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Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Titel: Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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diesem deutsch-britischen Netzwerk war der anglophile Sohn seines alten Lehrers Karl Haushofer, Albrecht. Zwischen 1934 und 1938 reiste Haushofer jun. mehr als ein dutzendmal im Auftrag von Heß nach Großbritannien und übernahm für den Stellvertreter weitere diplomatische Aufträge in geheimer Mission. Der Gelehrte wiederum fühlte sich Heß verbunden, da der »StdF« seine schützende Hand über die »jüdisch versippte« Familie Haushofer hielt. Der »Vierteljude« Albrecht Haushofer kam auf diese Weise zu einer Dozentenstelle an der Berliner Hochschule für Politik und wurde gleichzeitig als außenpolitischer Berater in den offiziellen Parteiapparat eingebunden. Trotzdem bewahrte er sich stets die kritische Distanz zum Regime, die ihn später in die Widerstandszirkel im Umfeld des Kreisauer Kreises führte und ihn letztendlich das Leben kostete: Wenige Tage nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und kurz vor Kriegsende von der SS ermordet.

    Der Heß-Vertraute Albrecht Haushofer (links),
hier 1935 im Gespräch mit dem schwedischen
Forscher Sven Hedin.
    Ullstein Bild, Berlin (N.N.)
    Zu Albrecht Haushofers Gesprächspartnern im Großbritannien der 1930er-Jahre gehörten wichtige Vertreter der Appeasement-Fraktion in der britischen Politik. Besonders enge Kontakte knüpfte er zu Douglas Douglas-Hamilton, einem exzentrischen schottischen Adligen. Die Liste von Hamiltons königlichen Orden und Ehrentiteln war ebenso lang wie sein Privatleben schillernd: Unter anderem hatte er als schottischer Amateurboxmeister reüssiert und war 1933 als erster Mensch in einem Flugzeug über den Mount Everest geflogen. Über einen seiner Brüder konnte er auf verwandtschaftliche Beziehungen zu König George VI. verweisen. Er selbst saß jahrelang als konservativer Abgeordneter im Unterhaus. Es gibt Hinweise darauf, dass Heß und Hamilton sich bei einem Empfang während der Olympischen Spiele in Berlin 1936 sogar einmal persönlich getroffen haben. Doch zumeist liefen die Kontakte über Haushofer, der auf Hamiltons schottischem Landsitz Dungavel bald ein- und ausging. Zwischen beiden Männern bestand ein enges Vertrauensverhältnis, was Hamilton jedoch nicht hinderte, vertrauliche Informationen Haushofers an den Geheimdienst Seiner Majestät weiterzuleiten. Mit Kriegsbeginn 1939 brachen die offiziellen Kontakte zwischen den beiden Männern, die jetzt verfeindeten Nationen angehörten, dann naturgemäß ab.

    Douglas Douglas-Hamilton vor seiner Flugexpedition
über den Mount Everest, Februar 1933.
    Getty Images, München (Hulton Archive/Topical Press Agency)
    Friedensfühler nach Großbritannien
    Als Reaktion auf das scharfe »No« aus London auf die deutschen Friedensangebote und den Beginn des strategischen Luftkriegs durch die Briten hatte sich Hitler nun dazu entschlossen, das widerspenstige Inselreich vermittels Demonstration eigener militärischer Stärke »friedensbereit« zu bomben. Gleichzeitig trieb der Kriegsherr nun die Vorbereitungen für sein eigentliches Lebensziel voran: den Krieg gegen die Sowjetunion, die Eroberung von »Lebensraum« im Osten und die Ausrottung des »jüdischen Bolschewismus«. Hitler wollte den Angriff wagen – und zwar unabhängig davon, ob Großbritannien zuvor als Kriegsgegner ausgeschaltet war.
    Im Laufe des Jahres 1940 hat es sich verdichtet, dass das Unternehmen Barbarossa stattfinden würde, so dass die Notwendigkeit auch wuchs, einen Separatfrieden mit England zu schließen, um den Rücken frei zu bekommen für den Krieg gegen Russland.
    Manfred Görtemaker, Historiker und Heß-Biograf
    Als Heß Anfang August 1940 vom »Führer« persönlich über diesen Entschluss in Kenntnis gesetzt wurde, schrillten bei ihm alle Alarmglocken. Schon am folgenden Tag beriet er sich mit Albrecht Haushofer. Was genau besprochen wurde, ist nicht bekannt; als sicher kann jedoch gelten, dass spätestens jetzt in Heß der Gedanke reifte, seinem »Führer« durch eine wie auch immer geartete persönliche Initiative den so schmerzlich vermissten Frieden mit den Briten zu bringen. Die Zeit drängte: Mit jedem Tag, an dem im Zuge der Luftschlacht um England Kirchen, Schulen und Wohnhäuser in Schutt und Asche gelegt wurden und zahlreiche zivile Opfer zu beklagen waren, würde die Friedensbereitschaft in Großbritannien abnehmen. Und je näher der Angriffstermin im Osten rückte, desto deutlicher stand Heß das alte Schreckgespenst des Zweifrontenkriegs vor Augen.
    Geradezu als ein Wink des Schicksals

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