Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
auch verkriechen.
»Völkischer Beobachter«, 31. März 1945
Aus heutiger Sicht erscheint der Mordanschlag auf den ruchlosen Reinhard Heydrich als eine Tat, deren Gründe und Ausführung nachvollziehbar sind: Tschechoslowakische Soldaten töteten im Auftrag ihrer Exilregierung einen Besatzer und Feind des tschechoslowakischen Volkes. Die Erschießung des pragmatischen Franz Oppenhoff dagegen hat eine verbrecherische Dimension. Das Landgericht Aachen stellte 1949 fest, dass Oppenhoffs Handeln kein »Landesverrat« war. Das angebliche Todesurteil, das Himmler vollstrecken ließ, entbehrte, so die Richter, »jeder tatsächlichen und rechtlichen Grundlage«. Als »militärische Handlung« indes könne die Tötungsaktion des Kommandos ebenfalls nicht betrachtet werden, denn Oppenhoff konnte völkerrechtlich nicht als »Feind« behandelt werden, da er sich nicht der »bewaffneten Macht der Gegner angeschlossen« habe, so die Richter. Sein Einsatz habe ausschließlich der Fürsorge für seine Mitbürger gegolten, auch wenn er »mittelbar« im Interesse des Besatzungsmacht gehandelt habe.
Plakate und Flugblätter forderten die Aachener nach dem Mord an Oppenhoff auf, dem Toten die letzte Ehre zu erweisen.
Wikipedia (Aushang der Stadtverwaltung Aachen)
Der Fall Oppenhoff hatte 1949 ein gerichtliches Nachspiel. SS -Untersturmführer Wenzel, einer der unmittelbar Beteiligten, entkam zwar den Alliierten und ließ sich nach dem Krieg in Südamerika nieder. Den anderen Kommandomitgliedern wurde jedoch in Aachen der Prozess gemacht. Alle beriefen sich darauf, nur Befehle ausgeführt zu haben. Gutenberger, der den Einsatz konkret geplant hatte, wurde wegen Beihilfe zu Totschlag und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt, erhielt am Ende aber nur eine geringe Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Hennemann und Heidorn wurden wegen Beihilfe zum Totschlag ebenfalls mit kurzen Haftstrafen belegt. Die BDM -Führerin wurde freigesprochen, der HJ -Führer nur als Zeuge gehört.
Alle sind ohne ihr Zutun mit der Aufgabe betraut worden. […] In bewusster und geschickter Verbindung von Befehl und Lüge wurde in ihnen die Vorstellung erweckt, dem Vaterland werde ein Dienst erwiesen durch die Beseitigung eines Landesverräters.
Anklageschrift, Landgericht Aachen 1949
Jenseits aller Milde, mit der deutsche Gerichte in den ersten Nachkriegsjahren NS -Tätern begegneten, zeigt dieser Fall, dass sich die Juristen schwertaten, das Handeln jener zu beurteilen, die ihr Staat zu einer »tödlichen Mission« entsandt hatte. Im Zweiten Weltkrieg und danach schickten jedoch auch demokratisch verfasste Nationen Schattenkrieger in gefährliche Einsätze. Einige davon zielten darauf ab, als gefährlich eingestufte Gegner durch tödliche Gewalt auszuschalten. Demokratische Rechtsstaaten sind sich zumindest bewusst, dass sich moralische Fragen stellen, wenn man Spezialkräfte in Kommandounternehmen agieren lässt, bei denen Menschen getötet werden. Die Diskussion dieser Fragen allerdings ist bislang noch nicht mit aller Ernsthaftigkeit und Konsequenz geführt worden – eine Aufgabe, deren Erfüllung noch aussteht.
BPK, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
Krankenakte Hitler
I ch war nie krank. Es gibt darüber nichts aufzunotieren.« Mit diesen Worten machte Adolf Hitler den Versuch von Dr. Theodor Morell zunichte, als dieser am 31. März 1945 um die Erlaubnis bat, die Krankengeschichte seines Patienten aufzuschreiben. Tatsächlich war Hitler zu diesem Zeitpunkt ein körperliches Wrack. Zeitzeugen der letzten Tage, wie der Kampfkommandant von Berlin, General Helmuth Weidling, hatten den Eindruck, dass der Mann am Ende war. Sein linker Arm und das linke Bein zitterten unkontrolliert. Die rechte Hand war so kraftlos, dass Hitler nur noch mit Mühe Dokumente unterzeichnen konnte. Die Wirbelsäule war gekrümmt, sein Gesicht wirkte maskenhaft, und die Stimme, mit der er sein Volk betört hatte , war zu einem stockenden Flüstern geworden. Doch wie ernst stand es wirklich um ihn?
Die Frage nach der Natur der Hitler’schen Krankheit bleibt unauflösbar.
Joachim Fest, Hitler-Biograf
Die Schlüsselfigur bei der Frage nach Hitlers Gesundheit ist sein Leibarzt Dr. Theodor Morell. Bis kurz vor Hitlers Ende im Bunker der Berliner Reichskanzlei war Morell fast neun Jahre an seiner Seite gewesen, immer bereit, seinem »Führer« mit Mittelchen aus seiner Apotheke aufzuhelfen. Ohne sein »Doktorchen« konnte sich Hitler ein
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