Geheimnisvolle Beruehrung
Handgelenk und die weiche Haut zu berühren. »Sie sind zwar eine Gattung, die Berührung braucht, doch wird nicht selbstverständlich vorausgesetzt, dass man die Erlaubnis dazu hat. Es ist ein Geschenk und ein Privileg.« Ein Konzept, das bei Kaleb auf eine Weise Anklang fand, die kein Gestaltwandler je verstehen würde.
Sahara schwieg eine Weile, er hörte nur ihren Atem. »Teilst du mit jemandem Körperprivilegien?«, fragte sie schließlich und legte die Hand offen auf seinen Oberschenkel, als wollte sie ihn einladen, die zarte Handfläche zu streicheln.
Der Schenkel wurde hart wie Stein, Kaleb ballte die Faust und streckte die Finger wieder … fuhr mit dem Daumen über die zarten Adern, die unter ihrer Haut zu sehen waren. »Früher einmal«, sagte er. Außer ihm wusste nur ein einziges lebendes Wesen davon. »Es ist sehr lange her.«
Sahara malte mit dem Finger ein Muster auf seine Schulter, dann strich sie sanft über seinen Rücken, was einen Steinschlag in der Schlucht auslöste. »Du hast Silentium gebrochen.«
Sofort brachte er die telekinetische Energie wieder unter Kontrolle, ließ aber ihr Handgelenk nicht los. »Ja.« Als Folge war warmes Blut auf billige Hotellaken geflossen, hatte die Luft nach verbranntem Fleisch gestunken. Die Erinnerung war in jede seiner Zellen eingraviert, und wenn Sahara sich erst daran erinnerte, würde sie erkennen, wer er unter den eleganten Anzügen und der zivilisierten Tünche wirklich war.
Dann würde ein besserer Mann sie wohl gehen lassen, doch er war nun mal so, wie er war und würde sie sich immer wieder zurückholen. Und wenn ihr Schrecken auch noch so stark war. So lange, bis ihre Gabe sich endlich zeigte. »Du bist sicher hungrig.« Er ließ ihr Handgelenk los, die harte, kalte Wahrheit machte den Teil von ihm, der im Dunkeln lebte, so eisenhart wie den Schild, mit dem er sie umgeben hatte. »Magst du etwas essen?«
»Könnte ich noch mehr Mangonektar bekommen?« Sahara streichelte weiter seinen Rücken, doch er wusste, dass ihr Vertrauen nur eine momentane Illusion war.
Er neigte sich zu ihr, nachdem er den Saft teleportiert hatte, und goss ihr ein. »Du brauchst aber auch feste Nahrung.«
Sie widersetzte sich nicht und aß, so viel sie konnte. Wie ein Vögelchen aß sie, doch da es ihr mit mehreren kleinen Mahlzeiten wahrscheinlich besser ging, sagte er nichts. Sie reichte ihm einen Apfel und ein Messer, und er schnitt Stücke für sie ab.
Eine unerwartete stille Episode, der Anfang von sieben ruhigen Tagen – einer ganzen Woche, in der Sahara oft und sehr fest schlief, und Kaleb für nahrhafte und ansprechend angerichtete Mahlzeiten sorgte. Auch sanfte Körperübungen nahm sie auf, die sie als Tänzerin gelernt hatte, selbst wenn sie das nicht mehr wusste und ohne Furcht mit ihm sprach.
Kaleb sorgte auch dafür, dass er sich in der Zeit, in der sie wach war, meist zu Hause befand, und erledigte seine Geschäfte, selbst die Besprechungen mit der Garde, während sie schlief. Inzwischen hatte sich herausgestellt, dass die Person, die hinter dem Leck in Perth steckte, Hilfe bekommen hatte, um ihre Spuren zu verwischen, doch Kaleb hatte keinerlei Zweifel, dass die Pfeilgardisten sie oder ihn entdecken würden.
Für ihn selbst hatte etwas anderes Vorrang.
Von Zeit zu Zeit traf ihn Sahara auf der Terrasse und lehnte sich bei ihren Gesprächen an ihn. Da ihm bewusst war, dass es sich um eine Übergangsphase handelte, die nur zu bald von Erinnerungen an eine Vergangenheit aus Schreien und Schmerzen abgelöst werden würde, wich er Sahara nicht aus. Sie bedrängte ihn nicht mit Fragen über sich oder die Situation, in der sie sich befand, schützte sich unbewusst vor der Realität, um zu heilen.
Doch am achten Tag änderte sich alles.
Unter dem Sternenhimmel hatten sie lange geredet, und Sahara spürte noch die Erinnerung an Kalebs muskulösen Körper, als sie zu Bett ging, schreckte aber mitten in der Nacht mit klopfendem Herzen und einem erstickten Schrei in der Kehle hoch. Panisch suchte sie nach dem Lichtschalter, fand ihn schließlich mit fliegenden Händen, und das warme Licht der Nachttischlampe erhellte den Raum.
Ein wunderschöner Seidenteppich, helle Wände, eine Kommode ohne Spiegel, auf der eine Bürste lag, und auf dem großen Bett eine Decke, die mit kleinen Rosen bedruckt war. Das war keine Zelle, doch sie befand sich immer noch in einem Gefängnis. Selbst wenn ihr Wärter sie frei darin herumlaufen ließ.
Kaleb Krychek.
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