Geht das denn schon wieder los?
zeitaufwändig gewesen. Die andere Variante war bequemer: »Die Orientalen sind ausnahmslos nette freundliche Leute, die sich in zwei Gruppen einteilen lassen: in Scheichs und in solche, die einen Scheich kennen. Mir sind leider nur jene begegnet, die zur zweiten Gruppe gehören.«
»Um ein Uhr Treffpunkt am Eingang«, hatte ich mit Anne und Karen vereinbart, aber um viertel nach eins waren sie noch immer nicht da. »Zehn Minuten wartest du noch«, redete ich mir selber gut zu. »Wenn sie dann nicht kommen, müssen sie eben im Zelt schlafen, und wie sie später nach Hause kommen, ist ihr Problem!«
Natürlich hätte ich auf die Suche gehen können, aber statt weniger wurden die Besucher immer mehr, zeitweilig sah es aus wie beim Sommerschlussverkauf drei Minuten vor acht, und sogar die Gastgeber schienen allmählich den Überblick verloren zu haben. »Die gehören bestimmt zu Rainer und Margit!«, hatte Katja vermutet, als ich sie nach der Herkunft zweier schon ziemlich abgefüllter Spätpubertierender gefragt hatte, nur hatte Margit sie auch nicht gekannt. »Nie gesehen! Frag mal Tom oder Katja.«
Das ging aber nicht, denn als ich mich etwas später von ihr verabschieden wollte, fand ich sie sanft schlummernd in einem Liegestuhl, Nili im Arm und sorgfältig zugedeckt mit einem Lodenmantel, der mit Sicherheit nicht ihr eigener war.
Wie jemand bei derart lauter Musik, die rundherum sämtliche Fensterscheiben zum Klirren brachte, in einen Tiefschlaf fallen kann, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben.
Pünktlichkeit ist bekanntlich die Fähigkeit, auf die Unpünktlichen zu warten, und Geduld ist, wenn man’s tatsächlich tut. Um halb zwei war meine Geduld allerdings ausgereizt, doch als ich den Wagen rückwärts aus der stockdunklen Wiese rangieren wollte, hätte ich Karen beinahe unterm Hinterrad begraben. »Wo kommst du denn plötzlich her?«
»Plötzlich?!«, bellte sie zurück. »Wieso plötzlich? Wir warten seit einer halben Stunde auf dich!«
»Kann überhaupt nicht sein! So lange hab ich nämlich schon am Eingang gestanden!«
»Warum denn dort?«, kam Annes Stimme irgendwo aus der Dunkelheit. »Bei dem Getümmel da vorne wird man beinahe über den Haufen gerannt, und finden kann man erst recht niemanden. Außerdem musste ich mal für kleine Mädchen …« Im Licht der Scheinwerfer betrachtete sie ihre Schuhe. »Weißt du zufällig, ob hier manchmal Kühe weiden?«
»Nein«, konnte ich sie beruhigen, »nur Schafe. Katja hatte schon Angst gehabt, die würden noch länger bleiben, aber der Schäfer ist vorgestern weitergezogen.«
Zu Hause angekommen sind wir übrigens gegen vier Uhr morgens. Es hatte einen Unfall auf der Autobahn gegeben mit einem Lkw und einem Pferd und dann noch zwei Lastwagen hinten dran, von denen der mittlere umgekippt war und seine Ladung gleichmäßig über vier Fahrbahnen verteilt hatte – lauter Autofelgen, und alle vom falschen Hersteller!
Sonntag. Irgendwann zwischen achtzehn und neunzehn Uhr. Anruf von Katja:
»Guten Morgen – oder eigentlich ja wohl guten Abend, ich wollte nur mal hören, ob ihr gut nach Hause gekommen seid. Wie spät war’s eigentlich?«
»Bei der Abfahrt oder bei der Ankunft?«
»Ist doch egal. Aber wenn du so pingelig bist … also wann seid ihr zu Hause gewesen?«
»So um vier Uhr herum, die Sonne war noch nicht aufgegangen.«
Pause. Dann etwas zögernd: »Wo um alles in der Welt seid ihr denn noch gewesen? Hast du dich wieder verfahren?«
»Auf der Autobahn?«
»Hier war nämlich um drei Uhr Schluss, da haben wir die Letzten rausgeschmissen, aber ihr wart doch schon lange weg?!«
»Den Autobahnabschnitt zwischen Walldorf und Sinsheim bin ich bisher immer entlanggerast, jetzt hatte ich endlich mal Gelegenheit, ihn ganz genau von Kilometerstein zu Kilometerstein kennen zu lernen. Und viele andere Autofahrer auch. Steht morgen bestimmt in der Zeitung! – Und wie geht’s euch beiden? Alles gut überstanden? Wann seid ihr denn aufgestanden?«
»Aufgestanden? Du meinst wohl, geweckt worden! Fünf vor sieben haben die Ersten auf der Matte gestanden und wollten bei uns duschen! Und vielleicht auch noch ’nen Kaffee kriegen, sie würden auch Brötchen holen, falls sie in der Nähe eine Tankstelle fänden …«
Es fiel mir schwer, das Lachen zu unterdrücken. »Also haben tatsächlich ein paar Unerschrockene im Zelt übernachtet?«
»Einige? Das waren mindestens zwanzig, aber die meisten sind ohne Abstecher in unser Bad gleich nach
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