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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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mir... Du hast mich am Dienstag in der Gasse erkannt, nicht wahr? Als du in dem Wagen gesessen hast.«
    »Ja. Ich glaube, das war Schicksal – damit Sie mich noch einmal retten konnten. Glauben Sie nicht auch daran, dass solche Dinge passieren?«
    Nein, das glaubte Sachs nicht. Aber sie sagte: »Das Leben macht bisweilen komische Sachen.«
    Ein Wagen der Stadtverwaltung hielt am Bordstein. Eine Sozialarbeiterin, die Sachs kannte, stieg aus und gesellte sich zu ihnen.
    »Brrr.« Die Frau, eine hübsche Afroamerikanerin, rieb sich die Hände vor der Öffnung des Heizgebläses. »Dabei ist offiziell noch gar nicht Winter. Das ist nicht fair.« Sie hatte bereits diverse Vorkehrungen für das Mädchen getroffen. »Also, wir haben ein paar wirklich nette Pflegefamilien gefunden. Die in Riverdale kenne ich schon seit Jahren. Du wirst dort einige Tage bleiben, während wir versuchen, deine nächsten Verwandten ausfindig zu machen.«
    Pammy runzelte die Stirn. »Kann ich einen neuen Namen bekommen?«
    »Einen neuen...?«
    »Ich will nicht mehr ich sein. Und ich will nicht, dass meine Mutter je wieder mit mir redet. Und ich will nicht, dass irgendeiner dieser Leute, mit denen sie zu tun hat, mich findet.«

    »Wir werden dafür sorgen, dass dir nichts passiert«, sagte Sachs, bevor die Sozialarbeiterin reagieren konnte. »Das ist ein Versprechen.«
    Pammy umarmte sie.
    »Darf ich dich denn wiedersehen?«, fragte Sachs.
    »Ja«, sagte das Mädchen und versuchte vergeblich, seine Freude zu verbergen. »Falls Sie möchten.«
    »Wie wär’s mit einem Einkaufsbummel morgen?«
    »Okay. Prima.«
    »Gut, dann ist das abgemacht.« Sachs hatte eine Idee. »He, magst du Hunde?«
    »Ja. Eine Familie, bei der ich in Missouri gewohnt habe, hatte einen. Er hat mir viel besser gefallen als seine Besitzer.«
    Amelia rief Thom an. »Ich hab da mal eine Frage.«
    »Schieß los.«
    »Hast du schon jemanden für Jackson gefunden?«
    »Nein, der ist noch zu haben.«
    »Dann nimm ihn vom Markt«, sagte Sachs. Sie unterbrach die Verbindung und sah Pam an. »Ich habe ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk für dich.«
     
    Manchmal funktioniert sogar die hochwertigste Uhr nicht.
    Die Dinger sind ziemlich anfällig, wenn man mal darüber nachdenkt. Fünfhundert bis tausend winzige bewegliche Teile, fast mikroskopisch kleine Schrauben, Federn und Edelsteine, alle präzise zusammengesetzt, sodass Dutzende verschiedener Bewegungen im Gleichklang arbeiten... Da kann alles Mögliche schiefgehen. Der Uhrmacher kann sich verrechnen, ein Stückchen Metall kann verbiegen, der Besitzer kann den Mechanismus zu fest aufziehen. Oder die Uhr fällt ihm aus der Hand. Feuchtigkeit dringt ein.
    Womöglich funktioniert die Uhr auch nur in einer bestimmten Umgebung perfekt, aber nicht in einer anderen. Sogar die berühmte Rolex Oyster Perpetual, die als erste Luxus-Taucheruhr Furore gemacht hatte, kann unter Wasser nicht unbegrenzt dem Druck standhalten.
    Nun, in der Nähe des Central Park, saß Charles Vespasian Hale in seinem Wagen, mit dem er aus San Diego hergekommen war – was keinerlei Spuren hinterließ, sofern man das Benzin bar bezahlte
und alle gebührenpflichtigen Strecken mied -, und fragte sich, woran sein Plan gescheitert sein mochte.
    Vermutlich an der Polizei, vor allem an Lincoln Rhyme. Hale hatte sich nach Kräften bemüht, Rhymes Züge vorherzusehen. Aber dem ehemaligen Cop war es gelungen, ihn um Haaresbreite zu schlagen. Rhyme hatte genau das gemacht, was Hale befürchtet hatte – er hatte sich ein paar Zahnräder und Hebel angesehen und daraus hochgerechnet, wie das gesamte Uhrwerk konstruiert war.
    Auf der langen Fahrt zurück nach Kalifornien würde Hale jede Menge Zeit haben, den Fehlschlag zu analysieren und daraus für die Zukunft zu lernen. Er musterte im Rückspiegel sein Gesicht. Die Haarfarbe war wieder seine eigene und die hellblauen Kontaktlinsen waren weg, aber das Kollagen, das ihm die dicke Nase, aufgedunsene Wangen und ein Doppelkinn verschafft hatte, war noch nicht aus seinem Gesicht gewichen. Und es würde Monate dauern, die achtzehn Kilo zuzunehmen, die er sich für diesen Auftrag abgehungert hatte, und wieder er selbst zu werden. Nach all der Zeit in der Stadt fühlte er sich blass und träge. Er freute sich schon auf die Wildnis und die Berge.
    Ja, sein Vorhaben war ihm missglückt. Doch wie er schon zu Vincent Reynolds gesagt hatte – vor dem Hintergrund des großen Ganzen war das nicht von Bedeutung. Die Verhaftung von

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