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Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Lempertz den Schatz. Der Experte erkannte gleich den tatsächlichen Wert des Überraschungsfunds und wurde sofort aktiv. »Der Mann war ganz aufgeregt, rief gleich seine Versicherung an und bestellte einen Lastwagen, um die Bilder zu Lempertz zu schaffen«, berichtet Hank heute. Dort wurde ein Verzeichnis der Werke angelegt, und schon bald sollten sie im Auktionskatalog stehen und versteigert werden.
    Die vornehmlichen Werke der Frühromantik waren von hervorragender Qualität. Kein Wunder, schlummerten sie doch jahrzehntelang in einem dunklen, trockenen Versteck! Die »Ital. Landschaft« von Jakob Philipp Hackert aus dem 1938er-Haberstock-Verkauf sowie die Bilder von Bürkel, Carus, Castell, Frey, Fries, Kunz, von Kobell, Schirmer, Schleich und anderen wurde von dem Lempertz-Experten für »Alte Kunst«, Dr. Paul Wallraf, genauestens inspiziert – und natürlich auch die »Landschaft aus den Pontinischen Sümpfen« Arnold Böcklins von 1851. Doch etwas an diesem Bild machte Wallraf offenbar stutzig: War dies nicht die Art von Rahmen, die Nazi-Größen für ihre Sammlungen benutzt hatten? Wallraf bat den Böcklin-Experten eines Düsseldorfer Museums um Rat. Und tatsächlich: Dr. Rolf Andree, der 1977 ein Werkverzeichnis des Künstlers veröffentlicht hatte, bestätigte, dass es sich um ein Bild aus einer als verschollen geltenden Sammlung eines Ministers von Hitler handelte: Albert Speer.
    Das Kunst- und Auktionshaus Lempertz sagte die geplante Versteigerung kurzerhand ab, nahm um die Jahreswende 1978/79 Kontakt zu Albert Speer auf, und informierte ihn vom überraschenden Auftauchen »seiner« Bilder. Für diesen muss die Nachricht ein Schock gewesen sein, denn einerseits war nun zwar seine Kriegsbeute wieder aufgetaucht – eine potenziell hochwertige Einnahmequelle –, aber zugleich barg sie auch das Potenzial einer unangenehmen öffentlichen Diskussion. Wie würde es wohl wirken, wenn er nach all den Jahren wieder eine versteckte Kunstsammlung als Kriegsbeute zurückbekäme? Und womöglich aus jüdischem Besitz? Bei Speer schrillten offenbar sämtliche Alarmglocken. Hatte er in den zwölf Jahren seit seiner Haftentlassung nicht erfolgreich um die Wiederherstellung seines Rufs gekämpft – mit allen Mitteln? War es ihm nicht gelungen, sowohl die deutsche als auch die internationale Öffentlichkeit vom eigenen Mythos des »guten Nazis« zu überzeugen? Und nun sollte all das Verheimlichen und Verschleiern, das Betrügen und Lügen, das Tricksen und Täuschen umsonst gewesen sein wegen ein paar wieder aufgetauchter Gemälde aus einem Lagerhaus in Mexiko?
    Schon bald meldete sich der Kölner Anwalt Dr. Walter Oppenhoff im Auftrag Speers beim Frank-Nachlassverwalter Günter Hank in Königswinter: Der »Herr Minister« wolle Publizität vermeiden und sei stark an einer baldigen, diskreten Lösung interessiert. Am 4. Februar 1979 machte sich in Köln eine illustre Reisegruppe mit dem Zug auf den Weg nach Heidelberg zu Albert Speer: neben den Anwälten Dr. Walter Oppenhoff und Günter Hank noch Professor Karl Maria Hettlage, Speers einstiger Büroleiter im Ministerium, Lempertz-Experte Dr. Reiner Schütte sowie der erst 29-jährige Henrik Hanstein, der die Geschäfte des Auktionshauses Lempertz führte. Das Quintett besuchte Albert Speer im Krankenhaus, um bezüglich des lästigen, aber für alle Parteien lukrativen Bilder-Geheimnisses eine Einigung zu erzielen. Günter Hank zeigt sich heute noch beeindruckt bis eingeschüchtert von dem Besuch, denn »alle sprachen Speer mit ›Herr Minister‹ an – und das war er ja auch. Das war kein Mann, das war ein Herr.« Das jahrzehntelange Zerren um die Bilder zwischen den Franks und Albert Speer wurde nun von den beiden Anwälten Günter Hank und Walter Oppenhoff weitergeführt. Beide Parteien waren an einer schnellen Lösung ohne Aufsehen interessiert.
    Speer konnte nicht nachweisen, dass die Bilder tatsächlich »sauber« waren. Und ich konnte nicht nachweisen, dass die Franks die Bilder rechtmäßig besessen haben. Dann haben wir beschlossen, dass die Bilder bewertet wurden von Lempertz, Strich drunter, halbe-halbe. Die Hälfte kriegt der Speer zurück und die andere Hälfte bleibt bei Frank, mit einer Maßgabe: Der Speer darf sich von den taxierten Bildern zunächst immer eines aussuchen, damit er immer der Erste ist, der drankommt.
    Günter Hank, Nachlassverwalter der Familie Frank
    Der Kriegsminister macht späte Kasse
    Im Mai 1981 fand im traditionsreichen Kunsthaus

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