Geheimnisvolle Beruehrung
mithilfe eines Trojaners.
Bittere Galle stieg ihr in der Kehle auf, und sie suchte im Kopf nach einem Mechanismus, der eine telepathische Hintertür sein konnte. Nichts Offensichtliches, doch Kaleb verfügte über große Kräfte und wusste sicher, wie man eine solche Fessel verbarg – Macht war sein Lebenselixier, daran gab es nichts zu deuteln, obwohl ihr Unbewusstes ihm immer noch vertrauen wollte. Allerdings sagte ihr die Vernunft, dass kein noch so fein gesponnenes Konstrukt die natürlichen Schilde ihrer Gabe umgehen konnte.
Man konnte ihren Geist nicht von außen beeinflussen.
Außerdem hatte Kaleb sie gefragt, was sie dachte, obwohl er sich doch leicht in ihrem Kopf hätte umsehen können. Die Sicherungen im Labyrinth waren unversehrt, er hatte es also nicht versucht. Was sie aber nicht beruhigte, sondern ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ – denn nun blieb nur noch eine Möglichkeit, warum er sie unter seiner Kontrolle haben wollte.
Und sie hatte die Gabe noch nie gegen jemanden mit Obsidianschilden angewandt.
Ihr Atem ging stoßweise, ihr Herz geriet völlig aus dem Takt, als sie sah, dass die Tür zu seinem Zimmer offen war. Sie wollte ihm nicht begegnen und schlich leise in die Küche, in der sanftes Morgenlicht schimmerte. Etwas essen sollte sie, sie musste zu Kräften kommen. Doch ihre Hand zitterte, als sie nach einem Bagel griff, der noch warm war und in einer Papierhülle mit dem Emblem eines Luxushotels steckte.
Die meisten TK -Medialen bewahrten sich ihre Kräfte für wirklich notwendige Dinge auf, doch Kalebs Fähigkeiten waren gewaltig, geradezu furchterregend. Dennoch hielt ein verrückter Teil von ihr ihn immer noch für nicht gefährlich und tabu für die zerstörerische Waffe, über die sie verfügte. Dieses irrationale Verhalten ängstigte sie und weckte ihr Misstrauen gegenüber der eigenen Urteilskraft – denn jedem denkenden Wesen musste doch klar sein, dass ein Mann, der so vollkommen in Silentium war, niemals einem anderen helfen würde, wenn es nicht zu seinem eigenen Vorteil geschah.
Der Bagel blieb ihr im Hals stecken, doch sie spülte ihn mit dem Vitamindrink hinunter, den sie im Kühlschrank entdeckt hatte, und nahm sich vor, in spätestens einer Stunde wieder etwas zu essen. Dann atmete sie tief durch und ging in Kalebs Büro.
Es war leer.
Mit feuchten Händen sah sie auf den transparenten Computerbildschirm. Er war angeschaltet, und Nachrichten liefen ein. Also hatte Kaleb bereits das Passwort eingegeben.
Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr.
Sie fuhr herum und sah Kaleb auf der Terrasse. Mit bloßen Füßen, nacktem Oberkörper und in einer langen schwarzen Sporthose übte er die Abfolgen einer ihr unbekannten Kampfkunst, die sicher nicht für einen Zivilisten gedacht waren.
Doch das war Kaleb offensichtlich auch nicht.
Sie ballte die Fäuste. Die wundervoll geschmeidigen Bewegungen verbargen nicht, wie schnell sie den Tod bringen konnten. Dennoch war es faszinierend anzusehen, wie sich Muskeln anspannten und wieder entspannten, es wirkte so anziehend, dass sie sich schließlich an den Schiebetüren wiederfand und die Handflächen gegen das Glas drückte.
Die Kälte war ein Schock, der sie in die Wirklichkeit zurückbrachte, in der sie eine Gefangene war, die eine ungesunde und gefährliche Anziehung gegenüber ihrem neuen Wärter entwickelt hatte – obwohl sie während der langen Jahre ihrer Gefangenschaft niemals auch nur ansatzweise in eine solche Falle getappt war. Doch schon nach zwei Tagen mit Kaleb hatte sich das Labyrinth entwirrt. Und nicht nur das, sie hatte sich auch an seinen gefährlichen Leib geschmiegt, hatte ihn sogar liebevoll gestreichelt.
Und war dabei sogar … glücklich gewesen.
Mit trockener Kehle und brennender Haut warf sie noch einen letzten Blick auf den Mann auf der Terrasse, bevor sie sich in seinen Sessel setzte. Sie spürte die Angst im Nacken, als sie ins Internet ging, und schaute immer wieder über die Schulter, ob er noch an Ort und Stelle war. Er verließ den Platz nicht, das blauschwarze Haar schimmerte im weichen Licht der Morgensonne.
Die Suchmaske blinkte auf.
Sahara biss sich auf die Unterlippe und gab den Namen von Kalebs Mentor, Santano Enrique, ein. Sie hätte nicht erklären können, warum sie das tat – es war rein instinktiv, und ihr wurde fast übel, als sie die Buchstaben in die Tastatur tippte.
Die Ergebnisse tauchten auf. Sie klickte den obersten Treffer an und gelangte auf eine neue
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