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Gehen (German Edition)

Gehen (German Edition)

Titel: Gehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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Verfassung gezeigt, als Scherrer. Plötzlich sagt Karrer zu Rustenschacher, so Oehler zu Scherrer, wenn Sie, Rustenschacher, genau hinter dieser Hose, die mir gerade von Ihrem Neffen gegen das Licht gehalten wird, Aufstellung nehmen, genau hinter dieser mir von Ihrem Neffen hinter das Licht gehaltenen Hose, kann ich durch diese Hose Ihr Gesicht mit einer Deutlichkeit sehen, mit welcher ich Ihr Gesicht gar nicht sehen will. Aber Rustenschacher beherrschte sich. Worauf Karrer sagte, Schluß mit den Hosen!, Schluß mit den Stoffen!, Schluß damit!, so Oehler zu Scherrer. Gleich darauf sagt aber Karrer wieder, so Oehler zu Scherrer, es handle sich bei diesen auf dem Ladentisch liegenden Stoffen hundertprozentig um tschechoslowakische Ausschußware. Abgesehen von der Verarbeitung, sagt Karrer, so Oehler zu Scherrer, handle es sich bei diesen Stoffen doch auch für den Laien ganz offensichtlich um tschechoslowakische Ausschußware. Die Verarbeitung ist die beste, natürlich ist die Verarbeitung die beste, sagt Karrer immer wieder, das habe sich in allen diesen Jahren, in welchen Karrer den rustenschacherschen Laden aufsuche, immer wieder gezeigt. Und wielange suche er schon den rustenschacherschen Laden auf und wieviele Hosen habe er schon im rustenschacherschen Laden gekauft, sagt Karrer, so Oehler zu Scherrer. Kein einziger abgerissener Knopf! sagt Karrer, so Oehler zu Scherrer, keine einzige aufgerissene Naht! sagt Karrer zu Rustenschacher. Meine Schwester, sagt Karrer, hat mir noch nicht einen einzigen abgerissenen Knopf annähen müssen, das ist wahr, daß mir meine Schwester noch niemals einen einzigen Knopf an eine meiner bei Ihnen, Rustenschacher, gekauften Hosen hat annähen müssen, weilalle diese von Ihnen an diese bei Ihnen gekauften Hosen angenähten Knöpfe tatsächlich mit einer Festigkeit angenäht sind, daß man keinen dieser Knöpfe abreißen kann. Und keine einzige Naht ist in allen diesen Jahren an einer einzigen meiner bei Ihnen gekauften Hosen aufgegangen! Scherrer notiert in der sogenannten, unter den psychiatrischen Ärzten üblichen Kurzschrift, was ich sage. Und ich komme mir entsetzlich vor in dem Gedanken, sagt Oehler, daß ich hier, in Pavillon VI vor Scherrer sitze und diese Angaben über Karrer mache, während Karrer in Pavillon VII interniert ist, wir sagen interniert , weil wir eingesperrt oder wie ein Vieh eingesperrt nicht sagen wollen, sagt Oehler. Da sitze ich in Pavillon VI und rede über Karrer in Pavillon VII, ohne daß Karrer etwas davon weiß, daß ich in Pavillon VI über ihn in Pavillon VII rede. Und naturgemäß habe ich Karrer nicht aufgesucht, weder, wie ich nach Steinhof hineingegangen bin, noch, wie ich aus Steinhof herausgegangen bin, sagt Oehler. Aber wahrscheinlich hätte Karrer gar nicht besucht werden können. Es ist nicht gestattet, in Pavillon VII Internierte, sagt Oehler, aufzusuchen. Wer in Pavillon VII ist, darf keine Besuche empfangen. Aufeinmal sagt Rustenschacher, sage ich zu Scherrer, so Oehler, Karrer könne den Versuch machen, von diesen auf dem Ladentisch liegenden Hosen, einen Knopf abzureißen. Oder machen Sie den Versuch, eine dieser Nähte aufzureißen! sagt Rustenschacher zu Karrer, unterziehen Sie doch alle diese Hosen einer genauen Prüfung, sagt Rustenschacher und Rustenschacher fordert Karrer auf, an allen diesen auf dem Ladentisch liegenden Hosen zu reißen und zu ziehen und zu zerren, wie er wolle, so Oehler zu Scherrer. Rustenschacher forderte Karrer auf, mit den Hosen zu machen, was er mit den Hosen machen wolle. Möglicherweise dachte Rustenschacher in diesem Augenblick erzieherisch, so Oehler zu Scherrer. Darauf Karrer zu Rustenschacher: so direkt dazu aufgefordert, alle diese rustenschacherschen Hosen zu zerreißen, so Oehler zu Scherrer, verzichte er,Karrer, darauf. Lieber mache ich eine solche Zerreißprobe nicht! sagt Karrer zu Rustenschacher, so Oehler zu Scherrer. Denn machte ich den Versuch, so Karrer, auch nur an einer einzigen dieser Hosen eine Naht auf zureißen oder auch nur von einer einzigen dieser Hosen einen Knopf ab zureißen, hieße es gleich, ich sei verrückt, wovor ich mich aber hüte, denn davor, daß man als verrückt bezeichnet wird, solle man sich hüten, so Oehler zu Scherrer. Aber risse ich wirklich an diesen Hosen, so Karrer zu Rustenschacher und seinem Neffen, risse ich zweifellos in der kürzesten Zeit alle diese Hosen zu Fetzen, geschweige denn, daß ich in der allerkürzesten Zeit alle Knöpfe von allen diesen

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