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Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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war seine Idee. Er hat den Leuten Arbeit gegeben, als wir in einer tiefen wirtschaftlichen Krise steckten. Sie müssen bedenken, Napoleon war einer der meistgehassten Menschen seiner Zeit, aber jetzt ist er ein Nationalheld – und ich glaube, das gleiche wird eines Tages mit meinem Bruder geschehen.«
    Jasper C. Boone, US-Presseoffizier, über sein Interview mit Paula Hitler

    Was Paula gegenüber dem Amerikaner damals verschwieg, wurde erst vor Kurzem bekannt: wie eng sie selbst mit den Verbrechen ihres Bruders während der Nazi-Zeit in Berührung gekommen war.

»Eindruck wirklich ärmlicher Verhältnisse«: das von Schlösser verfasste Protokoll des Besuchs bei Paula Hitler im März 1959.
    Verlag Florian Beierl, Berchtesgaden

Die »Schattenschwester«
    Im Sommer 1939 hatte Paula ein großzügiges, malerisch gelegenes Haus in der niederösterreichischen Stadt Weiten bezogen, rund 100 Kilometer von Wien entfernt. Das Anwesen mit großem Garten war ein Geschenk ihres Bruders gewesen, nachdem sie zuvor eine Villa am Stadtrand von Wien abgelehnt hatte, die von einer jüdischen Familie beschlagnahmt worden war. Allerdings war der Grund für Paulas Ablehnung keineswegs der Tatsache geschuldet, dass das Haus von Juden geraubt worden war, sondern vielmehr, dass der für die Villa zuständige Verwalter, ein SS-Offizier, das Haus völlig vernachlässigt und heruntergewirtschaftet hatte. Als Paula ihrem Bruder davon erzählte, war dieser angeblich sehr aufgebracht und nahm sich der Sache persönlich an. Von dem SS-Offizier habe man danach, wie sich Paula ausdrückte, »nie wieder etwas gehört«.

    Das repräsentative Haus in Weiten, das Paula 1939 mithilfe ihres Bruders beziehen konnte.
    Loopfilm, München
    In der Abgeschiedenheit der Kleinstadt Weiten konnte Paula dank ihres Bruders ein sorgenfreies Leben genießen. Aufgrund der monatlichen Zahlungen, die ihr Hitler zukommen ließ, brauchte sie nicht zu arbeiten. Doch obwohl Hitlers Schwester sich inkognito wähnte und ihr Pseudonym Wolf benutzte, hatte sich unter der Bevölkerung bald herumgesprochen, wer sie in Wirklichkeit war. Und auch, dass sich die Schwester des »Führers« mit dem Arzt Erwin Jekelius verlobt hatte, blieb nicht lange verborgen. Unter den Nachbarn kursierten unerhörte Gerüchte über den Verlobten: nämlich dass der Mediziner Menschen beseitigte, die behindert waren.

    Die Verlobung mit dem Euthanasie-Arzt Erwin Jekelius musste Paula Hitler nach der Intervention ihres Bruders lösen.
    Bundesarchiv Berlin (R 9347)
    Heute weiß man, dass der Verlobte von Paula Hitler tatsächlich an zentraler Stelle an der planmäßigen Ermordung geistig behinderter Menschen beteiligt war. Dr. Erwin Jekelius war Chefarzt der psychiatrischen Klinik »Am Steinhof« in Wien – derselben Klinik, in der auch Hitlers Großcousine Aloisia Veit neun Jahre lang eingesperrt war. Als Gutachter der sogenannten »Aktion T4«, wie die Tarnbezeichnung der Nazis für den Mord an behinderten Menschen lautete, bearbeitete der Arzt die Meldebögen der Patienten und entschied aufgrund der Aktenlage, wer als »Euthanasiefall« in die NS-Tötungsanstalten geschickt und vergast wurde. Doch der Arzt war kein Mitläufer, der notgedrungen Befehlen gehorchte, sondern ein Überzeugungstäter, der mithalf, den von Hitler angeordneten Mord auch auf eine gesetzliche Basis zu stellen. Gemeinsam mit anderen Medizinern erarbeitete Jekelius den Entwurf für ein Euthanasiegesetz, das »Gesetz über Sterbehilfe bei unheilbar Kranken«, das im Oktober 1940 verabschiedet wurde, allerdings keine Rechtsgültigkeit mehr erlangte.
    Ob Dr. Jekelius auch für den Tod von Hitlers Großcousine Aloisia Veit verantwortlich war, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Auch nicht, ob Adolf Hitler oder seine Geschwister das Schicksal ihrer Großcousine kannten. Fest steht allerdings, dass Paula Hitler genau wusste, welches Schicksal geistig behinderte Menschen im Reich ihres Bruders zu erwarten hatten. Und ihr war auch bekannt, welche Rolle ihr Verlobter dabei spielte. Hatte sie den Arzt doch überhaupt erst kennengelernt, als sie – mit Erfolg – versuchte, den Abtransport einer Bekannten in die Gaskammer der NS-Tötungsanstalt Hartheim zu verhindern. Paula wollte den Arzt trotzdem heiraten und bat ihren Bruder um Erlaubnis. Doch als Hitler erfuhr, wer Dr. Jekelius war und was er »beruflich« machte, reagierte der Diktator hysterisch. Nur er bestimmte, wer sich der Familie nähern durfte. Er

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