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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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HERZINFARKT und konnte wieder atmen.
    »Soll ich es dir vorlesen?«
    »Wenn es dir nichts ausmacht?«
    James las:
»Zur tiefen Bestürzung der Stadt London wurde Mr   Sylvester Unwin, Besitzer des berühmten Trauerbekleidungskaufhauses in der Oxford Street, gestern Abend tot in der Sarghalle der Nekropolis-Eisenbahn neben Waterloo Station aufgefunden. Offenbar war Mr   Unwin (der Cousin des Bestattungsunternehmers George Unwin) zur Leichenhalle gefahren, um, als Gefälligkeitsdienst für seinen Cousin, einem Sarg die Grabbeigabe einer trauernden Witwe beizulegen, als er einen Herzinfarkt erlitt. Mr   George Unwin sagte, die aufmerksame Tat an einem hoffnungslos nebligen Abend sei ein typischer Akt der Selbstlosigkeit seines Cousins gewesen, und es sei besonders
tragisch und anrührend, dass er ausgerechnet dabei seinen Tod gefunden habe.«
    James warf Grace einen Blick zu – sie hatte die augen geschlossen – und fragte mit leiser Stimme: »Soll ich dir seine Todesanzeige vorlesen?«
    »Nein«, sagte sie. »Danke, nein. Ich will nie wieder an ihn denken – und an das, was er getan hat. Ich bin froh, dass er tot ist.« Sie schlug die Augen auf. »Ist das böse von mir?«
    James schüttelte langsam den Kopf. »Ich denke, nein.« Grace hielt mit einer Hand die Reisedecke über ihrem Schoß zusammen, und James legte seine Hand auf ihre.
    Sie lächelte ihn an und sagte mit zittriger Stimme: »Lily wird auch froh sein.« Im Stillen schickte sie ein Gebet zum Himmel, mit der Bitte, dass sie Lily recht bald davon werde erzählen können.
    Kurz vor elf Uhr saß Grace nervös auf der vordersten Stuhlkante eines Lederstuhls in einem Besprechungszimmer der Kanzlei Binge & Gently. Sie war inzwischen den beiden Seniorpartnern der Kanzlei vorgestellt worden, ebenso wie dem gefeierten Oberhaupt von James’ Kanzlei, Mr   Ernest Stamford, Anwalt der Krone, der nicht nur für seinen scharfsinnigen Rechtsbeistand berühmt war, sondern auch für sein üppiges Gesichtshaar – buschige Koteletten und einen enormen gezwirbelten Schnurrbart.
    Alle Parteien hatten sie sorgfältig über ihre Beziehungzu den Unwins befragt und darüber, wie es gekommen war, dass sie für diese arbeitete. Vor allem Mr   Binge hatte genauestens alles über ihre Mutter wissen wollen, woran sie sich noch erinnern könne. Manchmal befragte er sie so aggressiv, dass sie befürchtete, er glaube ihr nicht, und einmal fragte er, ob es jemanden gäbe, der dafür bürgen könne, dass sie die sei, für die sie sich ausgab.
    »Gibt es zum Beispiel irgendjemanden, der bestätigen kann, dass Sie und Ihre Schwester bereits vor einem Jahr, als von der Erbschaft noch nichts bekannt war, die Namen Grace und Lily Parkes benutzten?«
    Grace überlegte einen Moment und nickte dann. »Wir wohnten damals in Mrs   Macreadys Mietshaus in Seven Dials und verwendeten natürlich unsere Namen.«
    »Seven Dials?«, fragte Mr   Binge nach und zog die Augenbrauen hoch. »Kann man sich auf das Wort von jemandem verlassen, der ein Mietshaus in Seven Dials führt? Lebt denn die Frau noch da?«
    Grace schüttelte zögernd den Kopf. »Das Haus wurde abgerissen.«
    »Da haben wir’s!«, sagte Mr   Binge.
    »Aber ich weiß, wo Mrs   Macready jetzt wohnt«, sagte Grace. »Ich kann sie ausfindig machen.«
    Mr   Stamford schaltete sich ein: »Laut Information eines meiner Angestellten besaß die besagte Dame   – Mrs   Macready – dieses Mietshaus in Seven Dials über zwanzig Jahre lang. Sie hat den Ruf einer ehrenwerten Frau.«
    »Hmm«, machte Mr   Binge.
    Kurz vor Mittag führte James, als er sah, dass Grace zunehmend ängstlicher und angespannter wurde, sie auf die Terrasse, wo sie etwas frische Luft schnappen konnte.
    »Ich mag Mr   Binge nicht besonders«, sagte sie zu James, nachdem er sie ins Freie begleitet hatte und sie unter dem Schneehimmel standen. »Er scheint nichts von dem zu glauben, was ich sage.«
    »Du darfst es nicht persönlich nehmen«, sagte James. »Dein Vater hat irgendwann Binge & Gently den Auftrag für die Abwicklung seiner geschäftlichen Angelegenheiten gegeben, und nun müssen sie sicherstellen, dass seine Wünsche exakt ausgeführt werden und sein Vermögen an die richtigen Erben gelangt.«
    »Aber muss er deswegen so streng sein?«
    »Mr   Binge macht nur seine Arbeit«, sagte James sanft. »Wir sind hier wie ein kleiner Gerichtshof. Wir versuchen, die absolute Wahrheit herauszufinden.«
    Nachdem sie ungefähr zehn Minuten auf der schmalen

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