Geheimnisvolle Beruehrung
da die zwei mit Nikita ebenso häufig uneins wie einer Meinung waren.
Kaleb verstand Nikitas Beweggründe. Er stellte auch keine Schwächlinge ein.
In dem Blick von Max Shannon lag stiller Dank.
Kaleb überlegte, ob er ihm mitteilen sollte, dass er die Schuld eines Tages eintreiben würde, tat es aber aus demselben Grund nicht, aus dem er auch geholfen hatte, Sophia vor einem Wahnsinnigen zu retten. Da er der Frau nicht hatte helfen können, die ihm alles bedeutete, wütete das Dunkle in ihm, doch die Rettung Sophias hatte ihm einen Moment der Gnade in der Finsternis verschafft.
Er hatte sich vorgestellt, wie stolz Sahara auf diese Tat sein würde.
Nun nahm er Max’ Dank mit einem Kopfnicken an und erblickte Teijan, das Alphatier der Ratten und Chef der besten Spionageorganisation der Stadt. Ihm gegenüber saß ein Mann, den Kaleb nicht gleich erkannte, doch dann bemerkte er den frischen Kurzhaarschnitt über kupferbrauner Haut: Es war Adam Garrett von den WindHaven-Falken.
»Ihre Hilfe könnte von unschätzbarem Wert sein, um mögliche Ziele exakt zu bestimmen«, sagte er zu dem Falken und setzte sich. Ein Falke konnte tiefer fliegen als jedes Fluggerät und verdächtigen Bewegungen mit einer leichten Drehung der Schwingen folgen.
»Meine Leute befinden sich schon auf Erkundungsflügen«, antwortete Adam. »Sie bilden Teams mit Bodentruppen. Bislang hat sich aber noch nichts ergeben.«
Im selben Augenblick betrat die Polizeivizepräsidentin San Franciscos den Raum und setzte sich zu ihnen. Die Mediale in mittlerem Alter hatte eine unnatürlich weiße Gesichtsfarbe. Hinter ihr kam ein älterer Mensch asiatischer Herkunft herein, der Jim Wong hieß und die Ladenbesitzer Chinatowns vertrat, die über ein stadtweites Netzwerk von Familienangehörigen, Freunden und Kunden verfügten. Ihm folgte ein großer Schwarzer auf dem Fuß, den das Alphatier der Leoparden als Verbindungsmann des Menschenbunds vorstellte.
Gespanntes Schweigen lag über der Versammlung von Leuten, die sich normalerweise nicht als Verbündete betrachteten und nun an einem glänzenden Holztisch versammelt waren und in die Runde blickten. Ein solcher Anblick hätte die Makellosen Medialen in flammenden Zorn versetzt.
»Wir sind vollzählig«, sagte Lucas Hunter und schloss die Tür. »Lasst uns gleich zur Sache kommen – wir müssen unsere Liste der möglichen Ziele zusammenstreichen.«
»Das Bürgermeisterbüro«, schlug die Vizepolizeipräsidentin vor.
Kaleb schüttelte den Kopf. »Hat nicht die gleiche Schockwirkung wie Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser.« Die Makellosen Medialen wollten möglichst viel Schmerz und Verlust hervorrufen, damit Menschen und Gestaltwandler sich gegen Mediale wandten. »Vasquez will einen Krieg, an dessen Ende nur die ›Makellosen‹ übrig bleiben.«
Hawke meldete sich als Nächster zu Wort, die eisblauen Augen und das silbriggoldene Haar verrieten das Raubtier – ein Raubtier, das es nun auf Ming abgesehen hatte. »Ich muss Krychek zustimmen«, sagte der Leitwolf. »Aber wir haben schon alle extrem verwundbaren Ziele in Alarmbereitschaft versetzt und die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Vasquez muss damit gerechnet haben. Er hat sich bestimmt ein besonders ungeschütztes Ziel ausgesucht.«
»Hawke hat recht.« Das Alphatier der Ratten beugte sich vor, die dunklen Augen blickten aufmerksam in die Runde. »Wir haben nichts gefunden, was darauf hinweist, die Makellosen Medialen könnten San Francisco auf dieselbe Weise infiltriert haben wie Hongkong – und ich vertraue meinen Leuten, wenn sie sagen, dass Vasquez in unserer Stadt ohne Basis agiert. Was immer er vorhat, es wird schnell und schmutzig vonstattengehen.«
»In Hongkong haben sie Sengbomben benutzt«, sagte Judd, der damit bewies, wie gut er informiert war. »Selbst eine weitaus geringere Anzahl als dort könnte verheerende Schäden in der Stadt anrichten.«
»Sengbomben sind zu instabil, um ohne geeignete, mit Blei ausgeschlagene Container transportiert zu werden.« Das wusste Kaleb, weil er an die geheimen Akten über die Bomben gelangt war. »Sämtliche Sichtkontakte mit der Person, die wir für Vasquez halten, bestätigen, dass er nur mit einem kleinen Rucksack unterwegs ist. Er könnte allerdings auch Zugang zu anderen Waffen haben, wenn er schlau genug war, ein Versteck in der Stadt anzulegen – zum Beispiel in einem Schließfach unter falschem Namen.« Dann hätten selbst die scharfen Sicherheitsmaßnahmen der Rudel keinen
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