Geheimnisvolle Beruehrung
australischen Perth durch Angriff auf das lokale Ankernetzwerk. Makellose Mediale haben die Verantwortung übernommen. Achttausend Tote, Tendenz steigend. Ratsherr Kaleb Krychek konnte den Riss versiegeln, Anker der umliegenden Regionen stützen den geschwächten Abschnitt.
MEIDEN SIE DIE ENTSPRECHENDE ZONE . WIEDERHOLUNG : MEIDEN SIE DIE ENTSPRECHENDE ZONE . DAS ANKERNETZWERK IST AUSGELASTET UND KANN KEINE WEITEREN MEDIALEN AUFNEHMEN .
Weitere Meldungen werden folgen, sobald neue Informationen vorliegen.*
MEDIALNET- BAKE : NEUESTE AUSGABE
Leserbriefe
Ich beziehe mich auf den kürzlich erschienenen ausführlichen Artikel eines Reporters des
Bake
über die Gewalttätigkeiten in Kalifornien. Seit es die Makellosen Medialen gibt, bin ich einer ihrer Anhänger. Meiner Meinung nach hat unsere Gattung nur durch Silentium überlebt, ohne das Programm wären wir schon längst Opfer abscheulicher Laster.
Doch nun befinde ich mich in einem Konflikt. Ich teile die Ansicht des Korrespondenten, dass Gewalt, wie sie von Makellosen Medialen gegen Gestaltwandler ausgeübt wurde, den Zielen der Makellosigkeit widerspricht und die Grundpfeiler Silentiums untergräbt.
Daher bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich noch ein Anhänger der Makellosen Medialen sein kann. Allerdings vertrete ich weiterhin die Ansicht, dass nur Silentium das Überleben unserer Gattung garantiert.
Mit freundlichen Grüßen
Name der Redaktion bekannt
(Prag)
Der Bericht Ihres Korrespondenten war sehr tendenziös in seiner Behauptung, der Angriff habe sich gegen die Gestaltwandler gerichtet.
Die Wahrheit, die jedem intelligenten Bewusstsein im Medialnet deutlich erkennbar sein müsste, ist jedoch, dass die Gewalt von einer Gruppe Abtrünniger in dieser Gegend ausging, die andere Mediale massiv auffordert, die Konditionierung zu brechen. Das darf nicht so weitergehen, daher unterstütze ich die Makellosen Medialen in jeglicher Hinsicht.
E. Miller
(Mexico City)
Ich möchte Ihnen zu Ihrer unbeirrbar kritischen Berichterstattung der kürzlichen Ereignisse gratulieren. Die Einschüchterungsversuche der Makellosen Medialen sind an die Öffentlichkeit gekommen, und es ehrt den Korrespondenten, dass er sich den Drohungen nicht beugt – Drohungen, die nach seinen Worten ein Stich ins Herz des Programms sind, das die Makellosen Medialen ihren Aussagen zufolge aufrechterhalten wollen.
C . Prasad
(Nairobi)
5
Als Kaleb in seinen Körper zurückkehrte, brauchte er einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen. Eine natürliche Folge der Kräfte, die er für die Versiegelung des Risses gebraucht hatte, während er gleichzeitig auch rudimentär in Moskau funktionieren musste, ohne körperlich und geistig angreifbar zu werden.
Er blinzelte und griff nach einem Glas Wasser auf dem Tisch, neben dem auch ein paar Energieriegel lagen. Beides hatte sich noch nicht dort befunden, als er ins Medialnet gegangen war. »Vielen Dank«, sagte er und aß die geschmacklosen Riegel, schon fast wieder auf dem normalen, hocheffizienten Energielevel. Die meisten Medialen konnten sich nicht so schnell erholen, doch Kaleb wusste schon lange, dass »normal« keine Kategorie für ihn war, denn in seinen Genen steckten zu viele Geheimnisse.
Nach dem dritten Riegel sah Kaleb die Frau an, für die er möglicherweise ein Massaker veranstalten würde, das den heutigen Vorfall weit in den Schatten stellte. Sie hatte sich sehr verändert, saß nicht mehr gebeugt und mit gesenktem Haupt da. Aufrecht, das Haar zurückgestrichen, blickte sie ihn aus dunkelblauen Augen mit der wachen Intelligenz an, die ihn stets herausgefordert hatte.
Wenn seine eiserne Kontrolle nicht gewesen wäre, hätte sich sein Herzschlag sicher beschleunigt, und sein Atem wäre schneller gegangen. Sie kommt zurück, endlich kommt sie zurück.
»Hast du dich im Labyrinth zurechtgefunden?«, fragte er.
»Das musste ich nicht. Es hat sich aufgelöst.«
Eine unerwartete Antwort. Das Gehirn, in das er während der Teleportation geblickt hatte, war ein solches Chaos gewesen, dass er es nicht für möglich gehalten hatte, es könne sich selbst entwirren. »Sind deine Erinnerungen und Fähigkeiten zurückgekommen? Erinnerst du dich?«
»Die Fähigkeiten schon. Alle Erinnerungen nicht.« Sie legte die Arme auf den Tisch. Wie dünn und zerbrechlich sie waren.
Kaleb stand auf und holte ihr einen Vitamindrink mit Kirschgeschmack, den mochte sie am liebsten. Sie nippte daran, machte große Augen und nahm noch einen Schluck.
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