Geheimprojekt Styx
scrollte etwas nach unten. Dann stockte sie kurz, vom Schlag getroffen. „Mike...“
„Ja, Nad?“, erwiderte Hendricks mit einem Tonfall, der die Unschuld in Person war.
„Du hast einen verdammten Pharmakonzern übernommen!“
Am anderen Ende der Leitung war ein lautes Lachen zu vernehmen. Dann fuhr Hendricks wieder ruhiger fort: „Korrekt.“ Und er begann, die gesamte Geschichte zu erzählen. Wie er diesen perfiden Plan ausgearbeitet hatte, wie er Crow engagiert hatte, um die notwendigen Daten zu bekommen und schließlich, wie er die Welt von Arnold Rupo, die so scheinheilige heile Welt, Schritt für Schritt zerstört hatte. Als er geendet hatte, schwieg Sanchez erst einmal. Sie musste diesen Schock verarbeiten.
„Du hast mich übergangen.“
„Ja. Das weiß ich, und es tut mir leid. Aber es war notwendig.“
Sanchez wollte Hendricks böse sein, sie wollte sich irgendwie wirklich übergangen fühlen. Doch es gelang ihr schlicht nicht. Zum einen, weil sie Hendricks dafür zu sehr liebte, und zum anderen, weil sie seine Argumentation nachvollziehen konnte. Selbst den Aspekt, dass er sie nicht informiert hatte. Schließlich war es immer noch sein Geld, das er zum Kauf des Pharmakonzerns verwendet hatte.
„Was erwartet uns jetzt, Mike?“
„Ein wenig mehr Konferenzen. Ich habe bereits ein ausgezeichnetes Team, das sich um fünfundneunzig Prozent der Verwaltung und Leitung kümmern wird. Die vorhandenen Manager werden wir prüfen und sollten sie uns nicht zusagen, werden sie entlassen. Ich kann keine faulen Äpfel gebrauchen.“
„Ganz meine Meinung. Aber Mike, ich will jetzt ein paar Wochen nur für uns.“
„Dito, Nad.. Deshalb bin ich ja auch schon auf dem Weg nach Nassau.“
Sanchez lächelte zufrieden und bedauerte es, dass sie keine Videokonferenz machten. Sie hätte zu gern Hendricks Gesicht gesehen. Und sie wusste, dass es ihm nicht anders erging.
„Mike, schlaf' dich etwas aus, die letzten Tage waren vermutlich viel zu kurz.“
„Du hast ja keine Ahnung.“
„Gut, dann schlaf jetzt. Denn wenn du wieder da bist, wirst du die nächste schlaflose Nacht haben.“
„Gute Nacht, Nad.“
„Nacht, Mike.“
Hendricks legte auf und Sanchez sah immer noch fassungslos auf den Bildschirm ihres MacBooks. Wieder einmal überraschte Hendricks sie mit seinen Lösungen, und sie hatte das Gefühl, dass die Fusion der beiden Firmen sich mehr als nur positiv für sie herausstellen sollte. Nicht nur, weil sie dann Chefin eines Multi-Milliarden-Unternehmens war, sondern auch, weil Hendricks nicht mehr sein Leben riskieren würde.
Dann, dachte sie, kommen wir einer Familie so nah, wie wir es sonst nie kommen würden.
Und nicht zum ersten Mal dachte Sanchez über Kinder nach. Sie wusste zwar, dass Hendricks als Vater durchaus schwierig sein konnte, allein wenn es zu so vermeintlich einfachen Themen wie Geschenke oder technische Ausstattung kommen würde. Hinzu kam, dass er vermutlich, egal ob es eine Tochter oder ein Sohn war, sein Kind zu dem einen oder anderen Kurs innerhalb der Sicherheitsfirma schicken würde. Sollte es eine Tochter sein, ahnte Sanchez, dass ihr die obligatorische Begegnung mit Krav Maga nicht erspart bleiben würde.
Und allein bei dem Gedanken an das halbe Dutzend Personenschützer, die ihr Kind begleiten würden, fühlte Sanchez sich unwohl. Sie hatte sich zwar inzwischen an den Personenschutz gewöhnt und ebenfalls erlebt, dass er durchaus notwendig war, doch einem Kind wollte sie dies nicht antun. Ohne solche Maßnahmen allerdings würde sie keine ruhige Minute haben.
Sie nahm einen großen Schluck Wein und verwarf den Gedanken wieder. Sie waren einfach nicht die Typen für Kinder, dafür lebten sie zu unstet, waren zu oft unterwegs.
Doch Sanchez sah es positiv, so hatte sie Hendricks einfach mehr für sich und schlussendlich machte sie sich Sorgen um ihre Figur, für die Frauen morden würden.
Ich bin zu egoistisch, bemerkte sie am Rande, aber was soll's, ich führe ein traumhaftes Leben, also werde ich daran nichts ändern.
Sie schaute wieder auf das Meer hinaus, trank weiter ihren Wein, als sie leise Schritte im Wohnzimmer hörte. Sanchez drehte sich halb um, spähte in das schwach beleuchtete Zimmer und sah Boratto dort stehen. Offenbar gut alkoholisiert. Er sah sie und ging dann langsam, allerdings ohne Schlangenlinien, zu ihr hinüber, trat auf die Terrasse hinaus und ließ sich schwer im Sessel neben ihr nieder.
Er sagte kein Wort und rieb sich lediglich die
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