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Geheimnisvolle Beruehrung

Geheimnisvolle Beruehrung

Titel: Geheimnisvolle Beruehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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Seite. Ratsherr Enrique war tot. Die Details, die der Rat offiziell herausgegeben hatte, wirkten unverfänglich …
    »Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?«
    Ihr wurde eiskalt.
    Als der Mann neben ihr die Hand auf die Rückenlehne des Sessels legte und die andere auf den Schreibtisch, war sie hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis fortzulaufen … und dem Wunsch, den Kopf an seine Brust zu lehnen, die so männlich nach Schweiß roch. Offensichtlich saß der Wahnsinn in Bezug auf Kaleb tief und war bar jeder Vernunft.
    »Ach«, sagte er und las den Bericht. »Dann hast du also von Santano gehört.«
    In einer Wildshow hatte sie einmal gesehen, wie ein Löwe mit einer Gazelle gespielt hatte, immer wieder hatte er sie losgelassen, um beim nächsten Mal die Krallen noch tiefer in ihren Leib zu schlagen. Im Augenblick war sie die Gazelle, und es war sinnlos, ihre Furcht verbergen zu wollen – sie konnte sich nicht selbst belügen.
    Doch sie würde auch nicht starr vor Schreck dasitzen und ihm gestatten, sie zu quälen; schließlich war sie im Labyrinth den anderen Wärtern entkommen. Sie würde ihren Geist nicht noch einmal begraben, aber sie würde schon einen Weg finden, Kaleb zu übertölpeln und zu überleben.
    Ich komme, Sahara! Halte durch! Tu es für mich!
    Das Echo dieses Versprechens war während ihrer Gefangenschaft in einer Wiederholungsschleife in ihrem Kopf gelaufen. Sie konnte sich weder daran erinnern, wann diese Worte gefallen waren, noch wusste sie, wer sie ausgesprochen hatte, doch eines wusste sie genau: Ihr Tod würde nicht nur ein Leben auslöschen.
    Man hätte das für eine Illusion halten können, mittels der ihr Verstand dem Körper geholfen hatte, den Albtraum auszuhalten – und vielleicht war es das auch –, aber auf diese Weise hatte sie zumindest die schreckliche Einsamkeit der vergangenen Jahre ertragen können. Es würde ihr auch helfen, diesen Sturm zu überstehen.
    »Was hast du jetzt mit mir vor?«, fragte sie und war stolz, dass ihre Stimme nicht zitterte.
    Kardinalenaugen ohne einen einzigen Stern sahen sie an, ungewöhnlich war auch der Anblick eines Kaleb mit zerzaustem Haar. »Ich werde dir einen Organizer geben.« Ein schmales Gerät lag kurz darauf vor ihr auf dem Tisch. »In zwanzig Minuten brauche ich den Bildschirm für eine Videokonferenz.«
    Dann gab Kaleb eine Adresse im Browserfenster ein, aus der sie nicht schlau wurde, da sie nur aus Ziffern bestand. »Dort findest du alles, was du über Santano wissen musst.« Er ging zur Tür. »Und vergiss nicht, in neunzehn Minuten brauche ich den Bildschirm.«
    Sie starrte ihm ungläubig nach, bis sie seine Schritte nicht mehr hörte. Krampfhaft suchte sie nach einer vernünftigen Erklärung für sein Verhalten, fand aber nichts Befriedigendes. Wenn jemand wusste, dass Informationen Macht verschafften, dann war es sicher Kaleb, und dennoch gab er ihr den Schlüssel dazu.
    Vergebens massierte sie mit den Fingerspitzen die Schläfen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, und sah sich dann die Seite eines selbst ernannten Verschwörungstheoretikers an. Der anonyme Betreiber war ein Medialer, der allerdings schlau genug gewesen war, seine Spuren vor den Schergen des Rats zu verwischen, denn die ausführlich behandelten Themen waren vollkommen tabu.
    Sie überflog die letzten Einträge. Der Rat existiere nicht mehr, hieß es da, obwohl es bislang keine öffentliche Verlautbarung darüber gegeben habe. Als sie Enriques Namen eingab, landete sie auf einer Seite, die bis vor zwei Jahren kontinuierlich aktualisiert worden war. Der letzte Eintrag lautete:
    Neues Ratsmitglied ist Kaleb Krychek. Ehemals Protegé Santano Enriques – keine Beweise für eine Beteiligung an den Folterungen und Morden, ebenso wenig für das Gegenteil.
    Ein scharfer Schmerz in der Brust, sie erstickte mit der Hand einen Schrei. Scrollte zum Ende der Seite und begann beim ältesten Eintrag.
    Dem Autor zufolge hatte Santano Enrique zu jenen seltenen Ankern gehört, die politische Aktivitäten der Isolation vorzogen, und war sogar in die gefährliche Welt des Rats aufgestiegen. Zudem hatte er eine ganze Reihe junger Gestaltwandlerfrauen gefoltert und ermordet. Enrique war nicht eines natürlichen Todes gestorben, wie in den Medien berichtet worden war, sondern grausam von DarkRiver-Leoparden und SnowDancer-Wölfen hingerichtet worden, die dem Rat auf der Zunge Santanos eine Nachricht hinterlassen hatten.
    »Noch fünf Minuten.«
    Ihr Kopf fuhr hoch.

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