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Geheimsache Labskaus

Geheimsache Labskaus

Titel: Geheimsache Labskaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Martin und Rometsch Verg
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Ihren Haarknoten hatte sie so fest gebunden, als wollte sie sich damit die Falten aus dem Gesicht zurren. Hinter ihr hatten sich zwei muskelbepackte, ganz in schwarz gekleidete Kerle aufgebaut. „Was ihr hier riecht“, fuhr die Frau fort, „ist der feine Duft von Labskaus: Hering, saftiges Pökelfleisch, Gewürzgurken, Rote Bete und so weiter. ‚Davon schwärmt das ganze Land – feines Labskaus vom Elbstrand‘ – schon mal davon gehört? Wir machen hier die besten Konserven der Welt. Also, genau genommen machen das unsere, äh … jungen Gäste.“ Die Frau verzog die Mundwinkel, vermutlich eine Art Lächeln. „Mein Name ist Paloma Hansen. Ich leite das Kinderbesserungsheim Elbstrand, kurz KBH genannt.“ Sie sah die Jungen aus wässrig-blauen Augen durchdringend an. „Ihr seid also Oskar und Zacharias?“
    Die beiden nickten.
    „Und wer von euch ist welcher?“
    „Ich bin Zacharias“, murmelte Zack.
    „Oskar“, sagte Oskar kaum hörbar.
    „Viele unserer Gäste sind anfangs ein bisschen schüchtern. Aber das gibt sich nach ein paar Tagen.“
    „Warte mal, wir sollen ein paar Tage hierbleiben? Aber wir haben doch gar nichts gemacht!“, rief Zack aufgebracht.
    „Das kann ich nicht beurteilen. Und wie lange ihr hierbleibt, hängt nicht von mir ab. Doch solange eure Eltern sich nicht ausreichend um euch kümmern, werden wir euch zur Seite stehen. Wir können euch hier helfen, von eurer schiefen Bahn herunterzu-“
    „Welche schiefe Bahn?“ Zack kam langsam in Fahrt.
    Die Heimleiterin holte tief Luft, atmete langsam aus. Noch einmal ein. Und noch einmal aus. Ihre Stimme klang jetzt betont sanft und klebrig wie Fliegenpapier.
    „Zacharias. Damit ihr euch hier wohlfühlt, ist es wichtig, dass ihr euch an zwei Regeln haltet. Erstens: Das Personal hier im Hause sprecht ihr bitte immer mit Namen an. Ich bin also für euch Frau Direktorin Hansen. Zweitens: Lasst andere immer ausreden. Vor allem mich. Sonst bekomme ich Kopfschmerzen.“
    Oskar kam es vor, als seien sie plötzlich die Hauptdarsteller in einem schlechten Film. „Kann ich meine Eltern anrufen?“, fragte er mutig.
    „Wie bitte?“ Paloma Hansen zog die Augenbrauen hoch.
    „Äh, ich meine, Frau Direktorin Hansen, kann ich meine Eltern anrufen?“
    „Aber natürlich, das ist schließlich euer Recht!“, sagte die Heimleiterin. „Und eure Rechte nehmen wir hier sehr, sehr wichtig. Ich muss jetzt eure Aufnahmepapiere fertig machen. Das dauert zehn Minuten, so lange habt ihr Zeit zu telefonieren. Kommt mit.“ Paloma Hansen machte auf dem Absatz ihres rechten Stöckelschuhs kehrt. Oskar und Zack schlurften missmutig hinterher, gefolgt von den beiden schweigenden Muskelprotzen.
    Das Gebäude, auf das sie zugingen, war kastenförmig, grau und hässlich. Links und rechts davon konnten Oskar und Zack noch eine Ansammlung flacher Baracken mit vergitterten Fenstern ausmachen. Am anderen Ende der Anlage sahen sie undeutlich ein kleines Grüppchen sonderbar gekleideter Menschen – offenbar Kinder, die in diesem Heim lebten. Sie alle trugen Hosen und T-Shirts in einem unappetitlichen Grünton. Der kleine Tross steuerte geradewegs auf eine der Baracken zu, marschierte durch den Eingang und verschwand. Das ganze Gelände war umgeben von einem ziemlich hohen Zaun. Dahinter lag die Einsamkeit: Das Heim stand mitten im Wald.
    Die Anlage hatte einst Paloma Hansens Vater gebaut, der hier eine kleine Fischfabrik namens „Elbstrand-Konserven“ gegründet hatte. So war die Familie zu einigem Wohlstand gelangt. Doch irgendwann lohnte sich der Betrieb nicht mehr. Die Arbeitskräfte wurden zu teuer, im Ausland ließen sich Hering und Co. viel billiger eindosen. Dachten alle – außer Paloma Hansen, die vor fünf Jahren die Geschäfte ihres Vaters übernommen hatte. Sie hatte einen genialen Einfall gehabt: Wer sagte eigentlich, dass Arbeit immer bezahlt werden musste? Wenn man sich stattdessen das Personal frei Haus liefern lassen konnte! Und so wandte sich Paloma Hansen an die Stadt Hamburg, mit einem Angebot, das deren Regierung unmöglich ausschlagen konnte: Hansen schlug vor, die Fabrik in ein Heim für Schwererziehbare umzuwandeln. Hier, so erklärte sie vor dem Senats-Ausschuss für Jugend und Soziales, würden minderjährige Straftäter auf den rechten Weg zurückgebracht. Eine ausgewogene Mischung aus strengen Regeln und körperlicher Ertüchtigung in der Fischküche würden schon dafür sorgen, dass auch der letzte Autoknacker, Kaufhausdieb oder

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