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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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dann der restlichen Familie mehr Geld bleibt.«
    Sie blieben noch eine Weile auf der Bank sitzen, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft (wobei Graces Gedanken vor allem um Lily kreisten und um die Frage, wo sie wohl sein mochte), bis Graces ursprüngliche Erregung schließlich ein wenig nachließ und sie auf einmal die durchdringende Kälte spürte und bedenklich zu zittern anfing.
    James erhob sich sofort und bot ihr den Arm. »Wo bin ich bloß mit meinen Gedanken? Komm, als Erstes müssen wir dir Wärme und Obdach verschaffen.«
    »Aber ich weiß keinen Ort, wo ich hinkann«, sagte Grace. »Es sei denn   … « Sie dachte an die letzteschreckliche Unterkunft, in der sie mit Lily gewesen war – das Lagerhaus in Southwark   –, und zitterte erneut.
    »Dann überlass es mir, eine angenehme Bleibe für dich zu finden«, sagte James und führte sie zügigen Schrittes den Gehsteig entlang.
    Der Verkehr, der vorher durch den Nebel fast zum Erliegen gekommen war, floss nun wieder ungehindert, und mit Hilfe eines Schutzmanns an der Kreuzung Hyde Park Corner überquerten sie die Straße und gingen in Richtung Mayfair. Als die Straßen immer eleganter und die Gebäude immer nobler wurden, blickte Grace an sich hinunter.
    »Wohin gehen wir?«, fragte sie beunruhigt. »Sieh mich doch an! Keine halbwegs anständige Mietpension würde mich aufnehmen.«
    »Wir suchen auch keine Mietpension«, erwiderte James. »Eine reiche Erbin schläft nicht in einer Mietpension.«
    »Bin ich wirklich eine reiche Erbin?«
    James nickte. »Du bist die rechtmäßige Erbin deiner Mutter.«
    Inzwischen hatten sie das Hotel erreicht: ein berühmtes, mit Spiegeln verkleidetes, prunkvolles Haus an der Ecke Park Lane. James geleitete sie durch die Schwingtüren und ging, während Grace sich verlegen im Hintergrund hielt, zum Empfang. Eine Visitenkarte wurde vorgelegt, sie hörte den Namen »Mr   Ernest Stamfort, Anwalt der Krone« und auch das Wort»Erbin«, und im Nu erschien der Hotelmanager auf der Bildfläche. Er verbeugte sich vor ihr und geleitete sie zur Haupttreppe, ohne den Zustand ihrer Kleider auch nur mit irgendeiner Regung zur Kenntnis zu nehmen.
    »Ich hole dich morgen um zehn Uhr ab!«, rief James ihr noch nach und war verschwunden, bevor sie sich richtig bei ihm bedanken konnte.

TODESANZEIGEN
    MR SYLVESTER UNWIN
    Mr   Sylvester Unwin war in ganz London für seine Mildtätigkeit und guten Werke bekannt. Er gründete und beaufsichtigte ein Heim für Waisenkinder und eine Ausbildungsstätte für mittellose Mädchen und war ein häufiger Besucher und Förderer des Asyls für notleidende Frauen in Whitechapel. In weiten Kreisen wurde er als zukünftiger Bürgermeister von London gehandelt.
    The Mercury

Kapitel 29
    Grace stand am Fenster ihres Hotelzimmers und blickte auf die riesige Fläche des Hyde Parks hinunter. Es war ein kalter, klarer Tag mit frostiger Luft und leuchtend blauem Himmel. Aus den Nüstern der Pferde, die die Omnibusse zogen, kamen weiße Dampfwolken, und die Menschen, dick eingemummt in ihre Winterkleider, gingen mit zusammengekniffenen Gesichtern umher.
    Grace hatte die ganze Nacht kaum ein Auge zugetan. Wie hätte sie auch! Zu sehr trieben sie die Gedanken an das um, was sie getan hatte, und obendreinwar das Zimmer, in dem sie sich befand, so pompös, dass sie gar nicht darin schlafen wollte, sondern nur darin herumwandern, die Vorhänge berühren, mit der Hand über die polierten Möbel streichen, die dicken Decken streicheln und die wolkengleichen Kissen drücken. Und als sie sich endlich doch hingelegt hatte, musste sie im Kopf immer und immer wieder die wundersamen, verblüffenden Umstände durchgehen, die dazu geführt hatten, dass sie sich jetzt an diesem herrlichen Ort befand.
    Sie wandte sich vom Fenster ab und setzte sich auf ein Sofa. Vor ihr auf einem niedrigen Tisch stand eine Kristallglasschale mit Obst: Äpfeln, Orangen, Pfirsichen und Trauben. Eine ganze Obstschale voll nur für sie. Im Augenblick würde sie gar nichts davon hinunterbringen, aber sie wollte sich auf jeden Fall etwas davon mitnehmen, sagte sie sich, und so nahm sie zwei Äpfel und steckte sie in die Taschen des Unterrocks, in dem sie geschlafen hatte. Dann steckte sie noch zwei Orangen dazu und stand auf, um sich von der Seite im Spiegel zu betrachten. Sie musste grinsen – es sah lächerlich aus! Als ob sie zwei Maultierkörbe um die Hüfte trüge! Sie nahm das Obst wieder heraus, und anscheinend gerade rechtzeitig, denn in

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