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Geheimnisvolle Beruehrung

Geheimnisvolle Beruehrung

Titel: Geheimnisvolle Beruehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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Antworten auf Fragen zu verlangen, die sie nicht einmal formulieren konnte. Stattdessen nahm sie das Buch, das er ihr gestern Nacht gegeben hatte, und wollte damit hinaus auf die Terrasse. Die Sonne schien, sie sehnte sich danach, den kühlen Herbstwind auf der Haut zu spüren … so wie sie sich nach körperlichem Kontakt mit einem anderen Lebewesen sehnte – den brauchte sie noch mehr als Nahrung.
    Doch ihre Überlegungen wurden unterbrochen, als sie in der Glastür flüchtig die Spiegelung einer Frau mit zerzauster schwarzer Mähne erblickte. Blinzelnd sah sie genauer hin, konnte aber nichts klar erkennen. Im Zimmer war kein Spiegel – vage erinnerte sie sich an zersplitterndes Glas, einen scharfen Schnitt auf der Wange. Sie wandte sich um und betrat das Zimmer gegenüber.
    Es roch frisch nach Seife und Aftershave mit einem Hauch von Kiefer.
    Kaleb hatte die Tür offen gelassen, Zutritt war also erlaubt. Sie legte das Buch auf das Bett. Nur ein Bett, ein kleiner Nachttisch und ein Wandschrank. Nicht ein Kleidungsstück lag herum, alles war so penibel aufgeräumt wie in einer Kaserne.
    Im Bad war es genauso: Kalebs Utensilien standen ordentlich im Spiegelschrank über dem Waschtisch aus Granit. Neugierig roch sie an seinem Aftershave, sog den Duft ein, bei dem ihre Haut prickelte, und besah sich dann das schmale Gerät, mit dem er sich rasierte, konnte sich kaum vorstellen, dass der eiskalte Mann, der sie als sein Eigentum betrachtete, zu so etwas Intimem fähig war.
    Sie legte die Hand an die Wange und musste daran denken, wie er sich in der Küche über den Tisch gebeugt hatte. Nur mit größter Willensanstrengung hatte sie sich beherrscht und war nicht mit den Fingern über die Konturen seines Gesichts gefahren.
    Es war so lange her.
    Sie schüttelte den Gedanken ab, das konnte nur die Fantasie ihres beschädigten Geistes sein. Warum sollte ein kardinaler TK -Medialer sich einstmals in ihrem Umfeld befunden haben – der NightStar-Clan war bekannt für seine Abgeschiedenheit, und TK -Mediale wurden aus Gründen der Sicherheit in Spezialschulen ausgebildet. Sicher hatte sie Kaleb Krychek niemals berührt, was auch immer in ihr die gefährliche Obsession für den Mann hervorgerufen hatte, der sie doch in einem Gefängnis hielt.
    Sie legte den Rasierapparat langsam zurück, hielt ihn einen Moment länger fest, als unbedingt nötig gewesen wäre, und klappte den Spiegelschrank zu. Sah sich nun an, was aus ihr geworden war. Mit sechzehn waren die Wangen voller gewesen, das Kinn weicher. Sie war nur noch Haut und Knochen. Kalorien würden ihr sicher zu einem gesünderen Aussehen verhelfen – aber der Babyspeck würde nicht zurückkehren. Die feineren Gesichtszüge waren dem Alter zu verdanken, und ihr gefiel es.
    Doch das Haar …
    Sie hielt eine Strähne unter die Nase und roch daran. Zitrone und ein noch weicherer Duft. Sie hatte also doch geduscht und sich dreimal das Haar gewaschen. Sauber war es, aber so zerzaust, dass sie wie eine Verrückte aussah.
    »Das war ja auch das Ziel.« Das Labyrinth war nur ein Teil des Plans gewesen, der sie verstecken sollte vor denen, die aus ihr ein Tier machen wollten, das auf Kommando Kunststücke vollführte. »Jetzt brauche ich das nicht mehr«, flüsterte sie und holte ein weiteres Stück von sich zurück.

6
    Sie musste sich sehr konzentrieren, und die Arme taten ihr bald weh, doch als sie nach einer Stunde wieder auf den Flur trat, fielen ihr die Haare lang und glatt über den Rücken. Rechts der Terrassentüren lag ein großer Raum, in dem Kaleb am Schreibtisch saß, vor sich einen transparenten Bildschirm, auf dem er offensichtlich mit jemandem kommunizierte.
    Kaleb trug Manschettenknöpfe aus Stahl oder Platin und eine chromblaue Krawatte zu seinem weißen Hemd. Er sah aufmerksam auf den Bildschirm, winkte sie aber gleichzeitig herein. Sie spürte eine solche Anziehung, dass sie kaum noch vernünftig denken konnte, als würde sie ein unsichtbares Band mit dem Mann am Schreibtisch verbinden.
    Die Platte war aus poliertem Holz und hatte so unregelmäßige Kanten, als sei sie direkt aus einem Mammutbaum geschnitten und nur grob geschliffen, damit die Jahresringe ihre Geschichte erzählen konnten. Ein wunderschönes Möbelstück, das sie hier nicht vermutet hatte … obwohl dessen Ursprünglichkeit irgendwie auch zu ihm passte. Ebenso wie die vollkommen leere Platte, auf der nicht einmal ein Stift oder ein Blatt Papier lag.
    An den Wänden standen Bücherregale mit

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