Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
SS -Obergruppenführer Karl Gutenberger, im Westen Deutschlands eine Untergrundorganisation aufzubauen. Sogenannte »Werwölfe« sollten Sabotage und Terrorakte in den vom Feind besetzten Gebieten durchführen. 300 potenzielle Kandidaten für Werwolf-Aktionen wurden nun in den Gauen Düsseldorf, Köln-Aachen und Essen rekrutiert; angeblich waren darunter viele Bergleute, die bisher nicht zum Militär eingerückt waren. Sie wurden nun in die Waffen- SS eingezogen und auf dem Schloss Hülchrath bei Grevenbroich im Umgang mit Sprengstoff und Waffen ausgebildet.
»Verräter zum Tode verurteilt«: Unter der Ägide des Reichsführers-SS Himmler wurde ab Herbst 1944 die »Werwolf«-Untergrundbewegung aufgebaut.
Ullstein Bild, Berlin (N.N.)
Doch die Strukturen für eine solche Guerilla-Armee waren noch unzureichend. Vorrangig ging es Himmler darum, den abtrünnigen Bürgermeister von Aachen schnell ermorden zu lassen. Schnell ging indes gar nichts in jenen Monaten. Weder gab es ausreichende Informationen aus dem besetzten Aachen, noch ließ die Kriegslage zu, den Mordanschlag rasch in Szene zu setzen. Denn Ende Dezember 1944 nahm die Offensive in den Ardennen die gesamte Aufmerksamkeit der deutschen Führung in Anspruch. Als die Schlacht in den Ardennen Mitte Januar endgültig für die Deutschen verloren war, wandte man sich wieder dem Thema »Aachen« zu – noch immer war der Name Oppenhoff der SS nicht bekannt. Dennoch ließ Himmler Gutenberger erneut ein Schreiben zukommen: »Der Oberbürgermeister von Aachen ist zum Tode verurteilt. Die Vollstreckung ist durch den Werwolf zu vollziehen.« Das »Urteil« war von Himmler persönlich unterzeichnet, damit betrachtete SS -General Gutenberger es als rechtskräftig. Er stellte nun ein Kommando aus erfahrenen SS -Leuten zusammen. Sie sollten die Aktion unter dem Decknamen »Karneval« planen und ausführen. SS -Untersturmführer Herbert Wenzel und SS -Scharführer Josef Leitgeb standen an der Spitze des Kommandos, sie sollten Oppenhoff aufsuchen und ermorden. Die SS -Männer Karl Heinz Hennemann und Georg Heidorn, ehemals Grenzbeamte im Raum Aachen, sollten sie als ortkundige Führer begleiten. Für Aufklärungszwecke in Aachen wurde die 23-jährige BDM -Führerin Ilse Hirsch ausgewählt – als junge Frau konnte sie sich in Zivil in der amerikanisch besetzten Stadt bewegen, ohne aufzufallen. Das galt auch für den 16-jährigen HJ -Führer namens Erich Morgenschweiß, der dem Kommando zugeteilt wurde, um im Einsatzraum für Verpflegung zu sorgen.
Aus der Feindpresse ist zu entnehmen, dass in manchen von den Anglo-Amerikanern besetzten Ortschaften die Bevölkerung sich würdelos benimmt. Ich ordne heute schon an:
1 . Dass bei einer Wiedereroberung dieser Ortschaften die Schuldigen sofort zur Verantwortung zu ziehen sind.
2 . Jetzt schon hat unsere Organisation hinter der amerikanischen Front durch die Vollziehung der Todesstrafe an Verrätern erzieherisch zu wirken.
Schreiben Himmlers an SS-Obergruppenführer Gutenberger, 18. Oktober 1944
Am 19. März 1945 bestiegen die sechs Kommandomitglieder auf einem Flugplatz bei Hildesheim einen erbeuteten US -Bomber vom Typ B-17. Diese Maschine würde nicht auffallen, wenn sie den Luftraum westlich des Rheins überflog, denn dieses Gebiet wurde inzwischen komplett von den Alliierten beherrscht. Im deutsch-belgisch-niederländischen Grenzgebiet bei Gemmenich sprangen die Agenten gegen 23 Uhr ab; zunächst hielten sie sich einen Tag in den Wäldern versteckt. Im Dreiländereck wurden sie am folgenden Tag von einem niederländischen Grenzbeamten gestellt. Bei einem Schusswechsel wurde dieser getötet. In Nachtmärschen ging es weiter nach Aachen, wo sie wiederum ein Waldversteck einrichteten. Die BDM -Führerin Ilse Hirsch war bei der Flucht vor den Grenzbeamten von der Gruppe getrennt worden, hatte sich aber selbstständig nach Aachen durchgeschlagen. In der Stadt hatte sie inzwischen erkundet, dass der Bürgermeister Oppenhoff hieß und in der Eupener Straße 251 wohnte. Zwei Kommandomitglieder trafen die junge Frau zufällig, als sie selbst eine Aufklärungstour durch das besetzte Aachen unternahmen. Am Sonntag, 25. März, näherten sich gegen Abend die SS -Männer Wenzel, Leitgeb und Hennemann der einzeln stehenden Villa von Oppenhoff. Vor dem Haus trafen sie auf den Bürgermeister, der von einer Hausangestellten herbeigeholt worden war. Sie gaben sich ihm gegenüber als abgeschossene deutsche Flieger aus, die seine Hilfe
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