Gehetzte Uhrmacher
Uhrmacher.
Der Killer beugte sich vor.
Und dann streckte er die Hand aus und half Baker auf die Beine. »Sind Sie in Ordnung?«
»Bloß ein wenig außer Atem. Ich hab nicht aufgepasst. Danke, Gerry.«
Duncan holte Bakers Waffe und gab sie ihm. »Die hätten Sie nicht zu ziehen brauchen.« Er lachte.
Baker steckte die Pistole zurück in sein Holster. »Ich war mir
nicht sicher, wer mir hier außer Ihnen sonst noch über den Weg laufen würde. Was für ein gruseliger Schuppen.«
Der Uhrmacher deutete auf das Büro. »Kommen Sie doch herein. Ich werde Ihnen genau erklären, was ihr bevorsteht.«
Damit war der Mord gemeint, den die beiden Männer begehen würden.
Und die Frau, auf die sie es dabei abgesehen hatten, war eine New Yorker Polizistin namens Amelia Sachs.
... Neunundzwanzig
Dennis Baker saß in einem der Büros des Lagerhauses auf einem Stuhl und versuchte, sich nach seinem Sturz den Schmutz von der Anzughose zu klopfen.
Italienisch, teuer. Scheiße.
»Wir haben Vincent Reynolds festgenommen und die Kirche gestürmt«, sagte er zu Duncan.
Das war für diesen natürlich nichts Neues, denn er hatte höchstpersönlich die Polizei angerufen und gemeldet, der Assistent des Uhrmachers sei mit einem Karren voller Lebensmittel im West Village unterwegs. (Baker war überrascht und beeindruckt gewesen, dass Kathryn Dance bereits auf Vincent getippt hatte, bevor Duncan seinen vermeintlichen Partner überhaupt ans Messer liefern konnte.)
Und Duncan hatte ebenfalls gewusst, dass der Vergewaltiger die Kirche unter Druck preisgeben würde.
»Es hat etwas länger gedauert als gedacht, aber er hat aufgegeben«, sagte Baker.
»Natürlich hat er das«, sagte Duncan. »Er ist ein Wurm.«
Duncan hatte die Verhaftung dieses kranken Arschlochs von vornherein beabsichtigt; sie war notwendig, um die Cops mit Informationen zu versorgen, laut denen es sich bei dem Uhrmacher um einen rachsüchtigen Psychopathen handelte, nicht um den Auftragsmörder, der er in Wahrheit war. Außerdem sollte Vincent die Polizei in die Richtung weisen, die Duncan zur Vollendung seines Plans benötigte.
Und dieser Plan war so kunstvoll und elegant wie ein edles Uhrwerk. Er sollte Amelia Sachs’ Ermittlungen zum Stillstand bringen, denn sie gefährdeten den Erpresserring, der unter Bakers Leitung vom Hundertachtzehnten Revier aus operierte.
Dennis Baker stammte aus einer Polizistenfamilie. Sein Vater war Verkehrspolizist gewesen, die Treppe einer U-Bahn-Station hinuntergestürzt und früh in den Ruhestand versetzt worden. Sein älterer
Bruder arbeitete im Strafvollzug, und Bakers Onkel war Cop in einer Kleinstadt in Suffolk County, der alten Heimat. Anfangs hatte Baker sich nicht für den Beruf interessiert – der gut aussehende, athletische junge Mann wollte das große Geld. Aber nachdem die Recyclingfirma, in die er jeden Penny investiert hatte, Konkurs anmelden musste, entschied er sich anders. Er zog von Long Island nach New York City und versuchte, sich als Polizist neu zu erfinden.
Doch sein relativ spätes Einstiegsalter und das großspurige Gehabe, das er sich aus irgendeiner Fernsehserie abgeschaut hatte, arbeiteten gegen ihn und machten ihn bei seinen Vorgesetzten und Kollegen wenig beliebt. Auch seine Familiengeschichte half ihm nicht (denn seine Verwandten bekleideten nur niedrige Dienstränge). Baker kam halbwegs über die Runden, aber ein Eckbüro im Big Building war ihm nicht beschieden.
Daher beschloss er, sich wieder auf das große Geld zu konzentrieren. Allerdings nicht in der freien Wirtschaft, sondern mit Hilfe seiner Dienstmarke.
Als er die ersten Geschäftsleute abkassierte, fragte er sich, ob er deswegen wohl Schuldgefühle haben würde.
Nein. Nicht im Geringsten.
Um seinen Lebensstil zu finanzieren – Wein, gutes Essen, schöne Frauen – brauchte er jedoch bald mehr als die lächerlichen tausend Dollar pro Woche, die er von koreanischen Großhändlern oder den Fettsäcken eintrieb, denen irgendwelche Pizzerien in Queens gehörten. Also entwickelten Baker, ein früherer Partner und einige Beamte des Hundertachtzehnten Reviers die Idee zu einem lukrativen Erpresserring. Bakers Handlanger entwendeten kleine Mengen Drogen aus den Asservatenkammern oder sammelten etwas Koks oder Heroin auf der Straße ein. Dann suchten sie sich in den Clubs von Manhattan die Kinder reicher Geschäftsmänner heraus, schoben ihnen die Drogen unter und nahmen sie hoch. Daraufhin setzte Baker sich mit den Eltern in Verbindung und
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