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Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Titel: Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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benötigten. Oppenhoff empfahl ihnen, sich den Amerikanern zu stellen. Doch einstweilen bot er ihnen an, sich erst einmal bei ihm zu stärken. Er wies seine Angestellte an, belegte Brote zu machen. Als er wieder aus dem Haus kam, zog Wenzel eine Pistole mit Schalldämpfer aus seiner Tasche. Er zögerte – doch dann nahm ihm Leitgeb die Waffe ab. Mit einem Schuss in die Schläfe tötete er Franz Oppenhoff.

    Der Hitlerjunge Erich Morgenschweiß
unterstützte die Attentäter.
    Aus: Wolfgang Trees/Charles Whiting: Unternehmen Karneval:
Der Werwolf-Mord an Aachens Oberbürgermeister Oppenhoff.
Aachen 1982. S. 36
    Die Flucht der Täter verlief chaotisch. Schon in der Eupener Straße wurden sie von aufmerksam gewordenen US -Soldaten beschossen. Die drei SS -Männer entkamen, wurden aber voneinander getrennt. Im Ausgangslager am Rande Aachens hatten die anderen Kommandomitglieder gewartet – nun musste der Rückzug aus amerikanisch besetztem Gebiet angetreten werden. Die Umgebung von Aachen war durch die Kämpfe des Jahres 1944 schwer gezeichnet, viele Geländeabschnitte waren vermint. Auf eine dieser Minen trat der Oppenhoff-Mörder Josef Leitgeb – er war sofort tot. Ilse Hirsch und der Hitlerjunge wurden auf dem weiteren Marsch ebenfalls Opfer von Minenexplosionen, beide wurden schwer verletzt. Bauern fanden sie und verfrachteten sie in ein Krankenhaus – dort ahnte niemand, wer die beiden jungen Leute waren. Die SS -Männer Heidorn, Hennemann und Wenzel schlugen sich bis zum Rhein durch. Bei Dormagen schwammen sie über den Fluss, wurden jedoch auf dem rechten Rheinufer von den Amerikanern festgenommen – die US -Armee hatte bereits den Rhein überschritten und begann nun, ins Innere des Reichs vorzustoßen.

    Georg Heidorn wurde nach dem Krieg verhaftet
und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.
    Aus: Wolfgang Trees/Charles Whiting: Unternehmen Karneval:
Der Werwolf-Mord an Aachens Oberbürgermeister Oppenhoff.
Aachen 1982. S. 226
    Trotzdem ließ es sich die deutsche Propaganda nicht nehmen, den Anschlag zu feiern. Die Deutsche Allgemeine Zeitung schrieb am 30. März 1945: »Wie ein Fanal wird dieses Urteil im deutschen Volke, auch im besetzten Gebiet, wirken und auch den Gegnern deutlich machen, dass derartige Schurken durch Selbsthilfe ausgemerzt werden.« Derartig schrille Töne wurden verbunden mit dem Hinweis, dass die Organisation »Werwolf« hinter der Tat stehe. Noch heute wird diese Deutung als Tatsache akzeptiert – doch der Historiker Volker Koop bestreitet in seiner »Werwolf«-Studie Himmlers letztes Aufgebot diese Darstellung: »Die lange Planungszeit, die sorgfältige Auswahl der Mitglieder des Exekutionskommandos nur für diese eine Aufgabe sprechen ebenso gegen eine Werwolf -Aktion wie die ungewöhnliche technische Unterstützung […] seitens der Luftwaffe.« Koops Fazit lautet: »Es war ein vom Reichsführer- SS in Auftrag gegebener Mord durch die SS , der nachträglich aus Propagandazwecken als Werwolf -Aktion deklariert wurde.«
    Die Frage der Moral
    Wie kann man die »Operation Karneval« in die Reihe der hier beschriebenen Sondereinsätze hinter den feindlichen Linien einordnen? Das Absetzen von gut ausgebildeten Agenten per Fallschirm, die Aufklärung vor Ort, das Warten des Kommandos auf einen geeigneten Zeitpunkt, das entschlossene und kaltblütige Zuschlagen gehören zu den Mustern, die vielen solcher Einsätze zugrunde liegen. Dennoch wirft insbesondere das Beispiel Aachen moralische Fragen auf, die sich grundsätzlich bei staatlich befohlenen gezielten Tötungsaktionen stellen: Darf sich ein Staat dazu hinreißen lassen, solche Tötungen zu befehlen? Kann er es sich leisten, ohne Prozess ein Todesurteil auszusprechen und es dann durch Agenten vollstrecken zu lassen? Im NS -Staat waren viele rechtsstaatliche Regeln außer Kraft gesetzt. Das Dritte Reich war ein Unrechtsstaat, in dem schon eine abweichende Meinung als todeswürdiges Vergehen gelten konnte. Der Wahn, Andersartige und Andersdenkende auszulöschen, kannte kaum Grenzen. Wenn ein solcher Staat ein Todeskommando losschickt, um einen Juristen zu töten, der versucht, das Leben in seiner Stadt wieder in normale Bahnen zu lenken, hat das eine andere Dimension als der Angriff auf einen Massenmörder wie Reinhard Heydrich.
    Das ganze deutsche Volk, das an der Front kämpft und in der Heimat unermüdlich schafft, wartet darauf, dass an ehrlosen Verrätern das Urteil vollstreckt wird, und sie werden gefunden werden, wo immer sie sich

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