Geht das denn schon wieder los?
für keinen der uns geeignet erscheinenden Heiratskandidaten erwärmen können.
»Der hat doch schon eine!«, winkte sie ab, denn Scheich junior hatte sogar eigenhändig die andere Tür geöffnet und half nun einer von Kopf bis Fuß schwarz verhüllten und tief verschleierten Frau aus dem Wagen. Sie huschte an ihm vorbei und eilte auf den Einstieg der Dhau zu. Junior hinterher. Und dann tauchten beide plötzlich wenige Schritte vor uns auf, während sie von jenem Goldbetressten zu einem etwas abgesondert stehenden Tisch geleitet wurden und dort Platz nahmen. Ich hatte sie trotzdem genau im Blickfeld!
Die Dhau legte ab, schaukelte sich, obwohl kein Windhauch zu spüren war, unter aufgezogenen Segeln gemächlich in die Mitte des Creek, und damit war dann auch die letzte Illusion von der
Flussfahrt wie im Mittelalter
vorbei. Der Kahn bewegte sich mithilfe kräftiger Dieselmotoren vorwärts!
Woraus unser Vier-Gänge-Menü bestanden hat, kann ich nicht mehr sagen, wir bekamen ohnehin alle das Gleiche, denn ich hatte nur Augen für diese verschleierte Frau. Wie um alles in der Welt würde sie essen können, ohne zumindest einen Teil ihrer Gesichtsverhüllung zu entfernen? Zu sehen waren nur ihre dunklen Augen.
Junior kümmerte sich nicht mehr um seine Begleitung, vielmehr warf er der etwas molligen Italienerin am Nebentisch glutvolle Blicke zu, und Wein trank er auch, obwohl das ein Moslem gar nicht darf. Hat Allah nämlich verboten. Ist aber eines jener ungeliebten Gesetze, das häufig abgewandelt wird. Allah sieht ja von oben nicht, ob in dem zierlichen Tässchen Mokka ist oder Hennessy! Mit Wein statt Wasser klappt das aber auch, vorausgesetzt natürlich, es handelt sich um weißen.
»Jetzt sag doch mal, wie die ihren Reis isst«, drängelte Stefanie, »ich kann mich doch nicht einfach umdrehen und hinstarren!«
»Etwas umständlich!«, musste ich zugeben. »Sie benutzt nur die rechte Hand zum Essen, weil sie mit der linken den Schleier lediglich so weit anhebt, dass sie den Mund erreicht. Dann lässt sie das Tuch gleich wieder fallen.«
»Heißt das, sie nimmt kein Besteck?«
»Wie denn? Dazu braucht man
beide
Hände.« Zwar bemühte ich mich, nicht fortwährend in die Richtung dieses Tisches zu blicken, aber mich faszinierte die selbstsichere Art, mit der diese Frau mitten unter den sie anstarrenden Europäern ihr Essen zu sich nahm.
»Wie alt mag sie sein?«, grübelte Hannes. »Es gibt ja nicht den geringsten Anhaltspunkt.«
»Doch – ihre Hände.« Sie waren mir sofort aufgefallen, und zwar wegen der kostbaren Ringe! Der große Rubin war mit Sicherheit nicht aus Glas, und was an der anderen Hand funkelte, war ein lupenreiner Brillant von mindestens zwei Karat. »Auf jeden Fall ist sie irgendwo zwischen vierzig und fünfzig und ganz bestimmt nicht die Ehefrau von diesem Jüngling.«
»Dann ist sie eben seine Mutter«, entschied Stefanie. »Allein dürfte sie solch eine Dampferfahrt bestimmt nicht unternehmen, aber irgendwann will sie ja auch mal aus dem Harem raus!«
Das war natürlich nicht ernst gemeint, denn in den letzten Tagen hatten wir viele dieser tief verschleierten Frauen gesehen, die zu zweit oder zu dritt durch die Einkaufszentren zogen und mal eben beim Juwelier oder in der Parfümerie ein paar tausend Dollar zahlten – überwiegend mit goldener Kreditkarte. Ihren finanziellen Status konnte man außer am Schmuck auch noch an den eleganten und meist teuren Schuhen erkennen, die ab und zu unter den bodenlangen Kleidern hervorblitzen, und natürlich an den Handtaschen – unter Hermès und Co. lief da gar nichts. Ich möchte auch nicht wissen, was diese Frauen
unter
ihren alles verhüllenden schwarzen Kutten tragen, denn jemand muss letztendlich für den nötigen Umsatz in den teuren Modeboutiquen sorgen!
»Jetzt guck nicht immer zu Frau Scheich rüber, sondern auch mal über die Bordwand hinaus in die Landschaft«, forderte Stefanie, »es ist doch irre, was da abgeht!«
Sie hatte Recht! Wir »segelten« gerade am Golfclub vorbei – übrigens auch eines der auf Sightseeing-Touren anzufahrenden Ziele, aber natürlich darf man als normaler Sterblicher nicht rein – und dort tanzte auf dem Dach ein durch Scheinwerfer verursachter, sich ständig sowohl in der Farbe als auch in der Schriftart verändernder Glückwunsch:
Happy Birthday Amanda.
»Wer auch immer Amanda sein mag, ihr Freund/Vater/Bruder hat sich diese Gratulation eine gehörige Stange Geld kosten lassen«, behauptete Hannes
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