Geheimnisse des Himmels
flimmerten durch die Luft, als ihr Schutzwall brach.
„ Kanreiuhyo !“, schrie Melora laut und vollführte einige aufeinanderfolgende Handbewegungen. Noch ehe die Splitter der Eiskuppel den Boden berührten stoben sie in alle Richtungen und trafen einige der umher fliegenden Banshees, die verletzt zu Boden fielen. Einige blieben regungslos, andere wanden sich zuckend, besiegten den Schmerz und kehrten sekundenschnell an ihre Positionen zurück. Doch Melora hatte es geschafft, ihren Kreis zu verkleinern. Lücken. Es hatten sich Lücken aufgetan. Sie hatten wieder eine Chance.
„So viele“, murmelte Melora erschöpft.
Zehn Meter von ihnen entfernt schlug sich der zehnjährige Liam Crossdale mit gleich drei von den Todesfeen herum. Immer wieder schoss er kleine Feuerkugeln auf sie ab und verfehlte die Banshees dabei nur um Millimeter. Sie lachten ihn vergnügt aus.
„Der Junge ist nicht schlecht“, lachte eine mit besonders schriller Stimme und stieß ihm eine ihrer langen Krallen in die linke Schulter. Liam schrie auf und fiel rücklings zu Boden. Der nächste Stich würde sein Herz treffen. Kaithlyns nächste Reaktion ging in einem Nebel aus Adrenalin unter, später erinnerte sie sich nicht einmal daran, wie sie es geschafft hatte aus dem Kreis zu entkommen. Auf halben Weg zu Liam hob sie mechanisch eine verbogene Eisenstange vom Boden, kletterte über den Schutt und erreichte ihn keine Sekunde zu spät. Mit aller Kraft schlug sie so fest sie konnte gegen den Kopf der Banshee, die gerade zum Todesstoß ausgeholt hatte und dafür gelandet war. Mit einem dumpfen Schlag fiel die Frau zu Boden. Die anderen zwei schrien wütend auf. Kaithlyn verbot sich nachzudenken, zu zögern oder der Übelkeit nachzugeben, die sie erfasste, weil ihre Tat so grausam gewesen war; purer Überlebensinstinkt. Wie in Trance riss sie Liam hoch, zog ihn mit aller Kraft zurück zu den anderen. Melora verwandelte zwei Todesfeen in Eisblöcke. Sie zerschnellten auf dem Marmor in tausend Bruchstücke. Die zwei Banshees die es auf Liam abgesehen hatten schlossen zu der Gruppe auf, die Melora in Schach hielt. Sie waren wieder eingeschlossen. Melora war am ende ihrer Kräfte. Sie fiel auf die Knie und versuchte unter größter Anstrengung wieder aufzustehen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Kaithlyns Herz explodierte fast und das Blut rauschte so schnell durch ihren Körper, das ihre Ohren ganz taub wurden. Sie fühlte sich hilflos und ausgeliefert.
Liam sank neben Rose. Harlow rauschte an Kaithlyns Seite. Mit einem geschmeidigen Sprung landete sie auf Kaithlyns Schulter. Kaithlyn taumelte, überrascht durch das zusätzliche Gewicht. Verwirrt sand sie Harlow eine Botschaft durch ihr Band. Was soll das?
„Kaithlyn, wir müssen helfen“, flüsterte sie aufgeregt.
„Wie?“, fragte Kaithlyn rasch.
„Ich weiß es“, sagte Harlow ernst. Ein Gefühl, wie ein warmes Prickeln, durchströmte Harlows Geist und floss direkt in Kaithlyns hinein. Es machte sie benommen, doch durch den Nebel aus Aufregung und Erregung, drang noch etwas anderes: Gewissheit. Dieses Gefühl verlieh ihr eine Stärke, von der sie geglaubt hatte sie niemals wieder zu empfinden. Ob das die Magie eines Kiankis war? Harlows besondere Fähigkeit?
„Du musst mir helfen.“
„Was soll ich tun?“, fragte Kaithlyn. Ihr war jedes Mittel recht, um den anderen zu helfen. Kianki und Meister sahen sich eindringlich an. Leichtigkeit fegte durch Kaithlyns Gedanken und beseitigte jeden Zweifel. Sie wusste, was zu tun war, weil Harlow sie leitete. Das Band. Es war mehr als nur ein Gedankenband. Kaithlyns Muskeln entspannten sich. Ihr Herz schlug einen regelmäßigen Takt, im Einklang mit Harlows. Sie konnte das kleine Flattern des Herzen, des Kiankis tatsächlich wahrnehmen! Irgendwo in ihrem Hinterkopf hörte sie das dumpfe Pochen von Harlows Pulsschlag. Konzentration . Stimmen verstummten, das Lachen der Banshees erstarb, Kampfgeräusche erloschen. Einzig und allein der Klang ihrer beider Herzen war noch zu vernehmen. Ein Chor aus Einverständnis und Ruhe. Konzentration . Kaithlyn schloss die Augen. Sie spürte, wie Harlow die Beine durchstreckte, ihre Pfoten sich sanft gegen ihre Haut drückten, als wäre sie bereit zum Absprung. Jetzt! Kaithlyn schlug die Lieder auf. Hilf, Harlow. HILF HARLOW. Der Gedanke brannte in ihrem Geist. Plötzlich fühlte es sich so an, als ob ihr etwas aus dem Körper gesogen wurde. All die Stärke und Kraft, die ihr Geist und Körper durch
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