Geht das denn schon wieder los?
und erklärte uns detailliert, wie man so etwas macht, nur hörte ihm niemand so richtig zu, weil wir gerade an einer Autobahnbrücke vorbeifuhren, an der dicht an dicht Lichterketten herunterhingen und einen Wasserfall simulierten. Überhaupt schien die ganze Stadt in ein buntes Lichtermeer getaucht zu sein: Kein höheres Gebäude, an oder auf dem nicht irgendwas blinkte oder funkelte, keine Brücke, die nicht illuminiert, und kein Baum, der nicht wenigstens mit einer bunten Lichterkette behängt war. Ich hatte das Gefühl, auf einem alles widerspiegelnden Fluss quer über einen riesigen Rummelplatz zu schippern, nur war es hier ruhiger. Jedenfalls so lange, bis dem Käpt’n dieser Touristenbarke einfiel, dass man das ganze Spektakel noch mit Musik untermalen könnte, und die kam dann auch! Natürlich vom Band, natürlich sehr orientalisch und folglich sehr laut. Sie übertönte wenig später sogar das wirklich gigantische Feuerwerk.
Ich gebe es ja nicht gerne zu, aber diese Lichterfülle, dazu ein Feuerwerk, wie ich es in dieser Vielfalt noch nie vorher gesehen hatte, und nicht zuletzt die in verschiedenen Tonlagen wimmernde Musik, ohne die tatsächlich etwas gefehlt hätte, haben mich ja doch schwer beeindruckt. Das alles passt aber nur in den Orient, das Gleiche in Bottrop oder Memmingen, und ich würde mit zugehaltenen Augen und Ohren schreiend davonlaufen!
»Welchem Anlass haben wir eigentlich diesen Auftrieb zu verdanken? Immerhin scheint doch ganz Dubai auf den Beinen zu sein, und das bestimmt nicht nur, um uns zu verabschieden. Außerdem fliegen wir erst morgen!«
Ich hatte die Frage einfach in den Raum gestellt und gar keine Antwort erwartet, doch Susanne wusste natürlich eine: »Heute ist der letzte Tag des alljährlichen Shopping-Festivals, ab morgen normalisieren sich wieder die Preise, und statt der Pauschaltouristen kommen jene Reichen und ganz Reichen zurück, die vorübergehend nach St. Moritz geflohen sind oder nach Mauritius, wenn sie nichts übrig haben für Eis und Schnee.«
»Ach! Woher hast du denn diese außerordentlich präzisen Informationen?«
»Regenbogenpresse! Ich gehe alle vier Wochen zum Friseur und gelegentlich auch mal zum Arzt. Eine halbe Stunde im Wartezimmer und man ist bestens informiert.«
»Und ich hatte dich immer für eine
intelligente
Frau gehalten …!«
Das Feuerwerk war zu Ende, die Menschenmassen rechts und links des Creek verliefen sich allmählich, wir segelten wieder in die entgegengesetzte Richtung, die Musik verstummte – aber nur für einige Minuten, denn endlich kam
Sie,
die Perle des Orients, der Traum aller Männer, die Unvergleichliche, allseits Umschwärmte und ich weiß nicht, was noch alles – ich habe die Ansage in fünf verschiedenen Sprachen nicht so genau verstanden, die japanische schon überhaupt nicht, mein Italienisch ist aber auch sehr mangelhaft … doch auf Deutsch klang es so ähnlich wie »ist Suleika Tochter von türkische Sultan, welche ist geraubt als Kind aus Karawane und freigekauft von Emir, welcher hat ausbilden lassen Suleika für tanzen. Nun Emir ist tot und Suleika muss allein sorgen für sich und kleines Tochter.«
Richtig interpretiert hieß das: »Wenn nachher der Teller rumgeht, legt gefälligst anständig was drauf!«
Und dann kam Suleika – Mitte dreißig, etwas übergewichtig, doch ich vermute, das ist bei Bauchtänzerinnen Bedingung. Ein glitzerndes Mieder verhüllte die nicht unbeträchtliche Oberweite, dann kam eine Weile gar nichts, im Nabel prangte ein großer roter Rubin (unecht!), und etwas tiefer begann mit dem ebenfalls glitzernden Gürtel der bis zu den Knöcheln reichende bunte Rock.
Nun habe ich keine Ahnung vom Bauchtanz, kann also nicht beurteilen, ob Suleika eine gute Tänzerin war oder nicht, den anwesenden Männern hat’s ganz bestimmt gefallen, zum Schluss klatschten sie sogar zum Takt der Musik, während die Frauen mehr Augen für ihre Ehegatten hatten als für die schwarzhaarige Schönheit, aber regelrecht ausgeflippt ist Scheich junior. Er sprang immer wieder auf, lief zu Suleika, schob ihr einen Geldschein ins Mieder oder in den Gürtel, ging zögernd zurück auf seinen Platz, sprang wieder hoch, und als Suleika nach der zweiten Zugabe endgültig ihr Tamburin zur Seite legte, lief er noch einmal zu ihr hin, nahm seine goldene Uhr vom Handgelenk und drückte sie der Tänzerin in die Hand. Die schenkte ihm allerdings nur ein Lächeln, drehte sich um und lief die Treppe hinunter ins
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