Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
anders erwartet«, sagte Li gelassen und schickte die Wache mit einer knappen Kopfbewegung hinaus.
Die ungewohnte Wärme machte Chavasse ein wenig schwindlig. Er griff nach der Schreibtischkante, um sich daran festzuhalten. Sofort erhob sich Oberst Li.
»Ich glaube, Sie sollten sich lieber setzen, mein Freund.«
Chavasse ließ sich auf den Stuhl sinken. Li ging zu einem Eckschrank, öffnete die mit einer wunderschönen Lackarbeit verzierte Tür und holte eine Flasche mit zwei Gläsern heraus. Dann setzte er sich wieder, füllte die beiden Gläser und schob eins davon über den Tisch. Chavasse wartete, bis der Chinese getrunken hatte.
Li stellte mit leichtem Lächeln sein Glas hin. »Trinken Sie nur, mein Freund. Sie werden überrascht sein.«
Chavasse trank und mußte husten. Es war allerfeinster schot tischer Whisky. Er griff nach der Flasche und füllte sich sein Glas noch einmal.
»Freut mich, daß es Ihnen schmeckt«, bemerkte Li.
Chavasse prostete ihm schweigend zu und goß auch das zwei
te Glas in einem Zug hinunter. Der Alkohol verbreitete eine angenehme Wärme in seinem Körper. Er fühlte sich etwas wohler und lehnte sich zurück.
»Ihr könnt euch jeden erdenklichen Luxus erlauben, wie? Muß doch schwer sein, für das Proletariat zu arbeiten! Übri gens – Sie haben nicht zufällig so etwas Ähnliches wie eine Zigarette? Ihre Leute haben mir alles abgenommen. Sie sahen so aus, als bekämen sie ihren Sold nur höchst selten zu sehen.«
Oberst Li zog ein Päckchen amerikanische Zigaretten aus der Rocktasche und schob es mit einer raschen Handbewegung über den Tisch. »Wie Sie sehen, kann ich Ihnen alles bieten, was Sie sich wünschen.«
Chavasse zog eine Zigarette aus der Packung und lehnte sich vor, um sich Feuer geben zu lassen. »Was ist eigentlich mit Ihren eigenen Zigarettenmarken los?« fragte er.
Li lächelte freundlich. »Virginiazigaretten sind gar nicht übel. Wenn unsere Zeit gekommen ist, werden wir sie zweifellos für den Inlandsverbrauch vorsehen.«
»Vorsicht, Genosse!« warnte Chavasse. »In Peking könnte man eine solche Äußerung schon als Verrat auslegen.«
Lächelnd steckte Li eine Zigarette in seine elegante Jadespit
ze. »Wir sind hier aber nicht in Peking, mein Freund. Hier habe nur ich zu bestimmen.«
Er blieb freundlich und ruhig, doch Chavasse begann seine Taktik zu durchschauen. Widerwillig mußte er zugeben, daß er es mit einem Experten zu tun hatte.
»Was kommt nun?« fragte er.
Oberst Li zuckte die Achseln. »Das hängt ganz von Ihnen ab, mein Freund. Wenn Sie sich zugänglicher zeigen, wird vieles für Sie leichter werden.«
Chavasse horchte auf. Das klang so, als wäre Li durchaus kompromißbereit, andererseits wußte er natürlich, daß auch dieses Entgegenkommen zu einer ihm wohlvertrauten Methode gehörte.
Er lächelte Li durch eine Rauchwolke hindurch an. »Ich habe also immer noch eine Chance?«
»Selbstverständlich. Sie brauchen mir nur zu sagen, wer Sie wirklich sind und welcher Auftrag Sie nach Changu geführt hat.«
»Und wenn ich es Ihnen sage?«
»Nun, wir haben immer Verwendung für Leute, die ihren Irrtum freiwillig eingestehen.«
Chavasse lachte rauh und drückte seine Zigarette in dem Jadeascher aus. »Wenn das Ihr bestes Angebot ist, kommen wir nicht ins Geschäft.«
Der Chinese klopfte mit seiner schlanken, eleganten Hand leicht auf die Tischplatte und meinte bedauernd: »Das ist wirklich sehr schade.«
Seine Stimme klang ehrlich betrübt. Chavasse hörte ihm nur mit einem Ohr zu, während seine Gedanken weit weg waren.
»Was ist schade?« fragte er zerstreut.
»Es tut mir leid, daß wir beide auf verschiedenen Seiten ste
hen. Ich bin kein politischer Idealist und auch kein Fanatiker. Ich bin nichts weiter als ein Mann, der sich immer den gegebe nen Verhältnissen anpaßt.«
»Hoffentlich kommen Sie damit gut zurecht«, bemerkte Cha vasse mit einem Unterton von Ironie.
»Darum brauchen Sie sich wirklich keine Sorgen zu ma chen«, sagte Li sanft. »Sehen Sie – ich habe mich auf die Seite des Gewinners geschlagen, das können Sie nicht bestreiten. Es wird Zeit, daß auch Sie Ihre Meinung ändern.« Er ordnete einen Papierstapel auf seinem Schreibtisch.
Chavasse schüttelte seufzend den Kopf. »Besten Dank, Oberst. Gehen wir lieber zur zweiten Phase über.«
Li runzelte die Stirn. »Zur zweiten Phase? Ich fürchte, das habe ich nicht ganz
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