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Gehirntraining - Ueber Die Benutzung Des Kopfes.

Titel: Gehirntraining - Ueber Die Benutzung Des Kopfes. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schirrmacher
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von 5 und 6. Die arabische Schreibweise ist gewissermaßen der Homogenität der Zahlen am besten angemessen.
    Für den Kognitionspsychologen Brian Butterworth vom University College London, der 1999 »The Mathematical Brain« veröffentlichte, ist der Unterschied zwischen 3 und 5 der Unterschied zwischen Gehirn und Kultur. Das Gehirn ist für Mathematik im Bereich der einfachsten Zahlen disponiert. Butterworth spricht von einem »Zahlenmodul« im linken Parietallappen, das für das automatische Erkennen kleiner Zahlen, für einfache Additionen und für Mengenvergleiche zuständig sei. Alle Errungenschaften darüber hinaus seien solche der Zivilisation und unserer Fähigkeit, uns beim Rechnen auf Symbole zu stützen. Unterschiedliche mathematische Leistungsfähigkeit, heißt das, ist keine Frage der Erstausstattung. 1
    Das war nicht als kritische These gegen die Gehirnforschung gemeint, im Gegenteil. Denn es hat lange gedauert, um überhaupt festzustellen, dass die Fähigkeit zur Mathematik Grundlagen in neurologischen Strukturen hat. Dabei war die Frage, ob Babys rechnen können, von entscheidender Bedeutung für den Nachweis, dass mathematische Fähigkeiten angeboren sind. Stanislas Dehaene, der am Collège de France in Paris forscht, hat in
seinem fabelhaften, im »Jahr der Mathematik« eigentlich Pflichtlektüre darstellenden Buch »La bosse des maths« (im Deutschen »Der Zahlensinn«, Basel 1999) von einer ganzen Reihe an Experimenten berichtet, die seit den Achtzigerjahren diese Frage bejaht haben.
    Lange hatte die Entwicklungspsychologie der Schule Jean Piagets etwas anderes behauptet. Der Zahlbegriff werde wie andere abstrakte Konzepte in sensomotorischer Auseinandersetzung mit der Außenwelt eher langsam und erst nach Erwerb elementarer logischer Fähigkeiten aufgebaut. Dass Mathematik gelernt werden muss, steht selbstverständlich außer Frage. Aber schon sechs Monate alte Säuglinge, so haben Versuche der Psychologen Elisabeth Spelke (Harvard) und Prentice Starkey (Berkeley) ergeben, wenden sich von Bildern, die drei Objekte zeigen und deren Wahrnehmung von drei Trommelschlägen begleitet wird, solchen mit zwei Objekten zu, wenn nur noch zwei Töne zu hören sind. Offenkundig wird im Gehirn eine Repräsentation von »3« oder »2« aktiviert, ganz gleich, ob es sich um drei Dinge oder drei Klänge handelt.
    Unter dem Titel »Addition und Subtraktion bei Babys« hat Karen Wynn von der Yale-Universität 1992 demonstriert, dass ein Kind sogar schon mit vier Monaten ahnt, 1 plus 1 könne nicht 1 sein. Zeigt man nämlich dem Säugling zunächst ein Objekt, verdeckt es dann und zeigt ihm ein zweites gleichartiges, um dann beide zu verdecken, so ist es messbar irritiert, wenn nach der Enthüllung nur noch eines der beiden Objekte da ist - und das auch dann, wenn dabei die Lage der Objekte verändert wird, wenn es
sich also nicht um einen Fall von Bildgedächtnis handeln kann. Verwandeln sich Frösche in Prinzen, so Dehaene, nehmen das Kleinkinder gleichmütig hin, aber die Verwandlung von zwei Fröschen in einen finden sie erstaunlich.
    In diesem Befund einer angeborenen Disposition zu einfacher Arithmetik liegt die Mitteilung, dass mathematische Fähigkeiten keine Geniefrage sind. Zumindest im Bereich überschaubarer Zahlen und Operationen gehört »Numerosität« zur Menschheitsausstattung. Man kann die These, dass das Gehirn rechnet und zum Rechnen disponiert ist, daher festhalten, ohne das Bild vom Gehirn-computer zu bemühen. Dehaene geht so weit, das Gehirn, seiner arithmetischen Fähigkeiten halber, eher als »Waage« zu bezeichnen, also nicht als digitale, sondern als analoge Maschine, die Größen zur Darstellung von Zahlen verwendet und nicht Zahlen zur Darstellung von Größen. Dehaene empfiehlt Eltern, die ihre Kinder im Rechnen schulen wollen, diesen Weg in die anschauliche Dimension der Mathematik: Sie sollen mit ihnen »Mensch ärgere dich nicht« spielen.
    Einen zentralen Rechenprozessor jedenfalls hat das Gehirn nicht. Bildgebende Experimente haben ebenso wie Studien an Gehirngeschädigten nachgewiesen, dass ganz unterschiedliche Sektoren am Rechnen beteiligt sind. Das Vergleichen von Mengen findet in einem anderen Bezirk statt als das Multiplizieren. Und wer nach »8 mal 7« gefragt wird, rechnet im strikten Sinne gar nicht, sondern aktiviert sein Wortgedächtnis - mitunter aber ist selbst das unsicher: 54? 64? 56?

    Wer hingegen »68 mal 76« ausrechnen soll, kann das nicht über

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