GEHEIMNISSE DER NACHT
warmen Beweisstücke vorsichtig in ihre Tasche steckte, sich umdrehte und dahin zurückrannte, woher sie gekommen war. Sie weigerte sich, sich umzusehen, auch wenn sie hätte schwören können, dass der Blick des entstellten Mannes sich in ihren Rücken bohrte. Sie rannte einfach so schnell sie konnte zurück zu ihren Freunden und ließ sich in der Nähe des Busches, hinter dem sie erwartet wurde, auf die Knie fallen.
„Gott, lieber Gott, du bist wieder da!“ Erleichtert beugte sich Stormy über Maxine und streichelte ihren Rücken. „Alles in Ordnung? Was ist da hinten passiert?“
„Hast du irgendwas gefunden? Was hast du gesehen?“, fragte Jason.
Maxine hob ihren Kopf und sah die beiden an. „Da hinten … da sind … Leichen.“
„Oh, Gott“, flüsterte Stormy und schloss ihre Augen.
Maxine packte Jason am Arm, und er half ihr beim Aufstehen. „Lass uns hier einfach verdammt schnell verschwinden, okay?“, schlug er vor.
Sie nickte. Gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg, mit Maxine in der Mitte, von ihren beiden Freunden fast schützend flankiert. Sie gelangten fast ganz bis ans Tor, als das Geräusch von brummenden Motoren die Nacht erfüllte, und Fahrzeuge die Straße hinaufrasten und in die Auffahrt einbogen. Sie duckten sich hinter die nahen Pinien und beobachteten, wie Lastwagen und Trucks in Tarnfarben, auf denen Scheinwerfer aufgebaut waren, an ihnen vorbeibrausten. Wenigstens eines der Fahrzeuge hatte auch ein Maschinengewehr auf einem Stativ auf der Ladefläche. Bewaffnete Soldaten strömten aus den Lastwagen und verteilten sich auf dem Gelände.
Zehn Fuß vor Maxine stand mit dem Rücken zu ihnen ein Cop, der sich den Aufruhr mit schräg gelegtem Kopf ansah. Ihr Cop , stellte Maxine erleichtert fest.
Jason bemerkte ihn zur gleichen Zeit. „Cop“, flüsterte er und packte Maxine am Arm.
„Schon okay. Das ist Lou Malone.“
Jason runzelte die Stirn.
„Er unterrichtet meinen Selbstverteidigungskurs für Frauen.“
„Du kennst ihn, Jay“, mischte Stormy sich ein. „Er hat immer bei unseren Schulfesten mitgeholfen. Der, in den Max immer so verknallt war.“
„Oh, klar. Der.“ Er sah Maxine an, als wolle er fragen, ob sie es immer noch war, aber sie verdrehte nur die Augen und wendete sich ab.
Jemand sprach durch eine Flüstertüte und erschreckte sie damit so sehr, dass sie ihren Blick von Lous Hinterkopf losriss. „Dies ist ein Regierungsgebäude und somit Sache des Militärs. Alle ansässigen Feuerwehreinheiten haben sofort ihre Aktivitäten einzustellen. Niemand verlässt diesen Ort ohne Freigabe. Stellen Sie sich ordentlich in der Nähe des Eingangs auf, und man wird Sie vom Gelände führen. Das ist alles.“
„Was zum Henker ist hier los, Max?“, flüsterte Stormy und krallte sich in Maxines Arm. „Die haben Waffen.“
„Die werden sie schon nicht benutzen.“ Jason versuchte, selbstsicher zu klingen, was ihm aber komplett misslang. „Ich meine, das sind Soldaten. Die müssen Waffen tragen, oder nicht?“
Sie beobachteten durch ihren Sichtschutz mit Pinienduft hindurch die Lage. Sahen, wie die Soldaten die Feuerwehrleute von ihren Schläuchen zerrten. Einige der Feuerwehrleute gehorchten und bildeten eine krumme Linie am Tor. Diejenigen, die nicht schnell genug waren, wurden durchsucht, wo sie gerade standen, und dann bis ans Tor und nach draußen begleitet. Weitere Soldaten durchsuchten die Feuerwehrwagen und auch die Fahrzeuge an der Straße.
„Ich fasse es ja wohl nicht“, sagte Officer Malone zu sich selbst. „Was zum Teufel soll das alles?“
Maxine fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und trat aus ihrem Versteck. Sie ging zu Lou hinüber und räusperte sich. Er fuhr herum und starrte sie dann erstaunt an. Sie liebte ihn. Das tat sie seit der zehnten Klasse. Und es war egal, dass sein Gesicht hart war und schon voller Falten, oder dass er achtzehn Jahre älter war als sie oder dass er sie für kaum mehr als ein nerviges kleines Kind mit zu viel Fantasie hielt.
„Wenn das nicht Maxine Stuart ist, mein Lieblingsrotschopf“, begrüßte er sie und schüttelte langsam den Kopf. „Warum verdammt noch mal wundert es mich nicht, dich hier zu sehen?“
„Hey, Lou. Ich wollte mir nur das Feuer angucken.“
„Klar.“ Er sah zu ihren Freunden. „Solltet ihr nicht langsam gelernt haben, euch nicht von Maxine in solche Sachen hineinziehen zu lassen?“
Sie zuckten die Schultern und blieben stumm.
„Lou, mir gefällt das nicht“, sagte Maxine.
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