Geheimnisse des Himmels
Trümmer vollkommen unüberwindbar waren. Es sah aus, als wäre ein Tunnel eingestürzt, als habe massiger Schutt unzählige Menschen erschlagen. Wasser tropfte aus kaputten Rohren herab, elektrische Kabel sausten durch die Luft wie sich windende Schlangen, das Mobiliar des Stockwerkes, dessen Boden nicht mehr war, prasselte zusammen mit schweren Eisenstangen und Steinblöcken herunter, ein einziger Schwall tödlichen Regens. Kaithlyns Kopf schmerzte vom Aufprall, ihre Augen tränten, ihre Lunge brannte, in ihren Ohren dröhnte ein Gemisch aus panischen und verängstigten Stimmen. Was war geschehen?
Kaithlyn war wie betäubt. Einzig der Schmerz, den Rose´ Finger in ihrem Arm verursachten, weil sie sich immer fester an sie krallte, ließ Kaithlyn nicht auf der Stelle zusammenbrechen. Das hier war real. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren.
Harlow warf sich mit voller Wucht gegen Kaithlyn die Rose bei ihrem Sturz mitriss. Zusammen schlitterten sie einige Meter über den Boden und kamen zum Stillstand. Kaithlyn drehte den Kopf, um zu fragen, was in ihr Kianki gefahren sei, als ein Stück Beton, so groß wie ein Pferd, die Stelle zertrümmerte, an der die beiden Mädchen so eben noch gestanden hatten. Harlow sah sie mit grimmiger Entschlossenheit in den grünen Augen an. Kaithlyns Lippen formten einen stummen Dank. Nachdem Kaithlyn sich zum zweiten Mal aufgerappelt hatte sah sie die vermeidliche Ursache der Explosion. Die meisten Fenster waren völlig zerstört, klaffende Löcher aus Glassplittern gaben die Sicht auf den Nachthimmel frei. Kaithlyn traute ihren Augen kaum. Etwas flog in der Luft. Es sah aus wie ein weißer Schwarm riesiger Vögel. Nein, keine Vögel…am Himmel schwebten hunderte von weißen Frauen. Jede von ihnen hatte bleiche Haut, Meter langes, struppiges schneeweißes Haar und glutrote funkelnde Augen. Sie strahlten durch die Dunkelheit wie die gebündelten Lichtstrahlen hunderter Leuchttürme. Sie schrien. Ihre Schreie waren schrill, spitz und ohrenbetäubend. Sie schwebten mühelos in der Luft, getragen wie von unsichtbaren Fäden. Wie Falken, die ihre Beute gesichtet hatten, stürzten sich die weißen Frauen einzeln oder zu mehren hinunter ins Getümmel und griffen wahllos die Menschen dort unten an. Nur eine von ihnen hob sich unter all den weißen Frauen ab. Ihre Anführerin hatte flammendes rotes Haar und Schmetterlings ähnliche bunte Flügel. Sie flog höher in der Luft und gab Befehle.
„BANSHEES!“, schrie Rose.
„Das sind Todesfeen!“
Kaithlyn und Rose starrten entsetzt und wie gebannt zum Himmel. Ein heftiger Kampf war entbrannt. Mitglieder der Drachenclan Familien schleuderten Feuer oder andere Zauber auf die Banshees und lieferten sich hitzige Gefechte mit ihnen. Die Luft war erfüllt von Blitzen, kleinen Explosionen und einem bunten Farbengewirr.
Kaine war nur wenige Meter von ihnen entfernt und stach einer der Todesfeen gnadenlos durchs Herz. Mit einem qualvollen Schrei starb die Banshee. Ihr Blut ergoss sich über den marmornen Boden und färbe Kaines Klinge purpurrot.
„Kaine! Hinter dir!“, schrie Kaithlyn. Kaine war von mehreren Banshees umkreist. Durch ihren Schrei war Kaine für einen Moment unaufmerksam und eine der Todesfeen schnitt ihm mit ihren spitzen langen Krallen tief in den Rücken. Er zuckte kurz zusammen, dann durchschnitt er mit einer schnellen Bewegung seines Schwertes die Kehle der weißen Frau. Rose schlug sich die Hände vors Gesicht und keuchte vor Entsetzen. Doch Kaine kämpfte weiter. Den anderen Banshees erging es wie ihrer Vorgängerin. Kaine tötete eine nach der anderen. Er war überall mit Blut befleckt. Keuchend sank er auf die Knie, versuchte mit den Augen auszumachen, wo sein Schwert am nötigsten gebraucht wurde und erblickte dabei Kaithlyn. Für einen Moment hing ein unausgesprochener Fluch zwischen ihnen in der Luft. Du hast mich abgelenkt! Er brauchte es nicht auszusprechen. Noch ehe er Kaithlyn erreichte drängte eine weitere Banshee sich zwischen sie. Rose´ nächster Schrei ließ Kaithlyn herumfahren. Acht, nein neun oder zehn von den weißen Frauen starrten sie mit ihren boshaften glutroten Augen an.
„Sie gehören mir!“, zischte eine Banshee mit rundem Gesicht. Die anderen lachten. Kaithlyn lief es eiskalt den Rücken herunter. Die rundgesichtige hob ihre Hände zum Angriff. Die spitzen Krallen ihrer langen, knochigen Finger blitzen gefährlich.
„LAUF!“, schrie Kaithlyn panisch und zog Rose hinter sich her, doch eine
Weitere Kostenlose Bücher