Geheimnisse des Himmels
Sie war schlicht weg neugierig; auf eine aufdringliche Weise, die Kaithlyn Unbehagen bereitete. Sie behielt recht.
„Wo warst du?“
Melora sah sie ernst an. Fye und sie saßen am Tisch. Sie schienen schon gegessen zu haben, denn vor ihnen stand benutztes Geschirr.
„Warum willst du das wissen?“, konterte Kaithlyn mit einer Gegenfrage. Wenn Kaine beschlossen hatte, das es sicher für sie sei alleine herumzulaufen, konnte Melora dagegen keine Einwände erheben. Es war Kaines Aufgabe auf sie auszupassen. Kaithlyn konnte sehen wie die Zahnräder in Meloras Kopf sich zu drehen begannen.
„Ich dachte nur, dass…du bist vollkommen hysterisch aus dem Raum gestürzt“, sagte Melora lahm. Kaithlyn zuckte mit den Schultern.
„Ich hatte eine Frage“, sagte sie schließlich. Sollte Melora sich doch ihren hübschen Kopf zerbrechen.
„Was für eine Frage?“, entgegnete Melora direkt.
„Vielleicht kann ich…“
„Nein“, meinte Kaithlyn.
„Ich denke nicht.“
Meloras Augenbrauen zogen sich zusammen. Ihre Unausgeglichenheit reizte Kaithlyns Nerven bereits jetzt. Sie war wie eine Zeitbombe, die aus unerfindlichen Gründen irgendwann hochzugehen drohte.
„Wie du meinst“, fuhr Melora Kaithlyn schroff an. Mit einem bitteren Blick erhob sie sich und peilte die Tür ganz links an.
„Na dann, gute Nacht.“
Kaithlyn ließ sich auf einen der Stühle nieder. Sie nahm sich eine Tasse, goss sich Tee ein und trank einen Schluck. Dieser Tee schmeckte um einiges besser als der von Albert. Er wärmte sie von innen heraus und verschaffte ihr das Gefühl von Behaglichkeit. Sie seufzte resigniert und musterte mit den Augen die Auswahl an Essen, die vor ihr ausgebreitet stand.
„Was ist mit deiner Hand passiert?“, sagte Fye. Kaithlyn blickte auf. Sie hatte seine Anwesenheit fast vergessen, so still, wie er sich verhalten hatte. Sie hörte ihn nicht einmal atmen. Ob, das so ein Magier Ding war? Lautloses Anschleichen und eine Präsenz, kaum wahrnehmbar, fast wie die eines Geistes.
„Geschnitten“, sagte sie leise.
„Soll ich es heilen?“, fragte Fye. Kaithlyn setzte ihre Tasse ab, um ihre Finger schnell zu verbergen. Sie wollte nicht, dass Fye ihr noch einmal zu nahe kam.
„Nein, danke.“
Stille Wasser sind tief, dachte sie. Zudem wäre es töricht, Fremden sofort blindes Vertrauen zu schenken. Am Besten hielt sie die anderen zunächst auf höflichen Abstand. Es gab aber auch noch einen weiteren Grund für ihre Unsicherheit und dieser Gedanke drang augenblicklich an die Oberfläche. Sie wusste nicht, wie man Freundschaften schloss. Höflichkeit, Respekt oder Freundlichkeit waren elementare Dinge, die ihre Tante ihr anerzogen hatte, aber Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen war ein schwieriges Unterfangen…
„Es wäre wirklich kein Problem…“, bot er wiederholt seine Hilfe an.
„Ist es denn mit Magie nicht wie mit Medikamenten? Man sollte so etwas nicht bei jeder Kleinigkeit anwenden…außerdem, verbrauchst du dadurch nicht deine, ähm, Reserven?“, antwortete sie, ohne zu wissen, ob ihre Vermutungen stimmten.
Fyes Mundwinkel zuckten leicht.
„Das kling durchaus clever“, sagte er leichthin.
„Es ist jedoch sehr viel leichter kleinere Wunden zu heilen, als schwerwiegendere Verletzungen. Ich bin auf diesem Gebiet kein Experte. Richtige Heiler, die ihre Whyburnmagie darauf konzentrieren, arbeiten Jahre lang an ihren Künsten.“
Whyburnmagie? Kaithlyns Blick glitt flüchtig zu Meloras Tür. Diese Art von Magie hatte sie ebenfalls erwähnt. Es gab aber auch noch eine andere Magie…wie war der Begriff noch gleich? Was war der Unterschied?
„Du wirst es schon noch verstehen.“
Kaithlyns Augen fixierten Fye. Er schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich kann deine Gedanken nicht lesen.“
Er lächelte. Kaithlyn spürte, wie diese Geste ihr Hitze durch den Körper jagte. Es lag nicht daran, das sie sich zu ihm hingezogen fühlte, sondern, weil seine Augen so unnachgiebig kalt dabei aussahen. So verloren. Das schärfte ihre Sinne. Jeder hat ein Geheimnis, hatte ihre Tante einmal gesagt. Kaithlyn begriff, dass es stimmte.
„Woher kannst du das eigentlich? Heilen?“, fragte sie.
„Das ist ganz einfach, ich habe es gelernt.“
Kaithlyn sah zu dem Raben auf seiner Schulter.
„Lernt man so was auf der Deity Akademie?“
Ihr fiel spontan kein anderer Ort ein, an dem es Klassen gab, die in Magie unterrichtet wurden.
„Auf der Akademie lernt man so einiges“, sagte Fye und strich dem Raben
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