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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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Tonfall. (Die meisten anderen Bewohner der Häuser hatten lauthals losgeschrien, geschimpft und Verwünschungen ausgestoßen.) »Regierungsbeschluss«, sagte er in einlenkendem Ton. »Die Elendsviertel werden geräumt, verstehen Sie? Anordnung von Prinz Albert. Hier werden bessere Häuser errichtet. Man will nicht, dass euresgleichen zu zwanzigst in einem Zimmer hausen und zu achtzigst oder noch mehr einen Abtritt benutzen.«
    »Das heißt, die Häuser werden renoviert?«
    »Nicht ganz, Miss. Sie werden abgerissen, und dann werden hier Häuser mit einem Abort im Haus und fließendem Wasser gebaut, und wenn die fertig sind, dann werdet ihr gefragt, ob ihr wieder hier einziehen wollt. Sofern ihr euch das leisten könnt, natürlich«, konnte er sich nicht verkneifen hinzuzufügen.
    »Aber wo sollen wir denn inzwischen hin?«
    Der Mann zuckte die Achseln. »Haben Sie denn keine Verwandten, zu denen Sie ziehen können?«
    Grace machte sich nicht die Mühe, darauf eineAntwort zu geben. »Aber wo sind all die anderen hin? Die Popes und die Cartwrights und alle?«
    »Weiß der Himmel«, erwiderte der Mann. »Vor einer Weile waren sie noch da und rannten hier herum wie die Mistkäfer. Lieber Himmel, einer hatte einen ganzen Zoo in seinem Zimmer   – Hunde, Katzen, Eichhörnchen, Vögel, die reinste Menagerie!« Er blickte sich suchend um und deutete dann auf die Treppen vor dem letzten Haus in der Reihe, wo drei zerlumpte Gestalten mit hängenden Schultern herumstanden und schluchzten. »Da sind noch ein paar.«
    Grace blickte hinüber, erkannte jedoch niemanden dort. »Und wo ist Mrs   Macready?«
    »Ist zu ihrem Sohn nach Connaught Gardens hinaus. Wir machen hier nur, was uns aufgetragen wird, verstehen Sie?«, sagte er, um ihr zu zeigen, dass er nichts gegen sie persönlich hatte. »Die hohen Herrn von der Stadt sind ziemlich versessen darauf, die Elendsviertel zu räumen. Sie wollen, dass die ganzen stinkenden, verrotteten Bruchbuden abgerissen werden, weil da Krankheiten drin nisten.«
    Grace schwieg einen Augenblick und versuchte, klar zu denken, anstatt einfach in Tränen auszubrechen. »Was ist mit unseren Sachen?«, fragte sie. »Kann ich mit meiner Schwester hineingehen und sie holen?«
    »Zu spät, Miss. Das hätten Sie heute Vormittag machen müssen.«
    »Aber es hat uns doch keiner was gesagt!« Gracedachte an ihre letzten paar Habseligkeiten und Kleider, die Kisten, das extra Bettzeug und Lilys Schatzkiste. »Oh bitte«, sagte sie in ernstem Ton zu dem Mann. »Es würde meiner Schwester das Herz brechen, die paar Dinge zu verlieren, die wir noch besitzen.«
    »Ich dachte, das ganze Zeug wär längst rausgeräumt«, sagte der Mann. Er stieß einen theatralischen Seufzer aus. »Na gut, ich lasse euch für zwei Minuten rein, in Ordnung? Geht rein, holt die Sachen und kommt sofort wieder raus. Und erzählt bloß keinem, dass ich es war, der euch reingelassen hat.«
    Grace dankte ihm überschwänglich, winkte Lily herbei und versuchte ihr zu erklären, was vor sich ging, während der Mann einen Arbeiter beauftragte, eine Planke vom Türeingang zu entfernen und die beiden Mädchen hineinzulassen.
    Lily verstand das Ganze nicht. Wie auch? Grace verstand es ja selbst nicht. Aber es würde schon alles in Ordnung kommen, versicherte sie ihrer Schwester, während sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufstiegen, sie würden bestimmt eine andere Unterkunft finden, auch wenn sie sich vielleicht für eine Weile ein Zimmer mit einer anderen Familie teilen müssten. Und sie hatte von einer Suppenküche gehört, wo man kostenlose Mahlzeiten bekam   … Und vielleicht kam ja von der Gemeinde irgendeine Hilfe für Leute, die ohne Verschulden obdachlos geworden waren. Sie würde James Solent aufsuchen, beschloss sie an Ortund Stelle, und ihn fragen, wie es um ihre Rechte in dieser Sache stand. Er hatte doch gesagt, wenn sie je Hilfe bräuchte, dürfe sie sich an ihn wenden, und auch wenn es ihr peinlich wäre, einen so adretten und gut aussehenden jungen Herrn um Hilfe zu bitten, so würde sie doch nicht zögern, es zu tun, wenn es nicht mehr anders ging.
    Im Inneren von Mrs   Macreadys Haus war es düster, staubig und still wie in einem Grab – als hätte das Haus sich bereits vom Leben verabschiedet. Lily weinte schon, bevor sie ihr Zimmer erreichten, und als Grace die Tür aufschob, brach auch sie in Tränen aus, denn das Zimmer war vollkommen leer: Bett, Decke, Kissen und die Kisten mit den wenigen Gegenständen, die die

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