Geht das denn schon wieder los?
letztes Opus hatte ich mir tatsächlich noch nicht gegönnt! Und der erwähnte Hosenanzug war seinerzeit noch teurer gewesen als fünf Tage Wüste und darüber hinaus rausgeschmissenes Geld, es sei denn, er fände noch mal Gnade vor den Augen eines weiblichen Familienmitglieds und käme wenigstens bei einer Faschingsveranstaltung zum Einsatz. Warum also nicht mal Sand statt Seide? Wohlwollend betrachtet wäre dieser Abstecher nach Dubai sowieso nur ein etwas längerer Zwischenstopp auf dem Flug zum vermutlichen Urlaubsziel. Sie waren dann ja wirklich nicht mehr so weit weg, die Malediven …
»Gleich morgen früh rufe ich Juli an«, versprach Stefanie beim Abschied und reichte mir eine oben zusammengedrehte Papiertüte ins Auto, »abends weiß ich schon mehr.«
Juli heißt eigentlich Juliane und ist auch eine von Steffis Freundinnen, nur hat sie im Gegensatz zu den meisten anderen einen sehr nützlichen Beruf: Sie ist Touristik-Kauffrau oder wie auch immer man diese im Umgang mit Kursbuch und Katalog-Preislisten versierten Damen nennt, leitet ein gar nicht mal kleines Reisebüro, weiß viel, und was sie wirklich nicht auf Anhieb weiß, kriegt sie raus. Wir verdanken ihr einen mehr als nur preiswerten Vier-Tage-Trip nach New York, und dass Steffi und Hannes ihren fünften Hochzeitstag in einem Traumhotel auf Ibiza feiern konnten, war auch Julis Verdienst gewesen; sie hatte ein Last-Minute-Angebot auf den Tisch gekriegt und sich sofort ans Telefon gehängt.
Während ich mich vorsichtig in den Adventsonntagnachmittagskaffeerückfahrtstau einfädelte und in flottem Sechzig-Kilometer-Tempo die Autobahn entlangzuckelte, stellte ich mir vor, ich säße mit einem Glas eisgekühltem Wodka-Lemon am Rande meines privaten Swimmingpools auf der mit Teakholz ausgelegten Terrasse (stand alles im Prospekt!), vor mir die unendliche Wüste, hinter deren Horizont eine rote Sonnenscheibe versinkt, in der Ferne das Gebrüll eines wilden Tieres (was läuft da eigentlich so herum außer Kamelen?), und eine Art Sarotti-Mohr in Turban und Pluderhosen steht hinter mir und fächelt mit einem Palmenwedel die Insekten weg (gibt es dort überhaupt welche? Muss mich gleich morgen genauer informieren!).
Plötzlich hupte es sehr aufdringlich hinter mir, rechts überholten mich drei Autos, deren Fahrer deutlich demonstrierten, was sie von mir hielten, und da erst merkte ich, dass sich das »hohe Verkehrsaufkommen« wieder normalisiert hatte und ich die linke Fahrspur blockierte. In der Wüste könnte so etwas nie passieren!
An die Papiertüte wurde ich erst drei Tage später erinnert, als ich im Wagen das heruntergefallene Fünfmarkstück suchte. »Für die Schlosspark-Enten« hatte Steffi draufgekritzelt, und drin befand sich – na was wohl? Richtig, der restliche Sandkuchen, nunmehr nur noch aus Krümeln bestehend. Die Enten wollten sie nicht mehr, aber im Teich leben ja auch Fische.
[home]
Kapitel 2
W er schon einmal ein Buch von mir gelesen hat oder vielleicht sogar mehrere, der kennt natürlich die Sanders-Sippe, bestehend aus Haushaltsvorstand Rolf nebst Ehefrau Evelyn und fünf Nachkommen. Eigentlich hätten es nur vier sein sollen, nämlich zwei Jungs und zwei Mädchen – in genau dieser Reihenfolge. Hatte ja auch geklappt, allerdings nur sieben Minuten lang! Seitdem ist die weibliche Komponente in der Überzahl.
Dass unsere zweite Tochter Nicole heißen würde, hatte schon lange festgestanden, ein anderer Mädchenname war gar nicht in Betracht gekommen. Jetzt brauchten wir aber noch einen! Wäre es nach dem frisch gebackenen und einige Tage lang ziemlich verstörten Zwillingsvater gegangen, hieße Katja jetzt Carolin. Das allerdings hatte die große Schwester Stefanie verhindert. »Im Kindergarten haben wir auch eine Carolin, die ist ganz doof. Ich will aber keine doofe Schwester haben!«
Sven und Sascha, immerhin schon zehn bzw. acht Jahre älter als der jüngste Nachwuchs, betrachteten die Zwillinge mit einiger Skepsis und beschlossen erst einmal abzuwarten, was sich daraus entwickeln würde. Besonders Sascha schien nicht erbaut von der Aussicht, sich in Zukunft einer dreifachen Phalanx weiblicher Gegner stellen zu müssen, denn mit seiner vier Jahre jüngeren Schwester Steffi lag er schon jetzt dauernd im Clinch – ein Zustand, der noch weitere fünfzehn Jahre anhalten sollte. Dass Katja sich jedoch häufig auf seine Seite schlagen würde, konnte er seinerzeit noch nicht ahnen. Ich auch nicht. Mir fiel im Laufe der
Weitere Kostenlose Bücher