Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
an.
»Ferguson sagte mir, daß Sie mich nach Tibet begleiten und mir dort weiterhelfen wollen«, begann Chavasse. »Warum tun Sie das?«
»Aus zwei Gründen«, antwortete Joro. »Erstens waren Sie einer der Männer, die unserem Dalai-Lama bei der Flucht halfen, und zweitens wollen Sie Dr. Hoffner helfen.«
»Warum haben Sie Tibet dann überhaupt verlassen? Hatten Sie Schwierigkeiten?«
Joro schüttelte den Kopf. »Ich stand nicht auf der schwarzen Liste, wenn Sie das meinen. Unser Volk ist tapfer, aber mit Schwertern und Musketen richten wir gegen die Chinesen nichts aus. Was wir brauchen, sind moderne Karabiner und Maschinengewehre. Als ich über den Pangong-Tso-Paß kam, hatte ich Gold in meine Shuba eingenäht. Dafür habe ich mit Mr. Fergusons Hilfe Waffen eingekauft.«
»Ihr werdet die Waffen mit hineinnehmen«, erklärte Fergu son. »Es steht schon alles bereit: Karabiner mit Munition, zwei Maschinengewehre und eine Kiste Handgranaten. Mehr konnte ich nicht auftreiben. Wir waren gerade bei Kerensky. Er möchte noch heute nachmittag nach Leh fliegen, wenn Sie einverstanden sind.«
Joro nickte. »Wenn Mr. Chavasse bereit ist, dann sehe ich keinen Grund für eine weitere Verzögerung.«
»Falls das Wetter günstig ist, will Kerensky noch in der Nacht nach Rudok weiterfliegen, wir haben also nicht viel Zeit«, fuhr Chavasse fort. »Ich hätte da gern noch einige Dinge von Ihnen erfahren. Wie ist die allgemeine Lage im westlichen Tibet?«
»Ganz anders als im übrigen Land. Die Chinesen haben eine Straße von Gartok nach Jarkend gebaut, die durch umstrittenes Gebiet führt, das sie von Indien beanspruchen. Die Straße ist jedoch nicht sehr stark befahren. Wissen Sie, die ganze Gegend ist nur dünn bevölkert, und die Chinesen kontrollieren besten falls die Dörfer und Städte – und die nicht einmal vollständig.«
»Es gibt also örtliche Widerstandsnester?«
Ein leichtes Lächeln huschte über Joros Gesicht. »Die mei
sten Männer meines Volkes sind Hirten, die dauernd mit ihren Herden umherziehen. Es sind harte Bergbewohner, die sich nicht so leicht der chinesischen Herrschaft beugen. Was haben Sie eigentlich für eine Antwort erwartet?«
»Ich hätte angenommen, daß die Tibetaner als Buddhisten jeder Art von Gewalt abgeneigt sind«, bemerkte Ferguson.
»So war es auch«, sagte Joro grimmig. »Doch dann kamen die Roten. Sie töteten unsere jungen Männer und entehrten unsere Frauen. Die Tibetaner waren Krieger, bis Buddha uns die Wege des Friedens lehrte. Die Chinesen haben uns wieder in ein kriegerisches Volk verwandelt.«
»Er hat recht«, sagte Chavasse zu Ferguson. »Als ich in Süd tibet war, kämpften sogar die Mönche.«
»So ist es«, bestätigte Joro. »Im Kloster von Yalung Gompa, nicht weit von Rudok, werden wir viele Freunde finden. Die Mönche werden uns helfen, so gut sie können.«
»Erzählen Sie mir doch etwas über Hoffner«, bat Chavasse. »In welcher Verfassung befand er sich, als Sie ihn zuletzt sahen?«
»Er ist sehr krank gewesen, da habe ich ihn besucht. Als er hörte, daß ich nach Kaschmir reisen wollte, ersuchte er mich, einen Brief für ihn mitzunehmen.«
»Er wird also nicht besonders streng bewacht?«
Joro schüttelte den Kopf. »Er darf weiterhin in seinem frühe
ren Haus wohnen. Changu ist eine sehr alte Stadt, mit einer Stadtmauer drumherum. Sie hat ungefähr fünftausend Einwoh ner. Auch Oberst Li, der chinesische Kommandant für den ganzen Bezirk, residiert dort.«
»Hoffner steht aber doch unter Hausarrest?«
»Er geht manchmal in der Stadt spazieren, darf sie aber nicht verlassen.« Joro hob die Schultern. »Sie machen sich nicht die Mühe, ihn streng zu bewachen. Wohin sollte ein gebrechlicher alter Mann schon fliehen?«
»Das bedeutet, daß wir ohne große Schwierigkeiten an ihn herankommen werden«, sagte Chavasse. »Es wird auch nicht zu schwer sein, ihn von Changu zu dem Landeplatz in der Nähe von Rudok zu schaffen. Dort kann ihn Kerensky über nehmen.«
»Es könnten Schwierigkeiten auftreten, die Sie nicht bedacht haben«, sagte Joro. »Hoffners Wirtschafterin könnte sich als Hindernis erweisen.
Als ich zuletzt dort war, habe ich sie nicht gesehen, aber ich traue ihr nicht.«
»Warum nicht?«
»Aus einem ganz einfachen Grund: Sie ist Chinesin. Zumin
dest ihre Mutter war Chinesin. Der Vater war Russe, was genauso schlimm ist. Sie heißt Katja Stranoff. Als sie mit ihrem
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