GEHEIMNISSE DER NACHT
Aufenthaltsorte, Biografie.
„Was in Gottes Namen ist das für ein Zeug?“
Sie klickte zurück, wählte einen anderen Namen aus der Liste aus, und fand wieder das Bild der Person, dieses Mal ein echtes Foto mit dem Vermerk „Aufnahme vor Verwandlung“, und eine Kurzbiografie.
Josephina Devon. Geboren in Brooklyn, NY, 1962. Verwandelt im Sommer ihres 30. Lebensjahres, Juni 1992. Erzeuger: R-532 alias Rhiannon. Der Vampir
„Vampir?“
wurde im Dezember desselben Jahres von Forschern der DPI gefangen genommen. Festgehalten im Hauptquartier der DPI in White Plains, NY, USA. In Gefangenschaft verstorben 1995.
Wieder die gleichen Auswahlmöglichkeiten für weitere Informationen, dieses Mal mit einem auffälligen Zusatz: „Durchgeführte Tests & Resultate“.
Das war nicht echt.
Das konnte nicht echt ein.
Als sie auf „Biografie“ klickte, fand sie ein über hundert Seiten langes Dokument mit Details, deren Unglaublichkeit sie schwindelig werden ließ. Als sie die Akte öffnete, die zu den durchgeführten Tests führte, glaubte sie, ihr müsse schlecht werden. Diese Person, diese Frau, war ein Versuchskaninchen gewesen. Für Experimente gefangen gehalten, in genau diesem Gebäude. In ihrer eigenen Stadt.
Aber nein. Das war nicht wirklich geschehen, weil das ja alles nicht real war.
Es gab keine Vampire. Und noch viel weniger eine verdeckte Regierungsagentur, die an ihnen Experimente durchführte.
Und dennoch: Der Beweis lag vor ihr.
Es gab sie.
Was zum Teufel sollte sie jetzt bloß machen?
Am nächsten Tag hatte sie sich immer noch nicht entschieden, als es an der Tür klingelte, sie öffnete und niemanden vorfand. Es lag nur ein großer brauner Briefumschlag auf der Treppe. Ihre Mutter war bereits zur Arbeit gegangen. Meistens verließ sie das Haus, ehe Maxine überhaupt aufgestanden war. Die merkwürdige Lieferung machte die junge Frau neugierig, besonders nach letzter Nacht. Sie sah sich nach beiden Seiten auf der Straße um. Nirgendwo ein Fremder, der sich in die Schatten drückte. Keine verdächtigen Fahrzeuge mit gefärbten Scheiben. Die Nachbarschaft erwachte gerade erst. Menschen öffneten ihre Türen und holten die Morgenzeitung herein.
Maxine nahm den Briefumschlag, betrachtete ihn, drehte ihn um. Nichts. Kein Wort, kein Aufkleber, nicht einmal eine Briefmarke.
Stirnrunzelnd ging sie wieder ins Haus. Die Tür zog sie hinter sich zu und schloss ab. Den Umschlag in der Hand, ging sie zum Küchentisch, riss ihn im Gehen auf und schüttete den Inhalt neben ihre Schale mit Cornflakes. Fotos. Was zum Teufel? Polaroids. Drei Stück. Das war Jason, tief schlummernd in seinem Bett! Sie steckte das Bild hinter die anderen. Das nächste zeigte Stormy, vom Hals aufwärts, in ihrer eigenen Dusche. Maxine fluchte und sah sich das dritte an. Es war eine Aufnahme ihrer Mutter, die gerade in der Garage aus dem Auto stieg, die zu dem Krankenhaus gehörte, in dem sie als Krankenschwester arbeitete.
Das Telefon klingelte, und sie fuhr fast aus der Haut vor Schreck. Maxine ließ die Fotos auf den Tisch fallen und ging ans Telefon.
„Gefallen dir die Fotos, Maxine?“
Die Stimme war ein Flüstern, und eine seltsame Kälte lief ihr den Rücken hinunter. „Wer zum Teufel ist da?“ Maxine langte nach dem Anrufbeantworter auf dem Tisch und presste den Aufzeichnen-Knopf mit ihrem Zeigefinger.
„Die Aufnahmen stammen alle aus den letzten zwölf Stunden.“
„Warum?“ Ihre Hand schloss sich so fest um den Telefonhörer, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Lieber wäre ihr der Hals dieses Hundesohns gewesen. Wie konnte er es wagen? Gott, er war in Jasons Schlafzimmer gewesen. In Stormys Badezimmer. Und in der Tiefgarage, allein mit ihrer Mutter.
„Um dir zu zeigen, wie leicht es mir fällt, alles über dich herauszufinden, und wie schnell und einfach ich an die Leute herankomme, die dir etwas bedeuten. Um auf sie zu schießen. Dieses Mal mit der Kamera, aber …“
„Wenn Sie meiner Familie oder meinen Freunden irgendetwas antun, sind Sie tot. Ist das klar?“
„Das ist eine ziemlich gewagte Drohung von einem Mädchen, das gerade die Highschool hinter sich gelassen hat.“ Er lachte, ein tiefes leises Geräusch, das bald zu einem rasselnden Husten wurde.
Maxine hielt sich den Hörer vom Ohr. Sie starrte mit großen Augen darauf, als es ihr endlich klar wurde. Das war er. Der verkohlte Typ, den sie beim Brand gesehen hatte. Er musste sie also doch bemerkt haben. Er hörte auf zu husten, und sie
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