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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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diesem Augenblick klopfte es an der Tür. Grace erschrak, und panische Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf: dass sie eigentlich gar kein Recht hatte, hier zu sein, und nun kamen sie, um sie hinauszuwerfen! Schlimmer noch, die Unwins hatten herausgefunden,was sie getan hatte. Es klopfte erneut, und so kletterte Grace rasch ins Bett zurück und zog sich die Decke bis zur Nase hoch.
    »Herein!«, sagte sie so leise, dass man es unmöglich draußen gehört haben konnte. Sie räusperte sich und sagte noch einmal etwas vernehmlicher »Herein, bitte!«.
    Ein Zimmermädchen erschien mit einem Korb voller Kohlen, um ein Feuer zu machen, gefolgt von einem zweiten Mädchen, das sich anschickte, die Vorhänge aufzuziehen und das Zimmer aufzuräumen, sowie einem dritten mit einem großen Krug heißen Wassers, den es ins Badezimmer stellte. Nachdem sie ihre Pflichten erledigt hatten, musterten sie Grace mit derselben Neugier wie Grace sie, denn unter den Dienstboten hatte sich die Nachricht, dass jemand Bedeutendes zu Gast war – eine reiche Erbin, sogar!   –, in Sekundenschnelle verbreitet.
    »Möchten Sie jetzt vielleicht Ihr Frühstück serviert bekommen, Madam?«, fragte eines der Mädchen, und Grace hätte beinahe den Kopf über die Schulter gewandt, um zu sehen, wer denn da so angesprochen wurde. Noch nie hatte sie jemand mit »Madam« angeredet.
    »Ja, bitte«, sagte Grace. »Wo muss ich denn hin, um es abzuholen?«
    »Wir bringen es Ihnen hierher, Madam«, kam die verdutzte Antwort. »Und was hätten Sie gerne zu essen?«
    »Was gibt es denn?«
    »Es gibt Würstchen, Brisolettes, Speck, Blutwurst und Saure Nierchen«, sagte das erste Mädchen, wobei es die Speisen an den Fingern abzählte. »Und Eier nach der Art, wie Sie es wünschen.«
    Grace lief das Wasser im Mund zusammen. Sie nickte. »Ja, bitte.«
    »Welches, Madam?«
    »Ich muss etwas auswählen?«, fragte sie verwirrt.
    »Nun, Sie müssen nicht, schätze ich«, erwiderte das Zimmermädchen mit großen Augen. »Nicht, wenn Sie nicht wollen, Madam.«
    »Dann bringen Sie alles«, sagte Grace kühn und stellte sich vor, wie es Lily gefallen würde, mit ihr im Bett zu sitzen und Würstchen zu essen.
    Als das Essen dann aber kam – auf weißem Porzellan mit silbernen gewölbten Deckeln darauf, und dazu Toastbrot in einem Körbchen   –, war Grace natürlich viel zu beeindruckt, um überhaupt viel davon zu essen. Sie schaffte es, ein wenig Rührei und eine Viertelscheibe Toast mit dick Butter zu essen, doch von den Fleischgerichten bekam sie keinen Bissen hinunter. Vor lauter schlechtem Gewissen über die Verschwendung, die sie angerichtet hatte, warf sie die Würstchen ins Feuer, ließ den Rest des Frühstücks unter den silbernen Deckeln stehen und zog sich erleichtert ins Badezimmer zurück (mit glänzenden weißen Kacheln ausgekleidet, und – kaum zu fassen! – nur für sie allein!), während das Zimmermädchen kam, um das Frühstück abzuräumen.
    Inzwischen war ihr Waschwasser beinahe kalt geworden, doch daran war sie gewöhnt, und so ließ sie sich nicht abhalten, von den Waschbecken und den bereitliegenden großen weichen Handtüchern ausgiebig Gebrauch zu machen. Sie wusch sich erst den Körper, dann die Haare mit einer rosaroten Seife, die wunderbar nach Rosen duftete, und spülte sie mit reichlich Wasser aus den Wasserhähnen aus. Aus diesen kam zwar leider nur kaltes Wasser (das Heißwassersystem des Hotels war noch nicht ganz auf dem neuesten Stand), doch ihr erschien es auch so schon wie ein Wunder, so viel Wasser, wie man wollte, zur Verfügung zu haben, indem man einfach nur einen Hahn aufdrehte. Während sie vor dem Feuer kniete, um sich das Haar trocknen zu lassen, ging ihr durch den Kopf, dass dieses Märchen, in das sich ihr Leben verwandelt hatte, zwar höchst unwahrscheinlich erschien und sich vermutlich jeden Augenblick wieder in nichts auflösen konnte, doch solange es andauerte, sagte sie sich, wollte sie es in vollen Zügen genießen.
    Sie schob ihre Locken zurecht (denn sie hatte ja nicht einmal einen Kamm bei sich) und betrachtete dann ihre Kleider: die schlaffe, selbst halb tot wirkende Sargbegleiterinnen-Kluft, fleckig und staubig und noch feucht von den Strapazen des Vortags. Grace schauderte unwillkürlich. Wie sollte sie je noch einmal in diese fürchterlichen Sachen schlüpfen? Aber das musste sie, wenn sie das Zimmer verlassen wollte. Auf einer Frisierkommode entdeckte sie ein paarHaarnadeln und steckte sich gerade das Haar,

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