ihr Kinder eine Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Typen sind etwas übereifrig, glaube ich. Da hinten, seht ihr, ist eine Lücke im Zaun, hinter den Pinien. Seht ihr den höchsten Baum? Genau dahinter. Macht schon, dass ihr hier rauskommt. Ich habe euch nie gesehen.“
„Danke, Lou.“
Besorgt betrachtete er Maxine, und ohne nachzudenken stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Ihr geht sofort nach Hause, Mad Max . Ihr mischt euch nicht mehr bei den Erwachsenen ein, verstanden?“
„Versprochen.“ Dann rannten die drei in die Richtung, die er ihnen gezeigt hatte.
Maxine wartete, bis Jason und Stormy nach Hause gegangen waren. Sie hatte ihnen nichts von dem Mann erzählt, der Beweismittel aus dem Geröll gesammelt hatte, und nichts von ihren ergatterten Trophäen. Sie wollte ihnen nichts erzählen, was sie in Gefahr bringen konnte oder sie zu Mitwissern bei etwas machte, was sich hinterher als Verbrechen herausstellte. Später in derselben Nacht, sehr spät, wischte sie behutsam den Ruß von dem halb geschmolzenen Plastik des Ausweises ab.
Sie fand die Fotografie eines Mannes und die Worte „Frank W. Stiles. Sicherheitslevel: Alpha. DPI.“
Sie wusste, was „Sicherheitslevel: Alpha“ bedeutete. Das hatte sie schon gelernt, als sie versuchte, die Wahrheit über Ufos und die Vertuschungsaktionen der Regierung herauszufinden. Alpha war das Wort, das sie benutzten, um die oberste Sicherheitsstufe bei einigen Agenturen unter der Schirmherrschaft der CIA freizugeben. Aber in all den Jahren ihrer Nachforschungen war sie kein einziges Mal auf einen Hinweis auf eine Agentur oder Operation namens DPI gestoßen.
Jesus, was zum Teufel hatte sie da gefunden?
Sie bebte fast vor Aufregung, als sie den Ruß von der CD-ROM wusch und sie in ihren Computer einlegte. Sie betete, dass die Hitze sie nicht beschädigt hatte.
Hatte sie nicht.
Sie klickte auf den Dateinamen, und ihr Laufwerk begann sich in Bewegung zu setzen. Der Bildschirm wurde schwarz. Vor ihr tauchten rote Buchstaben auf.
STRENG GEHEIME DOKUMENTE
der
DIVISION OF PARANORMAL INVESTIGATIONS
AKTEN D145.9-H376.51
Weiter?
Das letzte Wort blinkte sie fragend an, fast, als wolle es sie herausfordern.
Sie richtete sich auf und klickte auf das Wort. Vor ihr erschien ein Inhaltsverzeichnis. Namen. Einfach nur Namen.
Damien, alias Namtar, Damien, alias Gilgamesh
Daniels, Matthew
Daniella
Dante
Devon, Josephina
Die Liste begann bei D, hörte bei H auf und war offensichtlich alphabetisch geordnet. Einige waren Vor- und Nachnamen, manchmal gab es auch nur einen Namen. Es waren fast hundert Einträge, soweit sie es ohne nachzuzählen sagen konnte. Sie klickte zurück an den Anfang der Liste und begann, hinunterzuscrollen. Dann stieß sie auf einen Namen, der sie sofort innehalten ließ.
Dracul, Vlad (Decknamen siehe Biografie innen.)
„Was zum Teufel?“ Neugierig geworden, klickte sie auf den Namen, und eine Grafik erschien auf dem Schirm. Eine Zeichnung, kein Foto, eines vollkommen modern aussehenden Mannes mit langem schwarzem Haar und ungewöhnlich vollen Lippen.
Der bekannteste seiner Art, geboren in den Karpaten und, nach gegenwärtigem Wissensstand, verwandelt Anfang zwanzig. Gezeugt von einem unbekannten feindlichen Soldaten, wahrscheinlich türkischer Herkunft. Letzte Sichtung Mai 1992, Paris.
„Letzte Sichtung?“ Sie blinzelte auf ihren Bildschirm und versuchte zu verstehen, was sie dort las. „Zweiundneunzig?“
Unter dem Bild mit den stechenden Augen und der blassen Haut gab es weitere Auswahlmöglichkeiten: bekannte Todesopfer, bekannte Anhänger, bekannte
Weitere Kostenlose Bücher