Gehetzte Uhrmacher
schnellstmöglich aufgehalten werden musste.
Im Anschluss machte Duncan seine nächsten Züge: Er setzte Vincent auf Kathryn Dance an, damit man glauben würde, der Uhrmacher schrecke nicht davor zurück, auch Polizisten zu ermorden. Gleichzeitig sorgte er dafür, dass Vincent verhaftet wurde und seinen vermeintlichen Partner an die Cops verriet.
Nun war es Zeit für den letzten Schritt. Der Uhrmacher würde tatsächlich eine Beamtin umbringen, nämlich Amelia Sachs, und ihr Tod würde eindeutig das Werk eines rachsüchtigen Killers sein, der nichts mit dem St.-James-Fall zu tun hatte.
»Sie hat herausgefunden, dass Sie sie ausspioniert haben?«, fragte Duncan.
Baker nickte. »Das kann man wohl sagen. Dieses Miststück ist nicht auf den Kopf gefallen. Aber ich habe mich an Ihren Ratschlag gehalten.«
Duncan hatte vorausgesehen, dass die Frau niemandem trauen würde, der ihr nicht persönlich bekannt war. Er hatte erläutert, dass man daher eine harmlose Begründung für das eigene Verhalten bereithalten müsse. Man gesteht einfach ein geringeres Vergehen, gibt sich reumütig, und schon ist die andere Person zufrieden, und man wird von der Liste der Verdächtigen gestrichen.
Baker folgte Duncans Empfehlung und fragte ein paar Streifenbeamte nach Sachs. Er hörte Gerüchte, sie sei mit einem korrupten Cop zusammen gewesen, und fingierte eine E-Mail von jemandem im Big Building, die ihm als Vorwand für die Nachforschungen dienen konnte. Sachs war nicht erfreut darüber, aber sie verdächtigte ihn keines schwereren Vergehens.
»Der Plan ist folgender«, erklärte Duncan nun und zeigte ihm den Grundriss eines Bürogebäudes in Midtown. »Hier arbeitet das letzte Opfer. Sie heißt Sarah Stanton und hat ein Büro im ersten Stock. Ich habe mir den Ort wegen der Anordnung der Räumlichkeiten ausgesucht. Sie sind wie für uns gemacht. Ich konnte keine der Uhren dort aufstellen, weil die Polizei bekannt gegeben hat, dass der Täter sie benutzt – aber ich habe das Zeit- und Datumsfenster auf ihrem Computer geöffnet.«
»Gute Idee.«
Duncan lächelte. »Dachte ich mir.« Die Stimme des Killers war leise und seine Wortwahl präzise, aber sein zufriedener Tonfall war der eines bescheidenen Kunsthandwerkers, der ein fertig gestelltes Möbelstück oder Musikinstrument beschrieb... oder eine Uhr, dachte Baker bei sich.
Duncan schilderte, wie er sich als Arbeiter verkleidet und gewartet hatte, bis Sarah das Haus verließ. Dann hatte er einen mit leicht entzündlichem Alkohol gefüllten Feuerlöscher vor Ort platziert. In
wenigen Minuten sollte Baker bei Rhyme oder Sellitto anrufen und berichten, er habe einen Hinweis auf den Standort der Brandbombe gefunden. Die ESU und das Räumkommando würden daraufhin sofort zu dem Bürogebäude rasen. Amelia Sachs ebenfalls.
»Das Gerät ist so eingestellt, dass es sie bei einer bestimmten Bewegung mit Alkohol besprüht und ihn sogleich entzündet. Alkohol verbrennt sehr schnell. Er wird sie töten oder verletzen, aber nicht das ganze Büro in Brand stecken.« Die Polizei könne vielleicht sogar den Mechanismus entschärfen und Sarah Stanton retten, fuhr er fort. Es würde keine Rolle spielen; Duncan kam es lediglich darauf an, dass Amelia Sachs das Büro betreten würde, um den Tatort zu untersuchen.
Sarahs Schreibtisch stand am Ende eines schmalen Korridors. Sachs würde die Untersuchung wie immer allein vornehmen. Baker sollte in der Nähe auf die beste Gelegenheit warten. Wenn Sachs ihm den Rücken zudrehte, würde er sie und jeden anderen Anwesenden erschießen, und zwar mit Duncans 32er Automatik, geladen mit Patronen aus genau der Schachtel, die der Uhrmacher absichtlich in dem Geländewagen zurückgelassen hatte, damit die Polizei sie finden würde. Nach dem Mord an Sachs würde Baker eine nahe Scheibe einschlagen, die viereinhalb Meter über einer Gasse lag, und die Pistole hinauswerfen. Dadurch würde es so aussehen, als sei der Uhrmacher aus dem Fenster gesprungen und habe bei seiner Flucht die Waffe verloren. Das ungewöhnliche Pistolenmodell und die übereinstimmende Munition würden keinen Zweifel an der Identität des Täters lassen.
Sachs würde tot sein, und die Untersuchung der angeblichen Korruptionsfälle im Hundertachtzehnten Revier würde schlagartig zum Stillstand kommen.
»Lassen Sie zunächst ein paar Ihrer Kollegen zu der Leiche vordringen«, sagte Duncan. »Dann wäre es eine nette Geste, wenn Sie die anderen beiseite stoßen und versuchen würden, die
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