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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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Terrasse auf und ab gegangen waren, kehrten sie in das Büro zurück, und je näher die Zeiger der Uhr auf dem Kaminsims in Richtung zwölf vorrückten, umso aufgeregter wurde Grace, bis sie das Gefühl hatte, gleich ohnmächtig zu werden oder sich übergeben zu müssen oder sich sonst irgendwie zu blamieren. Fünf Minuten vor der vollen Stunde führte Mr   Gently sie, James und Mr   Stamford in ein Vorzimmer, wo sie warten sollten, bis die Unwins befragtworden waren. Dort stand eine bequeme Chaiselongue, zu der die beiden Herren sie geleiten wollten, doch sie war viel zu angespannt, um sich zu setzen, entschuldigte sich bei Mr   Stamford und James und ging ruhelos im Zimmer auf und ab.
    Was, wenn nun doch noch alles fehlschlug? In London konnte mit einem Bestechungsgeld so ziemlich alles geregelt werden, und wer wollte dafür bürgen, dass Binge & Gently nicht mit den Unwins unter einer Decke steckten? Was, wenn Lily irgendwohin verschickt worden war und sie einander nie mehr wiedersahen? Wie sollte sie ohne Zimmer und Geld den Winter überleben? Und was war mit der Nacht, die sie bereits im Hotel verbracht hatte? Konnte man sie dafür ins Gefängnis werfen, weil sie dort abgestiegen war, ohne die Mittel zu besitzen, um die Kosten dafür zu tragen?
    Manche dieser Gedanken hätte sie vielleicht mit James teilen können, doch der wurde ein paar Augenblicke später von einem Angestellten abgeholt, da seine Gegenwart anderswo benötigt werde. Und Mr   Stamford auf solche, aus seiner Sicht bestimmt trivialen Dinge anzusprechen, wagte sie nicht. Außerdem war er vollkommen in das Kreuzworträtsel der
Times
vertieft, hielt in der einen Hand einen Bleistift und zwirbelte mit der anderen seinen Bart.
    Um zwanzig Minuten nach Mittag kam Mr   Gently herein und forderte sie auf, in das große Besprechungszimmer zurückzukehren. Grace blickte, panischvor Angst, den Gang hinunter, in dem James verschwunden war, in der vergeblichen Hoffnung, ihn dort auftauchen zu sehen. Dafür bot jedoch Mr   Stamford mit seiner ruhigen und unerschütterlichen Art ihr den Arm, den sie dankbar ergriff.
    Im Hauptzimmer saßen Mr und Mrs   George Unwin sowie Miss Charlotte Unwin. Die beiden Damen waren in schwarzen Pelz gekleidet, Mr   Unwin trug Volltrauer, und alle waren höchst überrascht, als sie Grace erblickten. Dies galt vor allem für Charlotte Unwin, deren puderbleiches Gesicht aschfahl wurde.
    »Mr und Mrs   Unwin, Miss Charlotte Unwin, darf ich Ihnen Miss Grace Parkes vorstellen?«, sagte Mr   Gently, als ob sie sich nie zuvor begegnet wären. »Miss Grace«, fuhr Mr   Gently geschmeidig fort, »nun können Sie Wiedersehen mit Ihrer Schwester feiern.«
    »Das ist nicht meine Schwester«, sagte Grace. »Das ist Charlotte Unwin.«
    »Aber   … aber   … « Charlotte Unwin schwankte unschlüssig, dachte dann an ihre Kutsche samt Chauffeur und riss sich zusammen. »Ja,
inzwischen
bin ich Charlotte Unwin, aber bevor ich von meinen lieben Eltern hier adoptiert wurde, war ich Lily Parkes.«
    »Das warst du noch nie!«, rief Grace empört. »Wie kannst du so etwas sagen? Ich habe nur eine Schwester, nämlich Lily, und das bist nicht du!«
    »Wie kannst du es wagen, meiner Tochter zu widersprechen!«, fuhr Mrs   Unwin Grace zornig an undwarf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Aus purer Herzensgüte habe ich dir Arbeit bei uns gegeben! Und das ist jetzt der Dank dafür?«
    »Sie haben auch meiner Schwester Arbeit gegeben!«, erwiderte Grace. »Und wo ist Lily jetzt?«
    »Wovon redest du da?« Mrs   Unwin warf die Hände in die Höhe. »Das arme Mädchen hat den Verstand verloren.«
    »Mrs   Unwin, können Sie mir Ihre Seite der Geschichte noch einmal von Anfang an erzählen?«, bat Mr   Binge. »Ab dem Zeitpunkt der Adoption   … äh, Charlottes hier.«
    »Selbstverständlich«, sagte Mrs   Unwin. »Es ist ganz einfach. Als Mrs   Parkes   – Mrs   Letitia Parkes – starb, hinterließ sie eine Tochter namens Lily.« Dabei deutete sie auf Charlotte. »Wir wussten, dass der Vater in Übersee war, vermutlich verstorben, und so adoptierten wir sie und machten sie zu unserem eigenen Kind. Und hier ist sie nun, vollends erwachsen, eine feine junge Dame, die wir lange Jahre liebevoll gehegt haben.«
    George Unwin hob drohend die Faust gegen Grace. »Was für ein gemeines, bösartiges Verhalten von dir! Unserer Tochter wegnehmen zu wollen, was ihr rechtmäßig zusteht.«
    »Ganz genau, es gehört mir!«, rief Charlotte und brach

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